Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
geführt. Die wussten natürlich nicht das Geringste von dem, was ich gerade trieb. Ich redete nicht mit ihnen und war mir nicht mal sicher, ob ich ihre richtigen Vornamen kannte. Roberta und Irsa, glaubte ich zumindest. Ich hing jetzt zwar nicht mehr an einer Wand, aber Platz in meine Hosentasche zu fassen, hatte ich auch nicht. Keira musste also noch warten.
Die Truhe war so verdreckt, dass sie durchaus als ein Stück Gestein hätte durchgehen können. Zum Glück hatte sie wie die andere an beiden Seiten Henkel, die noch recht stabil wirkten. Ich schlang das zweite Seil hindurch und befestigte es so gut ich konnte. Ich zog sie hinter mir zurück zum Ausgang oder Eingang, wie man es nahm. Es war die Hölle. Ich fühlte mich wie ein Zugpferd, dass vor einen viel zu schweren Wagen gespannt war. Ich hatte tierische Angst wieder nach oben zu klettern, aber ersparen konnte ich mir das wohl kaum, außer ich beschloss zu der Familie der Maulwürfe überzuwechseln und mich an die Oberfläche zu graben. Eine Möglichkeit, die ich allerdings nicht wirklich in Betracht zog. Ich hoffte, dass das Seil lang genug war, dass ich vielleicht die Kante erreichte ohne, dass das Gewicht die Truhe an mir hing. Und tatsächlich schien es so zu kommen. Die Truhe schien noch in der Höhle zu sein.
Ich spürte schon wie Erleichterung mich durchströmte, als ich mit der rechten Hand über der Kante griff. Ich verlor den Halt und wurde von meinem eigenen Gewicht in die Tiefe gezogen. Ich sah schon, wie ich unkontrolliert gegen die Felswand schlug. Ich hätte das alles besser durchdenken sollen. Bevor aus meiner Vorstellung Realität wurde, spürte ich wie eine Hand mich fest um mein Handgelenk packte. Der Ruck, der durch meinen Körper fuhr, war nicht wenig schmerzhaft, aber beruhigend. Das war immer noch besser, als frontal mit einer Wand zu kollidieren. Ich hörte die Person über mir vor Anstrengung stöhnen. Ich musste nicht aufsehen, um zu wissen, wer mich dort vor dem Sturz bewahrte. Nicht zuletzt, weil ich das Armband erkannte, das sich in meinen Arm grub, als sie mich über die Kante zog und mit einem Ächzen auf ihrem Rücken landete. Es war ein schön verzierter Metallreif. Ich kannte das Schmuckstück, weil ich es seiner Besitzerin geschenkt hatte. Während ich Keiras wütenden Blick schon auf mir spürte, zog ich mit aller Kraft am Seil, an dem die Truhe hing. Ich schaffte es nicht alleine. Durch zusammengebissenen Zähnen stieß ich hervor, »Könntest du mir mal helfen? Das ist ein wenig schwer.«
Es klang fast wie ein Fauchen, als sie antwortete: »Nur, wenn ich dich danach umbringen darf!«
Ich unterdrückte ein Kichern. Das war genau die Reaktion, die ich erwartet hatte. Jetzt lachte ich noch, aber gleich würde ich mir eine Schimpftirade anhören müssen. Keira hatte ein Temperament, das leicht mit ihr durchging, wenn sie sich aufregte oder besorgt war. Beides kam nicht gerade selten vor. Sie zog mit immer noch zornfunkelnden Blick am Seil, während ich nach der Truhe angelte und sie über die Kante hievte. Ich konnte mich kein Stück mehr bewegen, so kraftlos fühlte ich mich. Ich lag einfach nur im Staub und sah in die unbarmherzig brennende Sonne. Eine schwarze Kontur erhob sich und baute sich bedrohlich vor mir auf. Ich schluckte. Jetzt würde es losgehen. Mühsam richtete ich mich ein wenig auf und bohrte die Ellbogen in die trockene Erde. Dabei durchzuckte mich ein Schmerz. Ich hatte die Schürfwunde vergessen. Ich biss mir auf die Lippen und entschied mich dazu es auszuhalten. Würde Keira jetzt auch noch meinen geschundenen Arm sehen, würde sie völlig ausflippen.
»Willst du dich eigentlich umbringen?«
Sie schrie so laut, dass ich dachte ganz Amalen könnte sie hören. »Hast du mal daran gedacht, was passiert wäre, wenn ich dich hier nicht gesucht hätte? Du wärst da eben abgestürzt und wer weiß wie viele Meter in die Tiefe gestürzt! Bist du bescheuert?«
Das waren alles keine Fragen, auf die sie eine Antwort hören wollte. Ich musste warten, bis sie Dampf abgelassen hatte. Erst dann würde sie mir einigermaßen zuhören. Nicht, dass ich auch nur die kleinste Idee hatte, wie ich das hier rechtfertigen sollte.
»Weißt du eigentlich, wie viel Sorgen ich mir gemacht habe, als du nicht an dein Handy gegangen bist? Hast du schon vergessen, was vorgestern passiert ist? Ich dachte ich komme in dein Haus und finde deinen seelenlosen Körper auch irgendwo auf dem Boden liegen. Hast du daran mal gedacht? Wie
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