Das Amulett des Dschinns
stürzte. Lauren vergaß alles um sich herum. Sie ließ von Kylie ab, um ihrem Liebsten zu Hilfe zu eilen – doch ihre Gegnerin nutzte ihre Unaufmerksamkeit für sich, indem sie sie in einen Klammergriff nahm, aus dem sie sich nicht befreien konnte.
„Na, was habe ich dir gesagt“, fauchte Kylie. „Bereite dich schon mal darauf vor, gleich deinem Schöpfer gegenüberzutreten, Miststück!“
Tahir, der geschwächt am Boden hockte, streckte die Hand nach Kylie aus. „Hilf mir auf“, sagte er. „Ich will dem ganzen ein Ende bereiten.“
Kylie versetzte Lauren einen Stoß, der sie zu Boden stürzen ließ, dann eilte sie zu Tahir.
In dem Moment, in dem sie seine Hand ergriff, erkannte Lauren ihre Chance.
Kylie hatte das Amulett, und sie berührte Tahir!
„Weiche Dämon, verlasse diese Welt!“, keuchte sie heiser.
Entsetzen flackerte in Tahirs Blick auf, als er begriff, dass er verloren hatte. Im nächsten Augenblick fing der Blutstein, der eingefasst in das Amulett um Kylies Hals hing, an zu leuchten. Zuerst nur ganz schwach, dann immer heller, bis das rote Gleißen so grell war, dass Lauren sich geblendet abwenden musste.
Sie hörte, wie sich Kylies Schreckensschrei mit Tahirs unmenschlichem Brüllen vermischte – dann erlosch das Licht, und es war still.
Totenstill.
„Hamid!“ Lauren eilte zu der Stelle, an der ihr Liebster reglos am Boden lag. Im ersten Augenblick war sie sicher, dass er tot war – getötet von Tahir. Doch dann rührte er sich und schlug die Lider auf.
„Lauren?“ Er runzelte die Stirn. „Ich bin … Ich bin noch hier?“ Ruckartig setzte er sich auf. „Was …?“
„Keine Sorge, Tahir ist erledigt“, erwiderte sie mit einem tapferen Lächeln. Sie berichtete kurz, was geschehen war, dann deutete sie auf das Amulett, das ein paar Meter entfernt am Boden lag. „Kylie hat bekommen, was sie verdient hat. Trotzdem tut sie mir fast ein bisschen leid. Für alle Ewigkeit mit Tahir im Blutstein gefangen …“
Lauren half Hamid auf, dann befreiten sie gemeinsam Prue von ihren Fesseln, die ihnen beiden schluchzend um den Hals fiel. Ehe sie gingen, steckte Hamid noch das Amulett ein.
„Und was jetzt?“, fragte Prue, als sie den Korridor zurückgingen. „Was machen wir damit?“
„Wir lassen es verschwinden“, erklärte Hamid. „Wir sorgen dafür, dass Tahir niemals wieder Unheil anrichten kann.“
EPILOG
Drei Wochen später …
„Meinst du nicht, wir haben jetzt tief genug gegraben?“, fragte Lauren und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Sie blickte zum Himmel empor, von dem die Wüstensonne unbarmherzig herabbrannte.
Die Temperatur lag bei über vierzig Grad im Schatten – nur dass es keinen Schatten gab, sodass jede noch so kleine Bewegung mühsam und schweißtreibend war.
„Nur keine Müdigkeit vorschützen“, erwiderte Hamid mit einem aufmunternden Lächeln. „Schau dir Prue an – sie hat sich noch kein einziges Mal über die Hitze beschwert.“
„Ja“, entgegnete Prue und hielt kurz beim Schaufeln inne. „Aber das liegt nur daran, dass mir die Zunge vor lauter Durst am Gaumen klebt.“
Sie lachten. Die Situation kam ihnen allen dreien seltsam irreal vor. So viel war passiert in den vergangenen Wochen … Mehr, als die meisten Menschen in einem ganzen Leben erfuhren.
Nachdem sie Tahir besiegt hatten, waren sie wieder nach oben ins Hotelfoyer zurückgekehrt, nur um festzustellen, dass niemand ihre Abwesenheit bemerkt hatte. Natürlich erregte Kylies Verschwinden Aufmerksamkeit. Die Polizei von Rabat wurde hinzugezogen, doch niemand fand auch nur die geringste Spur der blonden Studentin.
Teri, die sogleich ihre Chance nutzte und den Platz ihrer verschollenen Freundin als Oberhaupt der Clique einnahm, wirkte nicht besonders traurig. Sie bekräftigte das Gerücht, das kurze Zeit später in Umlauf geriet und besagte, Kylie habe vermutlich von allem die Nase voll gehabt und sei einfach mit irgendeinem Typen durchgebrannt. Eine andere Theorie ging von einem Gewaltverbrechen aus. Doch keine von beiden ließ sich beweisen.
Nur Prue, Hamid und Lauren wussten, was tatsächlich mit Kylie geschehen war. Und die drei schwiegen. Doch ihre Geschichte hätte ihnen ohnehin niemand geglaubt.
Nachdem sich nach Claires Tod also ein weiterer rätselhafter Zwischenfall ereignet hatte, hatte Professor Johnson schließlich doch beschlossen, die Studienreise vorzeitig abzubrechen. Am Tag ihrer Abreise hatte es eine tränenreiche Verabschiedung zwischen Lauren und
Weitere Kostenlose Bücher