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Das Anastasia-Syndrom

Titel: Das Anastasia-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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wenn ich sie gesehen habe.«
    Reza Patel bemühte sich um einen beiläufigen Tonfall. »Sie sind doch Expertin für das 17. Jahrhundert, Judith. Ist Ihnen bei Ihren Recherchen eine Lady Margaret Carew untergekommen?«
    »Natürlich. Faszinierende Person. Hat offenbar ihren Mann überredet, den Hinrichtungsbefehl für Karl I. zu unterzeichnen, ihren einzigen Sohn in einer der großen Schlachten des Bürgerkrieges verloren, dann versucht, Karl II. nach seiner Rückkehr an die Macht zu ermorden. Er war so fuchsteufelswild, daß er gegen seine sonstigen Gepflogenheiten ihrer Hinrichtung bei-wohnte.«
    »Wissen Sie das Datum?«
    »Das habe ich irgendwo notiert. Wieso fragen Sie?«
    Diese Frage hatte Patel erwartet. »Erinnern Sie sich an unsere Begegnung in der Portrait Gallery? Ein Freund von mir war ebenfalls dort und meinte, Lady Margaret auf einem Gruppen-bild zu erkennen. Zumindest hat sie starke Ähnlichkeit mit der Frau, die von seinem Zweig der Familie strikt abgelehnt wurde.
    Er ist einfach neugierig.«
    »Ich werde meine Notizen durchsehen. Aber vielleicht sollte er sie lieber vergessen. Lady Margaret war ein großes Problem.«
    Nachdem sie aufgelegt hatten, wandte sich Patel an Rebecca.
    »Ich weiß, das war riskant, aber die einzige Hoffnung für Judith besteht darin, sie in die Todesstunde von Lady Margaret zurückzuversetzen. Wenn ich das tun will, muß ich das genaue Datum kennen. Judith hat keinerlei Verdacht geschöpft.«
    Rebecca Wadley fühlte sich bereits als Dauerbesetzung für die Rolle der Kassandra. »Morgen um diese Zeit ist Judith vielleicht absolut sicher, nicht nur eine lebende Verwandte, sondern eine Zwillingsschwester gefunden zu haben, ganz gleich, ob sie sich ihr zu erkennen gibt oder nicht. Aus welchem Grund sollte sie sich dann noch hypnotisieren lassen? Haben Sie etwa vor, ihr die Wahrheit zu sagen?«
    »Nein!« explodierte Patel. »Selbstverständlich nicht. Sehen Sie denn nicht, was das für Judith Chase heißen würde? Sie würde sich moralisch verantwortlich fühlen, egal, was ich ihr erzählt habe. Ich muß einen Weg finden, sie zurückzuversetzen, ohne daß sie den Grund kennt.«
    Auf Rebeccas Schreibtisch lagen die aufgeschlagenen Morgenzeitungen. Sie waren voll mit Fotos von dem Blutbad im Royal Hospital. »Tun Sie’s lieber schnell«, drängte sie Patel.
    »Ob es Ihnen nun paßt oder nicht, Sie leisten jetzt einer Mörde-rin Beihilfe, Sie decken sie.«
    Der im Bett verbrachte Tag half Judith nichts. Beim gründlichen Durchlesen ihres Manuskriptes konnte sie ein paar kleine Tippfehler und Wiederholungen korrigieren – und sich außerdem klar darüber werden, daß es zum einen ihr bisher bestes Buch war und zum anderen weitaus tendenziöser gegenüber Karl I. und Karl II., als sie es je beabsichtigt hatte. Ich habe mich für die Sache des Parlaments stark gemacht, dachte sie, wenn ich das jetzt ändern wollte, müßte ich das ganze Buch um-schreiben. Irgendwie spürte sie nichts von dem Wohlgefühl und der Erleichterung, die sonst immer den Abschluß eines Buches begleiteten.
    Auch in dieser Nacht litt sie unter Schlafstörungen, so daß sie um fünf Uhr früh kapitulierte und wach in Lady Ardsleys Prachtbett lag. Was ist bloß los mit mir? fragte sie sich. Als ich vor sechs Monaten nach England kam, hatte ich keinen Menschen, der zu mir gehörte. Jetzt werde ich den Mann heiraten, den ich liebe, und heute meine Zwillingsschwester kennenlernen. Warum weine ich? Mit einer ungeduldigen Bewegung wischte sie sich die Tränen aus den Augen.
    Um 6 Uhr 30 stand sie auf, um sich für die Fahrt nach Beverley fertigzumachen. Sie wollte den 8-Uhr-Zug nehmen. Es sind nur die Nerven, sagte sie sich, als sie duschte und sich anzog.
    Ich möchte Polly unbedingt sehen und habe zugleich Angst davor.
    Flüchtig schoß ihr der Gedanke durch den Kopf, daß es rat-sam sein könnte, ihr neues Cape zu tragen, weil die Kapuze das Gesicht großenteils verdeckte, aber aus irgendeinem Grund war ihr die Vorstellung unangenehm. Statt dessen holte sie den alten Burberry heraus und fischte in der Schublade nach einem wei-chen, breiten Schal, den sie sich um den Kopf band. Die extra große dunkle Brille und das Kopftuch genügten, sie unkenntlich zu machen für den Fall, daß sie und Polly sich sehr ähnlich sahen.
    Auf dem Weg zum Bahnhof ließ sie ihr Manuskript fotoko-pieren und schickte das Original mit einem kurzen Brief an ihren Agenten in New York. Dann ging sie nach Kings Cross zum Zug.
    Bildete sie

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