Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)
ein Buch fallen lassen oder eine leere Getränkedose mit ein paar Centmünzen darin auf den Boden werfen, sollte er sofort aufsehen, um zu schauen, woher dieses Geräusch kam. Blitzschnell nutzen Sie jetzt seine Aufmerksamkeit aus und lenken sie auf etwas um, das Sie gerne möchten. Nehmen wir zum Beispiel an, Ihr acht Monate alter Labrador nagt am Bein Ihres Esstisches. Ihre Aufgabe ist es, sein Verhalten zu unterbrechen und sofort auf etwas Passenderes wie zum Beispiel das Kauspielzeug, das Sie gestern für ein Vermögen erstanden haben, umzulenken. Sagen Sie mit tiefer, ruhiger Stimme »Nein« und machen Sie sofort ein Geräusch, um ihn zu erschrecken. In der Mikrosekunde, in der er aufschaut, sagen Sie »Braver Hund« als Lob dafür, dass er mit seinem Tun aufgehört hat, schnalzen mit der Zunge, um seine Aufmerksamkeit weiter bei sich zu behalten und lenken sie dann auf etwas Passenderes um.
Der Schlüssel zum Erfolg ist, genau die halbe Sekunde (oder weniger) Aufmerksamkeit auszunutzen, die Sie bekommen, wenn der Hund aufsieht. Dieser Moment dauert nicht lang und die meisten Anfänger verpassen ihn, weil sie ihren Hund anschauen und überlegen, was sie als Nächstes tun sollen. Der Hund denkt sich, dass nichts Interessantes vor sich geht und man also genauso gut am Tischbein weiternagen kann. Seien Sie bereit, genau in der Mikrosekunde zu handeln, in der Ihr Hund aufschaut – es funktioniert wie von Zauberhand. Das klingt einfach, aber wie immer im Hundetraining braucht man einige Übung, weil das Timing Ihrer Reaktionen synchron zum Verhalten des Hundes sein muss. Arbeiten Sie daran, so schnell wie möglich auf die Handlungen Ihres Hundes zu reagieren. Selbst wenn Ihr Timing noch nicht olympiareif ist, so gewinnen Sie doch die Oberhand, wenn Sie sich an die Grundregeln halten: Unterbrechen Sie das Problemverhalten und lenken es unmittelbar auf etwas anderes um.
Wenn Ihr Hund allerdings sehr vertieft in sein Tun ist – nehmen wir an, er bellt aus dem Fenster hinaus den Nachbarsköter an, der ihn immer ärgert – dann können Sie vermutlich kein Geräusch machen, das ihm seine Aufmerksamkeit verschafft. Versuchen Sie in solchen Fällen nicht, vom anderen Ende des Raumes aus immer lauter zu werden, sondern gehen Sie näher zu ihm hin. Ich locke Hunde aus solchen Situationen gerne mit einem Leckerchen vor der Nase hinaus wie einen Esel mit der Karotte und verlange etwas anderes von ihnen, sobald sie von all der Aufregung weg sind. In manchen Fällen sind die Hunde so aufgeregt, dass es hilft, ihnen ruhig die Leine anzulegen und sie mit ihrer Hilfe und der von Leckerchen vom Zentrum ihrer Aufmerksamkeit wegzulocken. Sagen Sie dann zu ihm »Gib Pfötchen« oder »Hol den Ball« oder »Geh hoch und wecke ___« (setzen Sie den Namen der anderen im Haus lebenden Person ein, die immer Sie morgens aufstehen und mit dem Hund rausgehen lässt). Sobald er lernt, dass Ihre Stimme etwas noch Spannenderes verheißt als das, was er gerade tut, können Sie nach und nach das Leckerchen zum Locken weglassen.
Diese Vorschläge sind kein Ersatz für ein vollständiges Hundeerziehungsbuch oder gutes Video oder, noch besser, eine gute Hundeschule, in der ein Trainer Ihnen weiterhilft. Aber wenn Sie sich angewöhnen können, Ihren Hund in dem zu unterbrechen, was Sie nicht von ihm möchten und ihn einfach auf etwas umlenken, was Sie möchten, werden Sie und Ihr Hund glücklicher leben. Es scheint sehr menschlich zu sein, dass wir so auf dieses negative »Nein« fixiert sind, dass es so leicht aus unserem Mund kommt wie die Atemluft. Aber Neinsagen bringt einem Hund nicht bei, was er tun soll und hält seine Aufmerksamkeit nur beim Nein und bei nichts anderem. Wenn ich Ihnen sagen würde »Hören Sie auf, an Rot zu denken. Ich meine es ernst, denken Sie nicht an Rot!« – wie leicht würde Ihnen das fallen? Wenn ich Ihnen aber sagen würde »Denken Sie nicht an Rot, denken Sie an Blau – an ein wunderschönes, kühles Blau. Denken Sie an Blau!« – wäre es dann nicht einfacher, nicht mehr an ... was war die andere Farbe noch ... zu denken? Es gibt eine unendliche Zahl von Dingen, die Ihr Hund falsch machen kann, aber nur ein paar, die er richtig machen kann. Warum machen Sie sich nicht das Leben leichter und bringen Ihrem Hund bei, was richtig ist, anstatt ständig zu immer neuen falschen Sachen nein zu sagen?!
Wenn Ihr Hund also das nächste Mal etwas Falsches tut, sagen Sie ruhig »Nein«, machen Sie ein anderes Geräusch,
Weitere Kostenlose Bücher