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Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Titel: Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia B. McConnell
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absurd, dass ich nicht heraus konnte. Ich arbeite mit aggressiven Hunden, großen und kleinen, Hunden, die Menschen verletzt haben und die mich verletzen wollen. Oft genug habe ich es erlebt, dass die verschiedensten Hunde mit gefletschten Zähnen, aufgerissenen Augen und hartem Blick in meinem Büro hinter mir her waren. Ich habe jahrelang Schafe gehabt, darunter einen Bock namens Beavis (den ich besser Holzkopf genannt hätte), der so aggressiv war, dass er einen einsachtzig großen Freund von mir drei Meter durch die Luft getreten hatte. Aber das hier war etwas anderes. Ich konnte in diesem Spiel nicht die Oberhand gewinnen und ich kam nicht raus.
    Colleen, mit ihren Hörnern bewaffnet, hatte mich in die Ecke gedrängt. Ich war allein und müde auf einer gottverlassenen Farm. Es war Samstagmorgen und ich musste erst am Montagmorgen wieder zur Arbeit erscheinen. Es würde lange dauern, bis Hilfe kam, wenn ich ernsthaft verletzt werden würde. Eigentlich sollte ich den Morgen mit Farmarbeit verbringen und mich über die Lämmchen freuen und nicht mit einem verrückten Höllenschaf in einer Ecke stecken, das mich umzubringen versuchte. Irgendwann hatte sie mich, schmerzhaft schlitzte ein Horn meinen rechten Oberschenkel auf.
    Ich erinnere mich, dass das Ganze seltsam geräuschlos ablief, bis auf das dumpfe Rumsen bei jeder von Colleens Attacken. Vielleicht sind deshalb die Geräusche von Lukes Pfoten oben auf der hölzernen Abtrennung des Verschlages in meinen Gedächtnis noch so klar vorhanden, als hätte ich sie eben erst gehört. Swump. Lukes Vorderpfoten trafen auf die hölzerne Stallwand, und bevor ich einen Gedanken fassen konnte, schoss er zwischen mich und Colleen, ein wirbelnder, schwarzweißer Blitz flog wie eine Gewehrkugel auf ihren Kopf zu. Colleen drehte sich zu ihm um, ihre Nase immer noch zwischen die Vorderbeine gesteckt, sodass ihr ganzes Gesicht nach hinten schaute und sie Luke nur die knöcherne Stelle zwischen ihren Hörnern zuwandte. Jetzt versuchte sie, Luke anstelle mir in die Wand zu dübeln. Luke wiegt einundzwanzig Kilo, und wenn sie es geschafft hätte, ihn vor die Betonwand zu bekommen, hätte sie ihn mit einem Stoß töten können. Aber Luke ist blitzschnell und kann viel besser mit aggressiven Tieren umgehen als ich es je könnte, und so manövrierten er uns beide bis zur Tür, aus der wir in die Sicherheit fliehen konnten.
    Wir sanken zusammen ins Stroh, beide keuchend und nach Luft schnappend. Lukes Flanken pumpten, seine Lefzen waren aus Mangel an Sauerstoff weit zurückgezogen. Aus seinem Fang lief Blut, weil zwei Zähne direkt oberhalb des Zahnfleisches abgebrochen waren. Da begann es mir zu dämmern, dass Luke sein Leben riskiert hatte, als er in den Verschlag sprang. Ich bin sicher, dass er um die Gefahr seines Handelns wusste. Luke hat jahrelange Erfahrung mit Schafen und Schäferhunde lernen schnell, welche Situationen gefährlich sind und welche nicht. Luke ist schon oft genug unter trampelnde Klauen geraten oder an Wände gedrückt worden, um die Physik des Schafehütens zu verstehen. Noch kein einziges Mal hat er so gehandelt, als hätte er Angst, verletzt zu werden. Das liegt nicht daran, dass er ein Border Collie ist, sondern dass er Luke ist.
    Auch Pip ist ein Border Collie, aber Pip hätte es nicht mit Colleen aufgenommen, noch nicht einmal für lebenslänglich Steaks zum Abendessen. Sie hatte panische Angst vor körperlichen Schmerzen und hält Ertragen des Krallenschneidens für ultimatives Heldentum. Lukes Tochter Lassie hätte sich Colleen gestellt, dabei aber, so vermute ich, wirklich Angst gehabt und ich bezweifle, dass sie die gleiche Kraft und Zielstrebigkeit aufgebracht hätte, die ihr Vater an diesem Morgen zeigte. Wenn Tulip da gewesen wäre, wäre sie wie eine verärgerte Bärenmama hereingestürzt, da bin ich sicher, weil sie es schon einmal getan hatte, als Beavis der Bock mich zwischen Erde und Zaun eingeklemmt hatte und auch nicht von mir abließ, als Luke immer wieder seinen Kopf angriff. 2 Tulip kam herbei wie eine Dampflok, knurrend, bellend und zähnefletschend. Der Bock wich zurück wie ein ängstliches Pferd und trabte weg. So freundlich Tulip auch ist, sie lässt nicht zu, dass irgendwer jemand anderen angreift, und sie kann schneller auf Kämpfermodus umschalten, als man mit der Wimper zucken kann. Aber selbst in Anbetracht der friedens-verteidigenden Eigenschaften von Tulip und Lassies Wunsch, immer das Richtige zu tun, glaube ich nicht, dass ein

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