Das Atmen der Bestie (German Edition)
fortgegangen ist.«
»Bitte?«
»Das haben die mir gesagt.«
Er begann sich hastig abzutrocknen. »Das heißt, dass wir uns jetzt wirklich beeilen müssen. Wenn Jane aus Ihrem Apartment herausgelangen konnte, dann wird Coyote wissen, wo er Big Monsters Haar zu suchen hat. Die ganzen Bilder waren ja dort, nicht?«
Ich sagte in den Hörer noch ein »Tausend Dank«, legte auf und fragte: »Was ist passiert? Ich dachte, das Halsband würde sie daran hindern, aus der Wohnung zu kommen.«
Während er in eine weite, geblümte Boxer-Shorts schlüpfte, sich aufs Bett setzte, um eine etwas zerknitterte Stoffhose anzuziehen, erklärte George Thousand Names: »Das Halsband war keine Garantie. Sie kann es irgendwie heruntergeschüttelt haben oder vielleicht hat es eine Putzfrau abgenommen. Vielleicht ist sogar Coyote gekommen und hat jemanden dazu gebracht, es fortzunehmen.«
»Aber trotzdem, George, sie ist ein Bär. Wie zur Hölle kann sie als Bär durch die Straßen laufen?«
Er band sich die Schuhe zu und griff nach einer lässigen, blauen Jacke. »Sie ist ein Bär und sie ist doch keiner. Das Haar und die Zähne, und ebenso die Krallen, das sind die physischen Manifestationen des Bösen, das ihr Coyote in den Verstand eingegeben hat. Aber das bedeutet nicht, dass sie ständig sichtbar sind. Das Bärenmädchen ist so etwas wie eine Jekyll-und-Hyde-Kreatur. Sie verändert sich nach Bedarf.«
»Sie meinen, dass sie jetzt wahrscheinlich ganz normal aussieht, aber sich jederzeit wieder in einen Bären verwandeln kann?«
Er nickte.
Ich seufzte tief und frustriert, legte meine Hand auf die Schulter von George Thousand Names und sagte ruhig: »Warum überlegen wir nicht, George, wohin sie wohl gegangen ist? Vielleicht weiß Lieutenant Stroud etwas?«
»Sie haben doch die Nachrichten gehört. Die Polizei sucht ein medizinisches Monstrum, keinen indianischen Dämon. Jetzt hat sich Coyote bestimmt irgendwo verkrochen, wartet auf den Einbruch der Nacht und lacht uns alle aus. Besonders Lieutenant Stroud.«
»Meinen Sie, dass Coyote in Nummer 1551 ist?«
»Möglich. Wenn es ihm wirklich gelungen ist, herauszufinden, wo Big Monsters Haar versteckt ist, dann schätze ich, dass das sogar so gut wie sicher ist.«
Einen Augenblick saßen wir da und blickten uns an. Beide fühlten wir mit Schrecken die enorme Last, die wir uns auferlegt hatten. Wir mussten uns ja nicht einmischen. Wir konnten alles Lieutenant Stroud und der SWAT-Mannschaft überlassen und das nächste Flugzeug nach Honolulu nehmen. Aber irgendwie fühlten wir beide, dass Coyote seine Boshaftigkeit in unser Leben gebracht hatte und dass es deshalb nur einen Ausweg gab. Der führte allerdings nicht nach Hawaii.
»George«, sagte ich ruhig. »Gibt es überhaupt eine Möglichkeit, Coyote auszutricksen? Hat er denn irgendwo eine schwache Stelle, wo wir angreifen können?«
George Thousand Names starrte auf den Teppich. »Ich dachte, das Halsband würde wirken, doch offensichtlich war das nicht der Fall. Vielleicht hat Coyote während seines langen Schlafes neue Kräfte hinzuerlangt. Sein einziger schwacher Punkt, so heißt es in der Legende, war das Bärenmädchen … Doch das ist keine echte Schwäche, denn die Bärenfrau war ihm immer treu ergeben.«
»Was ist mit Big Monsters Haar?«
»Das ist die größte Bedrohung überhaupt. Sobald er es findet, besitzt er die Stärke, die er braucht, und außerdem Unsterblichkeit. Wenn das passiert, dann können wir nur noch davonlaufen.«
»Angenommen, wir finden es vorher?«
Der Indianer zuckte die Achseln. »Selbst wenn uns das gelingen würde, könnten wir doch nicht viel damit anfangen.«
»Könnten wir es nicht selbst tragen? Würde es uns Kraft geben?«
George Thousand Names sah mich an, als sei ich völlig irregeworden. »Wenn ein Sterblicher versucht, den Skalp eines Riesen oder Dämonen zu tragen, dann wird er von dem zerstört werden, was er sieht. Mit anderen Worten: Solange er es überlebt, und das wäre nicht lange, würde er selbst zu einem Dämon werden. Das könnte sein Verstand aber nicht ertragen. So sagten es die Hualapai-Indianer.«
Ich griff nach einer weiteren Zigarette. »Okay. Wir machen uns wohl am besten auf den Weg nach Pilarcitos. Etwas zu tun, ist besser, als gar nichts zu tun.«
6
Wolken waren vom Ozean her aufgezogen und als wir die Mission Street erreichten, war der Tag, der so herrlich begonnen hatte, feucht und trüb geworden. Das Taxi setzte uns vor 1551 ab und mit einem Gefühl
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