Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
zwei.
Und als der Aufruhr der See und des trockenen Landes sich gelegt hatte, da gab es zwei Orte, an denen Menschen lebten, und die Menschen an dem einen dieser Orte folgten der Ersten Bestimmung, und die Menschen an dem anderen dieser Orte folgten der Zweiten. Und wir staunten ob solcher Vollkommenheit. Und dennoch, als wir die Geschehnisse näher betrachteten, entdeckten wir einen Makel, denn es herrschte keine Symmetrie. Der Gott Angaraks und der Stein, welchen die Menschen den Orb nennen, sind nicht vergleichbar. Denn Torak ist eine Erscheinungsform der Zweiten Bestimmung, und der Orb ist eine andere Erscheinungsform der Ersten. Und wir schlossen daraus, es müsse eine Entsprechung zwischen diesen beiden geben – daß es irgendwo einen Gott geben müsse, der Torak entspricht, und daß es irgendwo einen Stein geben müsse, der diejenige Erscheinungsform der Zweiten Bestimmung verkörperte, welche der Orb für die Erste darstellt. Und während wir darüber grübelten, wurde uns klar: Wenn eine Erscheinungsform der einen Bestimmung auf die entsprechende Erscheinungsform der anderen trifft, wird diese Begegnung die entscheidende zwischen den beiden sein, und die eine wird triumphieren und die andere zugrunde gehen; doch sollten wir nicht fähig sein, unseren Beitrag zu dieser Begegnung zu leisten, wird alles Bestehende zugrunde gehen. So wurden wir uns bewußt, daß es diese unsere Welt war, auf welcher der Entscheidungskampf zwischen Gut und Böse stattfinden würde, und daß wir uns darauf vorbereiten mußten, das zu tun, was getan werden muß.
Und wir richteten all unsere Bemühungen auf die Suche nach dem Stein, den der Makel an jenem Ereignis, das die Menschen die Spaltung der Welt nennen, uns offenbart hatte. Wir folgerten, das Aufeinandertreffen der beiden Steine stelle die wahrscheinlichste Form der entscheidenden Auseinandersetzung dar, und wenn wir den anderen Stein finden würden, könnten wir die beiden vielleicht so lange voneinander getrennt halten, bis wir bereit wären für ihre Begegnung. Doch das Buch des Himmels sprach in Rätseln, und die Stimmen der Felsen wisperten undeutlich, und unsere Suche erwies sich als vergeblich. Und schließlich erkannten wir, daß die beiden widerstreitenden Bestimmungen manche ihrer Erscheinungsformen voreinander und vor den Augen der Menschen verbargen.
Mit dem Beginn des Dritten Zeitalters, welches anhub, als Belgarath und gewisse Alorner den Orb aus der Stadt der Endlosen Nacht zurückholten, dämmerte das große Zeitalter der Prophezeiungen herauf. Und die Glut der Prophezeiung erfaßte den entstellten Gott von Angarak, und er sprach in religiöser Verzückung, und seine Worte waren die Worte der Zweiten Bestimmung. Und wir warteten, wußten wir doch, daß auch die Erste Bestimmung sprechen mußte – denn das Wort bestimmt die Bedeutung des Ereignisses, und jede Bestimmung muß den Ereignissen, die unabwendbar eintreten müssen, seine eigene Bedeutung beilegen. Dann ertönte aus dem hohen Norden der Länder, welche man die Königreiche des Westens heißt, die Stimme der Ersten Bestimmung. Und von tiefstem Staunen erfüllt, lauschten wir dieser Stimme – denn wisset, das Erste Geschick sprach nicht mit der Stimme eines Gottes, sondern mit der Stimme eines Schwachsinnigen.
In einem rauhen Dorf am Ufer des Mrinflusses lebte ein Mann, der so sehr einem Tier glich, daß seine Familie ihn einpferchte. Er verstand sich nicht auf die menschliche Sprache, sondern heulte und winselte wie ein Hund. Und doch kam in seinem dreißigsten Lebensjahr die Macht der Prophezeiung über ihn, und er verfiel in Verzückung, und er begann zu sprechen. Und wie der Zufall es wollte, war der König dieses Landes einer der Söhne von Bärenschulter, und er war mit seinem Vater und dem uralten Belgarath in die Stadt der Endlosen Nacht gezogen, um den Orb zurückzufordern. Nun hatte Belgarath diesem König – den die Menschen Stiernacken nannten – angeraten, auf die Stimme der Prophezeiung zu hören und sie aufzuzeichnen, wenn sie erklang. Und so kam es, daß König Stiernacken Schreiber in das Dorf des Propheten sandte, um seine Worte niederzulegen.
Und wir verwunderten uns darob, denn der Gott Angaraks wohnte in einem großen Palast hoch in den Bergen von Karanda, und der Prophet des Mrinflusses wohnte in einem Pferch aus Lehm und Reisig am Flußufer, und doch war die Verzückung der Prophezeiung gleich stark in ihnen beiden. Uns wollte es so scheinen, je höher und stolzer Torak
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