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Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes

Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes

Titel: Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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sehen.«
    »Geh links um den Turm herum. Kannst du deine linke Hand von deiner rechten unterscheiden?«
    Ich zwang mich auf meine halb erfrorenen Füße und war wütender als je zuvor.
    »Nun, mein Junge?«
    Ich ging um das herum, was ich für einen Felsen gehalten hatte, und tastete mich dabei mit den Händen daran entlang.
    »Du wirst zu einem glatten, grauen Stein gelangen«, sagte die Stimme. »Er ist etwas größer als du, und breiter, als du deine Arme ausstrecken kannst.«
    »Na gut«, knirschte ich mit klappernden Zähnen, als ich den Stein
gefunden hatte. »Was nun?«
»Sag ihm, er soll sich öffnen.«
»Was?«
»Sprich zu dem Stein«, sagte die Stimme geduldig, ohne darauf zu
achten, daß ich in dem Sturm langsam zu Eis erstarrte. »Befiehl ihm,
sich zu öffnen.«
»Befehlen? Ich?«
»Du bist ein Mensch. Das ist nur ein Fels.«
»Was soll ich sagen?«
»Sag ihm, er soll sich öffnen.«
»Öffnen«, befahl ich halbherzig.
»Das kannst du gewiß besser.«
»Öffnen!« brüllte ich.
Der Stein glitt beiseite.
    »Komm herein, Junge«, forderte die Stimme mich auf. »Steh in diesem Wetter nicht wie eine gebadete Maus herum.«
    Das Innere des Turmes – denn es war ein Turm – war sanft erhellt von Steinen, die in einem blassen, kalten Feuer leuchteten. Ich hielt das für eine feine Sache; allerdings wäre es mir lieber gewesen, wenn die Steine auch ein bißchen Wärme abgegeben hätten. Steinstufen, an denen die Jahrhunderte nicht spurlos vorübergegangen waren, führten als Wendeltreppe hinauf ins Dunkel. Ansonsten war nichts zu erkennen.
    »Schließ die Tür, Junge.«
»Wie denn?«
»Wie hast du sie geöffnet?«
    Ich wandte mich der gähnenden Öffnung zu und befahl, ziemlich stolz auf mich selbst: »Schließen!«

    Meinem Befehl gehorchend, schob der Stein sich mahlend wieder vor den Eingang. Dieses Geräusch ließ mir das Blut noch mehr gefrieren, als der Schneesturm es vermocht hatte. »Komm herauf, Junge«, befahl die Stimme.
    Ein klein wenig ängstlich, stieg ich die Stufen hinauf. Der Turm war sehr hoch, und es dauerte eine geraume Weile, bis ich oben angelangt war.
    Ich kam zu einem Gemach, das mit Wundern angefüllt war. Ich betrachtete Dinge, wie sie mir nie zuvor untergekommen waren. Erst dann blickte ich auf ihn, der mich mit seiner Weisung in den Turm geholt und mir so das Leben gerettet hatte. Ich war damals noch sehr jung, und meine Anlagen zum Dieb waren übermächtig, daß ich gar nicht an so etwas wie Dankbarkeit dachte.
    Neben einem Feuer, das – wie ich erstaunt feststellte – sichtlich ohne jeglichen Brennstoff züngelte und prasselte – saß ein Mann (glaubte ich), der unendlich alt zu sein schien. Sein Bart war lang und voll und so weiß wie der Schnee, der mir beinahe das Leben nahm, doch die Augen des Mannes – seine Augen wirkten unglaublich jung.
    »Nun, Junge«, sagte er, »hast du dich entschlossen, nicht zu sterben?«
    »Wenn es nicht sein muß«, erwiderte ich tapfer; dabei prägte ich mir weiterhin die Kostbarkeiten in dieser Schatzkammer ein. »Brauchst du etwas?« fragte er. »Ich bin mit den Bedürfnissen deinesgleichen nicht vertraut.«
    »Etwas zur Stärkung vielleicht«, erwiderte ich. »Ich habe seit drei Tagen nichts gegessen. Und einen warmen Platz zum Schlafen. Ich werde Euch nicht zur Last fallen, Meister, und ich kann Euch zur Bezahlung meine Dienste anbieten.« Ich hatte schon vor langem gelernt, wie ich mich bei Leuten einschmeicheln konnte, die mir nützlich sein mochten.
    »Meister?« Er lachte so fröhlich, daß ich am liebsten getanzt hätte. »Ich bin nicht dein Meister, Junge«, sagte er. Dann lachte er wieder, und mein Herz jubelte aus Freude über seine Heiterkeit. »Wir wollen uns um deine Nahrung kümmern. Was brauchst du?« »Etwas Brot, vielleicht – nicht zu alt, wenn möglich.«
    »Brot? Nur Brot? Dein Magen kann doch gewiß mehr vertragen als nur Brot. Wenn du dich nützlich machen willst – wie du es versprochen hast –, müssen wir dich anständig nähren. Denk nach, Junge. Denk an all die Dinge, die du in deinem Leben gegessen hast. Was würde deinen großen Hunger am besten stillen?«
    Ich konnte es noch nicht einmal aussprechen. Vor mir sah ich Bilder von dampfenden Braten, fetten Gänsen, die in ihrer eigenen Soße schwammen, Berge frisch gebackenen Brotes und fette, goldene Butter, Sahnekuchen und Käse und dunkles Bier, dazu Früchte und Nüsse und Salz zum Würzen. Ich hatte die Bilder so deutlich vor Augen, daß ich glaubte, alles

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