Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
fragen.«
»Mich beschäftigt dieses Juwel«, erklärte er und deutete auf einen grauen Stein von mittlerer Größe, der vor ihm auf dem Tisch lag. »Es mag über die Zeit hinweg noch manch Rätsel aufgeben.« * »Daran zweifle ich nicht, Meister«, versicherte ich ihm. »Wenn es Eure Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat, ist es gewiß von großem Interesse.« Dann wandte ich mich wieder meinem Studium der Sterne zu, deren Helligkeit schwankt.
Erst im Malloreon kamen wir auf die außerirdische Herkunft des Steines zu sprechen, der als das Auge Aldurs bekannt wurde. Anfangs sahen wir in ihm nur einen ganz gewöhnlichen Stein, den Aldur in einem Flußbett aufgehoben und durch seine Berührung verändert hatte.
Im Laufe der Zeit kamen andere zu uns, einige zufällig wie ich; manche – wie Zedar – von vornherein mit der Absicht, von meinem Meister zu lernen.
Ich traf Zedar in der Nähe unseres Turmes an einem goldenen Herbsttag. Er hatte einen schlichten Altar errichtet und verbrannte darauf den Kadaver einer Ziege. Der fettige Geruch, der von dem Opfer aufstieg, verpestete die Luft, und der Fremde kniete vor dem Altar und sprach ein Gebet im Singsang einer fremden Sprache. »Was tust du hier?« fragte ich ihn – ungehalten, wie ich zugebe, denn sein Geleier und der Gestank des Opfers hatten mich von einer selbstgestellten Aufgabe abgelenkt, die mich bereits ein halbes Jahrhundert beschäftigte.
Er warf sich vor mir auf die Knie. »O mächtiger und allwissender Gott«, sagte er, »ich bin viele tausend Meilen gereist, um dein Antlitz zu schauen und zu dir zu beten.«
»Mächtiger Gott? Steh schon auf und laß das Gejaule. Ich bin
ebensowenig ein Gott wie du.«
»Seid Ihr nicht der mächtige Aldur?«
»Ich bin sein Jünger Belgarath. Was soll dieser Unsinn?« Ich deutete auf den Altar und die qualmende Ziege.
»Damit will ich den Gott ehren.« Er erhob sich und säuberte seine Gewänder vom Staub. »Meint Ihr, er wird dieses Opfer annehmen?« Ich lachte spöttisch, denn ich mochte den Fremden nicht sonderlich. »Ich wüßte nicht, womit du ihn mehr erzürnen könntest.«
Der Fremde blickte mich betroffen an; dann wirbelte er herum und streckte die Arme aus, als wollte er mit bloßen Händen nach dem schwelenden Tier greifen, um es zu verstecken.
»Sei kein Narr!« fuhr ich ihn an. »Du wirst dich verbrennen!«
»Ich muß es verbergen«, stieß er verzweifelt hervor. »Ich würde lieber sterben, als den mächtigen Aldur erzürnen.«
»Geh zur Seite«, wies ich ihn an. »Was?«
»Geh aus dem Weg«, zischte ich gereizt. Dann sah ich mir den grotesken kleinen Altar an und ließ ihn mit einem einzigen Wort verschwinden. Nur ein paar Rauchfetzen schwebten noch in der Luft. Er warf sich wieder auf die Knie.
»Du wirst deine Gewänder zuschanden richten, wenn du so weitermachst«, tadelte ich ihn, »und daran findet mein Meister wahrhaftig keinen Gefallen.«
»Ich flehe Euch an, o mächtigster Jünger des erhabenen Aldur«, sagte er, als er wieder aufstand und seine Gewänder erneut vom Staub säuberte, »unterweist mich, auf daß ich den Gott nicht beleidige.«
»Bleib bei der Wahrheit«, riet ich ihm, »und versuch nicht, ihn mit
falschem Getue zu beeindrucken.«
»Und wie werde ich sein Jünger?«
»Du mußt erst sein Schüler werden«, antwortete ich. »Und das ist nicht einfach.«
»Was kann ich tun, um sein Schüler zu werden?« fragte der Fremde.
»Du mußt dich ihm zuerst als Diener anbieten«, erwiderte ich – zugegebenermaßen ein wenig herablassend. »Und dann werde ich sein Schüler?«
»Mit der Zeit«, erwiderte ich, »wenn er es so will.«
»Und wann darf ich dem Gott vor die Augen treten?« Da brachte ich ihn zum Turm.
»Wird der Gott Aldur denn nicht meinen Namen wissen wollen?« fragte der Fremde.
Ich zuckte die Schultern. »Daran ist er nicht sonderlich interessiert. Wenn du Glück hast und dich als würdig erweist, wird er dir einen Namen seiner Wahl geben.« Dann wandte ich mich dem grauen Fels zu und befahl ihm, den Weg freizugeben, und wir traten ein.
Mein Meister betrachtete den Fremden genau; dann fragte er mich: »Warum hast du diesen Menschen zu mir gebracht, mein Sohn?« »Er bat mich darum, Meister«, erwiderte ich. »Ich dachte, es sei nicht an mir, über ihn zu urteilen. Das muß ganz Euch überlassen werden«, fuhr ich fort. »Wenn er Euer Wohlwollen nicht verdient, bringe ich ihn nach draußen, schickte ihn ins Nichts und mache dieser Unterbrechung ein Ende.«
»Das
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