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Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes

Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes

Titel: Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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kühl war und die Wolken im frischen, jungen Wind dahinjagten, kletterte ich auf die höchste Hügelkuppe westlich unseres Flusses. Ich blickte hinunter auf den winzigen Fleck mit den erdfarbenen Hütten neben dem kleinen Fluß, der unter den dichten Wolken des Frühlings stumpf aussah und nicht glitzerte wie sonst. Dann spähte ich nach Westen auf ein weites Grasland, hinter dem sich ferne, schneebedeckte Berge erhoben. Zum Schluß warf ich einen letzten Blick auf das Dorf, in dem ich zur Welt gekommen war und wo ich vermutlich auch gestorben wäre, hätte ich an diesem Tag nicht den Hügel erklommen; ich wandte Gesicht und Schritte gen Westen und verließ das Dorf für immer.
    Im Sommer war alles einfach. Die weite Ebene bot genug Nahrung für einen jungen Abenteurer, dessen Beine schnell genug waren, dem Wild nachzusetzen, und dessen Appetit groß genug war, seine Beute zu verspeisen – egal wie zäh oder wenig gegart sie war. Im Herbst kam ich zu einer Siedlung mit Leuten, die so bleich waren, als hätte der Frost sie gestreift. Sie nahmen mich auf und weinten meinetwegen, und viele kamen, um mich zu berühren und zu betrachten, und dann weinten auch sie. Es war sehr eigenartig: Es gab keine Kinder in der ganzen Siedlung, und meinen jungen Augen erschienen diese Leute schrecklich alt. Sie redeten in einer Zunge, die ich nicht verstand, doch sie gaben mir zu essen, und immerzu schienen sie darum zu streiten, wer mich in seinem Zelt aufnehmen durfte.
    Ich verbrachte den Winter bei diesen seltsamen Alten. Und wie es oft bei den Jungen ist, lernte ich während dieses Aufenthalts nichts. Ich kann mich nicht einmal an ein einziges ihrer Worte erinnern. * Als der Schnee schmolz und der Frost sich aus dem Boden verkroch und die lauen Frühlingslüfte wieder wehten, wußte ich, daß es an der Zeit war weiterzuziehen. Es bereitete mir ohnehin keine Freude, mich von einem Haufen schrulliger Großeltern verhätscheln zu lassen, die nicht einmal eine richtige Sprache redeten.
    Und so schlich ich mich, es war Anfang des Frühlings, eines Tages im Morgengrauen aus der Zeltsiedlung und eilte nach Süden zu einer niedrigen Bergkette, wohin die alten Beine der Dörfler mir nicht zu folgen vermochten. Ich kam rasch voran, denn ich war jung, wohlgenährt und recht kräftig. Dennoch war ich nicht schnell genug. Ich konnte das Wehklagen aus der Siedlung, das von unaussprechlichem Leid zeugte, noch lange hören. Ich erinnere mich sehr gut daran.
    In diesem Sommer trieb ich mich in den Bergen und im oberen Bereich des Tales im Süden der Siedlung herum. Falls es sich als nötig erweisen sollte, gedachte ich, den Winter wieder bei den alten Leuten zu verbringen. Doch südlich der Berge überraschte mich ein unerwartet früher Schneesturm; der Schnee türmte sich so hoch auf, daß ich den Weg zurück in mein Lager nicht mehr fand. Meine Nahrung war fort und meine Schuhe, die bloß zusammengebundene

    Diese alten Leute waren die Ulgos, die sieh dagegen entschieden hatten, dem Gorim nach Proglu zu folgen. ›Wie der abgehackte Ast siechen sie dahin und sterben.‹ (Denn ihre Frauen waren unfruchtbar.)
    Beutel aus ungegerbtem Leder waren, lösten sich auf; ich verlor mein Messer, und es wurde bitterkalt.
    Schließlich kauerte ich mich hinter einen Felsen, der scheinbar geradewegs ins Herz des um mich tobenden Schneesturms ragte, und versuchte mich auf den Tod vorzubereiten. Ich dachte an mein Dorf und an die saftigen Wiesen, die ringsum lagen, und an unseren glitzernden Fluß, an meine Mutter, und weil ich noch sehr jung war, weinte ich.
    »Warum weinst du, Junge?« Die Stimme klang sehr sanft. Der Schnee wirbelte so dicht, daß ich nicht erkennen konnte, wer da sprach, doch aus irgendeinem Grund ärgerte mich der Tonfall. »Weil ich hungrig bin«, erwiderte ich, »und weil ich sterben werde und es nicht will.« »Warum stirbst du? Bist du verletzt?«
    »Ich habe mich verirrt«, antwortete ich, »und es schneit, und ich habe keinen Unterschlupf.«
    »Stirbt man denn gleich, wenn man von deiner Art ist?«
    »Genügt das denn nicht?« erwiderte ich immer noch verärgert.
    »Und wie lange, glaubst du, daß dein Sterben dauern wird?« Die Stimme hörte sich nur wenig neugierig an.
    »Das weiß ich nicht«, jammerte ich voller Selbstmitleid. »Ich bin noch nie zuvor gestorben.«
    Der Wind heulte, und der Schnee wirbelte noch dichter um mich herum.
    »Junge«, sagte die Stimme schließlich, »komm her zu mir.« »Wo seid Ihr? Ich kann Euch nicht

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