Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
Entdeckung, daß Mallorea mindestens doppelt so groß wie Cthol Murgos ist, Taur Urgas mit einer unbegründeten Furcht und maßlosem Haß erfüllt hat. Die Verachtung, die der durchschnittliche Murgo den Malloreanern entgegenbringt, hat im Falle ihres Königs die Grenze zur offenen Feindseligkeit überschritten.
Als daher der junge Kaiser 'Zakath den Thron in Mal Zeth bestieg, trug Taur Urgas seinen dortigen Spionen umgehend auf, ihn mit Einzelheiten bezüglich Herkunft, Bildung und Temperament des neuen Kaisers zu versorgen. Ihre Antworten erfüllten Taur Urgas mit Bestürzung. Es schien, als wäre 'Zakath genau der Mann, den Taur Urgas als Herrscher der bevölkerungsreichsten Nation dieser Erde am meisten fürchtete. Verzweifelt suchte der König der Murgos nach einer Möglichkeit, die unleugbaren Fähigkeiten des Malloreaners unwirksam zu machen.
Die Gelegenheit, auf die Urgas gewartet hatte, ergab sich, als Neuigkeiten nach Rak Goska durchsickerten, 'Zakath habe sich verliebt. Die fragliche Dame war ein melcenisches Mädchen von edler Herkunft, für dessen mächtige Familie gleichwohl schwere Zeiten angebrochen waren. Die Voraussetzungen waren ideal für den murgosischen König. Taur Urgas bediente sich des nahezu unerschöpflichen Reichtums an blutrotem Gold aus den Minen von Cthol Murgos, um sämtliche Schuldverschreibungen der Familie des Mädchens an sich zu bringen; dann begann er, Druck auf sie auszuüben. Als er die Familie an den Rand der Verzweiflung getrieben hatte, ließ Taur Urgas ihnen durch seine Agenten seinen Vorschlag unterbreiten. Das Mädchen sollte 'Zakath ermutigen und ihn, mit welchen Mitteln auch immer, zur Heirat verlocken. Dann sollte sie ihren ganzen Einfluß auf den jungen Mann geltend machen, um zu verhindern, daß er jemals einen Gedanken an Abenteuer im Westen fassen würde. Falls dies fehlschlug, sollte nyissanisches Gift besorgt und das Mädchen dazu gezwungen werden, ihren Gemahl zu ermorden.
Der Plan schlug deshalb fehl, weil Murgos einfach nicht dazu geschaffen sind, die Komplexität einer malloreanischen Intrige zu begreifen. Murgos scheinen zwangsläufig davon auszugehen, daß jemand, den sie einmal bestochen haben, für immer auf ihrer Seite steht. In Mallorea aber ist eine solche Rechtschaffenheit eher die Ausnahme als die Regel. So kam es, daß ein relativ unbedeutender Mitverschwörer schon bald Gelegenheit fand, seine Kenntnisse gewinnbringend an gewisse Beamte in der Regierung von Kaiser 'Zakath zu verkaufen. Als die ganze Angelegenheit vor den Kaiser gebracht wurde, befahl der junge Mann in einem plötzlichen Wutanfall, alle an der Intrige Beteiligten zusammenzutreiben und auf der Stelle hinzurichten. Nachdem der Befehl ausgeführt worden war, tauchten Beweise auf, die die Vermutung nahelegten, das melcenische Mädchen (das 'Zakath offenbar leidenschaftlich geliebt hatte) sei nicht nur unschuldig gewesen, sondern habe womöglich nicht einmal von der murgosischen Intrige gewußt. Als der junge Kaiser diese tragische Nachricht erhielt, wurde er fast verrückt vor Kummer, und als er sich schließlich wieder erholte, hatte sich seine Persönlichkeit dermaßen verändert, daß selbst seine eigene Familie ihn nicht wiedererkannte. Der zuvor aufgeschlossene und gesellige junge Mann wird nun hinter vorgehaltener Hand oft ›der Mann aus Eis‹ genannt.
'Zakaths erste Handlung nach seiner Genesung bestand darin, den berühmt gewordenen Beschwerdebrief an Taur Urgas zu schreiben. Der Brief lautet wie folgt:
An Seine Majestät, Taur Urgas von Murgos,
Euer jüngster Versuch, Euch in innere malloreanische Angelegenheiten zu mischen, hat mich erheitert, Euer Majestät. Würden andere als die derzeitigen globalen Umstände vorherrschen, welche es angelegen sein lassen, einen offenen Bruch zwischen den beiden größten angarakanischen Nationen zu vermeiden, würde ich mit der gesamten Macht Malloreas gegen Euch ins Feld ziehen und Euch für Euer Vergehen auf eine Weise züchtigen, die Eure Vorstellungskraft übersteigt.
Um sicherzustellen, daß sich diese Angelegenheit nicht wiederholt, habe ich alle Murgos innerhalb der Grenzen meines Reiches in Gewahrsam genommen, auf daß sie als Geisel für Euer Wohlverhalten dienen mögen. Man hat mir berichtet, daß einige dieser gefangengesetzten Personen in enger verwandtschaftlicher Beziehung zu Euch stehen. Solltet Ihr weiteres Unheil in meinem Reich stiften, werde ich Euch Eure Verwandten zurückschicken – Stück um Stück.
In der
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