Das Auge Aldurs 3 - Der Riva Kodes
Knie.
Die Geschichte überliefert gnadenlos die ersten Worte des neuen Königs. Sie lauteten wie folgt: »Ich bitte Euch, Eminenzen, achtet auf Eure Gewänder. Ich habe gerade reichlich Jauche in die Furche gekippt, in der Ihr kniet.«
Die versammelten Würdenträger erhoben sich hastig, wie berichtet wird.
Sie entdeckten, daß Fundors Name vor dem ersten Wahlgang von seinen Nachbarn in die Kandidatenliste eingetragen worden war, damit ihr Distrikt in den geschichtsträchtigen Vorgängen wenigstens ein bißchen Aufmerksamkeit erlangte. Fundor war der Meinung, sein Name sei nach dem ersten Wahlgang von der Liste gestrichen worden; deshalb war er völlig überrascht, von seiner Wahl zu hören. Um seine Verwirrung zu überspielen, lud er die ganze Abordnung auf Kuchen und Bier in seine Küche ein.
Die Geschichte berichtet weiter, daß Frau Fundor (welche Königin Anhelda werden sollte) nicht sehr erfreut über eine Gruppe nach Jauche stinkender Fremder in ihrer Küche war.
Ein Wahrsager, der die Gesellschaft begleitete, drängte den König zu einer Weissagung, da er wie alle anderen glaubte, daß jedes Wort, das der neue König an jenem Schicksalstag spreche, von eminenter Bedeutung sei.
Und der König sprach: »Ich glaube, es wird ein gutes Jahr für Kohlrüben – wenn wir nicht zuviel Regen bekommen.«
Der König und seine Familie wurden in aller Eile in die Hauptstadt Sendar verbracht, wo er vorschriftsmäßig gekrönt und im königlichen Palast einquartiert wurde.
Zufällig gab es in diesem Jahr eine schlimme Kohlrübenmißernte. Von diesem Zeitpunkt an hat niemand mehr die sendarische Monarchie ernst genommen – am wenigsten die sendarischen Monarchen selbst. Bemerkenswerterweise sind sie jedoch sehr gute Könige. Sie sind gerecht, unparteiisch, aufgeschlossen und kümmern sich mehr um das Wohlergehen ihrer Untertanen als um den eigenen Prunk und Ruhm. Sie scheinen allesamt über einen gutmütigen, trockenen Humor zu verfügen, was einen Besuch am Hof von Sendar stets zu einem Vergnügen macht.
Sendarien hielt sich aus den Umwälzungen heraus, die die Welt nach der Ermordung des rivanischen Königs erschütterten, und lebte sein Leben in ungestörter Ruhe und anhaltendem Wohlstand bis zur Invasion Kal-Toraks im Jahre 4865. Der damalige sendarische Monarch, König Ormik der Kriegerische, hob eine Armee von Sendarern aus – einen ungleichen, bunt zusammengewürfelten Haufen, weder Infanterie noch Kavallerie, mit einem merkwürdigen Sortiment an Waffen. Er schloß sich den Truppen an, die unter dem Oberbefehl des rivanischen Wächters gen Süden marschierten. Sie kämpften tapfer und hielten in der Schlacht von Vo Mimbre das Zentrum des Heeres gegen wiederholte Angriffe der Malloreaner.
Nach der Niederlage der Angarakaner mußte Sendarien einen zeitweiligen wirtschaftlichen Niedergang hinnehmen, ein Ergebnis der Schließung der Nördlichen Karawanenstraße und der Einstellung der Viehtriebe aus Algarien nach Muros in jenen Jahren, welche die Algarier zur Wiederherstellung ihrer Herden benötigten. Die Flaute der sendarischen Wirtschaft war aber nur vorübergehend und zeitigte nicht die dauerhafte und verheerende Wirkung, die wir in Tolnedra beobachten mußten.
Der gegenwärtige Monarch der Sendarer ist Fulrach der Herrliche, ein kleiner, ziemlich untersetzter Mann Mitte fünfzig, der wie seine Vorgänger als tüchtiger Verwaltungsfachmann gilt, jedoch in den zwanzig Jahren, die seit seiner Thronbesteigung vergangen sind, keine nennenswerten Erfolge oder Errungenschaften zu verbuchen hat. Er ist gutmütig, spricht mit leiser Stimme und trägt einen kurzgeschnittenen braunen Bart.
MÜNZSYSTEM
Da ihr Königreich zu einer Zeit, als Sendarien unter tolnedrischem Einfluß stand, durch Kaiserliches Dekret geschaffen wurde, sind sendarische Münzen dieselben wie tolnedrische, außer daß sich das Abbild des Königs und nicht des Kaisers darauf befindet. Darüber hinaus erleiden sendarische Münzen einen Wertverlust von etwa 5 bis 7 Prozent, der sich aus Metallunreinheiten erklärt. Der Begriff ›sendarisch‹ wird dem Namen jeder Münze vorangestellt, um sie von dem tolnedrischen Geld zu unterscheiden.
Andere Währungen sind in hohem Maße im Umlauf.
KLEIDUNG
Allgemein mittelalterlich. Wams, Wappenrock, Beinlinge, Kniehose, Kappen, Barette, Schuhe aus weichem Leder. Jacken mit Kapuzen etc. unter dem gemeinen Volk. Derbe Umhänge bei schlechtem Wetter.
Frauen tragen kurzärmelige Kleider. Kopfschmuck bei
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