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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Betrüger. Und solches Gesindel dulde ich nicht in meinem Haus!« Er wandte sich an die Diener. »Wirft ihn hinaus.«
    Die beiden Männer nickten grimmig und packten den Jungen bei den Armen.
    »Nein!«, rief dieser und wehrte sich mit Händen und Füßen. »Nicht! Schickt mich nicht fort. Ich muss Euch doch ...« Der Griff der Diener wurde so fest, dass er aufschrie. »Bitte, Herr, hört mich an! Ich will Euch doch nur warnen.«
    Ali gab den Dienern einen Wink, und obwohl ihnen deutlich anzusehen war, dass sie es nicht gern taten, ließen sie den Jungen los.
    »So, du willst mich also warnen«, sagte Ali und baute sich mit vor der Brust verschränkten Armen vor dem Jungen auf. »Wovor denn? Und kannst du mir sagen, weshalb ich dir, einem abscheulichen Betrüger, Glauben schenken soll? Vielleicht ist es nur ein gemeiner Trick?«
    »Nein, Herr, bestimmt nicht, ich ...« Er warf den beiden Dienern einen ängstlichen Blick zu. »Bitte, Ihr müsst mir zuhören. Aber nur Ihr. Und sie.« Er deutete mit dem Kopf auf Beatrice.
    Ali sah Beatrice kurz an, dann nickte er. Offensichtlich dachte er das Gleiche wie sie. Wenn der Junge und der Mann wirklich etwas im Schilde führten, so war dies bestimmt der beste Zeitpunkt, herauszufinden, worum es sich handelte.
    »Geht«, befahl Ali den beiden Dienern. »Und nehmt Michelle mit. Bringt sie in die Küche. Die Köchin soll ihr einen Pfannkuchen mit Sirup geben. Einer von euch bleibt aber in Rufweite, falls wir doch noch Hilfe benötigen. Nun«, wandte er sich wieder an den Jungen, nachdem die beiden Diener mit Michelle den Raum verlassen hatten, »was willst du uns sagen?«
    Der Junge trat von einem Fuß auf den anderen, nestelte am Kragen seines langen Hemdes und schien nicht zu wissen, wie er beginnen sollte. Doch dann sprudelten plötzlich die Worte nur so aus ihm heraus.
    »Ich muss Euch warnen, Herr. Meister Osman will Euch töten. Er wird bis zum Sonnenuntergang warten, dann in Euer Haus eindringen und Euch umbringen. Er hält Euch wie die anderen auch für einen Frevler, einen Ketzer und wird sich gewiss nicht überzeugen lassen, es nicht zu tun. Der Befehl kommt außerdem vom Großmeister. Eigentlich müsste auch ich ihm gehorchen, aber ich kann nicht. Wegen dem Ziegenbock. Ihr habt doch ...«
    »Nun mal ganz langsam«, sagte Ali beschwichtigend und legte dem Jungen beide Hände auf die Schultern. »Fang jetzt ganz von vorne an. Wie heißt du und woher kommst du?«
    »Mein Name ist Mustafa. Ich wurde in einem Dorf in den Bergen geboren. Doch dann ging ich nach Alamut.« Und Wort für Wort erfuhren Ali und Beatrice, wie Mustafa zu einem Fidawi wurde, wie er mit Osman nach Qazwin geritten ist, um dort seinen ersten Auftrag zu erfüllen, wie sie Alis Haus ausgemacht und Osman die Krankheit erfunden hatte, damit sie ungestört das Haus ausspionieren konnten, um herauszufinden, wie sich ihr Auftrag am besten ausführen ließ.
    »Wo ist dein Meister jetzt?«, fragte Beatrice, die nicht einen Augenblick an den Worten des Jungen zweifelte.
    »Er hält sich in der Moschee auf und ist im Gebet versunken. Er glaubt, dass ich das ebenfalls tue, denn alle Fidawi bereiten sich auf ihren Auftrag mit langer Meditation und Gebet vor. Doch wenn die Sonne untergegangen ist, wird er seine Vorbereitungen beendet haben. Und dann wird er heimlich in Euer Haus eindringen, um Euch zu töten.«
    »Aber eines verstehe ich nicht«, sagte Ali und schüttelte den Kopf. »Warum erzählst du uns das alles? Ich denke, du bist auch ein Fidawi?«
    »Ja, Herr«, antwortete Mustafa und senkte beschämt den Blick. »Auch ich bin einer. Und ich muss Euch gestehen, dass auch ich die Absicht hatte, Euch zu töten. Ich hielt Euch für einen Frevler, einen Ketzer. Doch dann ...« Er schluckte, hob seinen Kopf und sah Ali an. In seinen dunklen Augen schimmerten Tränen. »Dann sah ich den Ziegenbock. Und das hat alles geändert.«
    »Der Ziegenbock?«, fragte Ali und warf Beatrice einen
    Blick zu, als würde er vermuten, mit dem Verstand des Jungen sei etwas nicht in Ordnung. »Was ist mit ihm?«
    »Ich habe das Brandzeichen erkannt, Herr. Es ist das Brandzeichen meines Heimatdorfs. Und dann habt Ihr die Geschichte von dem Hirten erzählt, der mit seinem Sohn zu Euch gekommen sei und ...« Eine Träne rollte seine Wange hinab. »Der Hirte war mein Vater, Herr. Und es war mein Bruder, den ihr damals geheilt habt. Seit jenem Tag hören beide nicht auf, von Eurer Güte und Weisheit zu schwärmen. Mein Bruder hat

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