Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Auge der Ueberwelt

Das Auge der Ueberwelt

Titel: Das Auge der Ueberwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
Vom Netzwerk:
nickte. »Ich bin erfreut, das zu hören. Du wirst finden, daß meine Beschreibung in jedem wesentlichen Aspekt den Tatsachen entspricht. Auch ich habe nachgedacht und kann mit einiger Gewißheit sagen, daß derzeit kein anderer Bewohner unseres Dorfes eine so erhabene Position anstrebt. Es ist sicherlich keine Überschreitung meiner Befugnisse, wenn ich dich hiermit zum Wachmann der Gemeinde ernenne!« Feierlich brachte der Hetman eine goldene Kette zum Vorschein, die er Cugel um den Hals legte.
    Sie kehrten zum Wirtshaus zurück, aber es gab immer wieder Aufenthalte, denn die Einwohner von Vull bemerkten die Kette und bedrängten den Hetman mit neugierigen Fragen. »Ja«, antwortete er immer wieder, »dieser Mann hat seine Fähigkeiten bewiesen, und ich habe ihn zum Wachmann der Gemeinde ernannt.«
    Auf die Nachricht hin wurden die Leute freundlich und jovial und beglückwünschten Cugel, als ob er sein ganzes Leben lang einer der ihren gewesen wäre. Alle zogen mit ins Wirtshaus, und es wurde getanzt und gefeiert.
    Im Verlauf des Abends erspähte Cugel ein außerordentlich hübsches Mädchen, das mit einem jungen Mann tanzte, den Cugel in der Jägergruppe gesehen hatte. Cugel stieß den angetrunkenen Hetman an und lenkte seine Aufmerksamkeit auf das Mädchen.
    »Ah, ja: die liebliche Marlinka! Sie tanzt mit dem Burschen, den sie heiraten will.«
    »Könnten ihre Pläne möglicherweise eine Änderung erfahren?« forschte Cugel.
    Der Hetman zwinkerte ihm listig zu. »Du findest sie anziehend, mein Freund?«
    »So ist es, und nachdem mein Amt mir das Vorrecht einräumt, erkläre ich dieses liebliche Wesen hiermit als meine erwählte Braut. Laßt uns sofort mit der Zeremonie beginnen!«
    »So rasch?« fragte der Hetman verdutzt. »Nun ja, die heißblütige Jugend kann nicht warten.« Er winkte dem Mädchen, und es tanzte fröhlich an den Tisch. Cugel erhob sich und machte eine tiefe Verbeugung. Der Hetman ergriff das Wort: »Marlinka, der Wachmann wünscht dich zur Gemahlin.«
    Marlinka schien zuerst überrascht, dann amüsiert. Sie warf Cugel einen schelmischen Blick zu und vollführte einen Hofknicks. »Der Wachmann erweist mir eine große Ehre.«
    »Weiterhin«, erklärte der Hetman, »wünscht der Wachmann, daß die Eheschließungszeremonie sofort beginnt.«
    Marlinka blickte zweifelnd zu Cugel, dann über die Schulter zu dem jungen Mann, mit dem sie getanzt hatte. »Sehr gut«, meinte sie schließlich, noch immer zögernd. »Wie ihr wollt.«
    Die Trauungszeremonie wurde vollzogen, und Cugel sah sich mit Marlinka verheiratet, die ein Geschöpf von bezauberndem Charme und außergewöhnlicher Schönheit war. Er legte den Arm um ihre Mitte. »Komm«, wisperte er ihr ins Ohr, »laß uns für eine Weile verschwinden und die Ehe feierlich vollziehen.«
    »Nicht so schnell!« flüsterte Marlinka. »Ich muß Zeit haben, um mich zurechtzumachen!« Sie machte sich los und tanzte davon.
    Es wurde weiter gefeiert, und Cugel bemerkte zu seinem großen Mißvergnügen, daß Marlinka wieder mit dem jungen Mann tanzte. Während er sie beobachtete, umarmte sie diesen Kerl mit allen Anzeichen von Zärtlichkeit. Cugel sprang auf und zog seine Braut beiseite. »Solches Benehmen ist kaum angemessen«, tadelte er. »Du bist erst eine Stunde verheiratet!«
    Marlinka lachte und versprach, sich mit mehr Anstand zu benehmen. Cugel versuchte, sie in sein Zimmer zu führen, aber wieder erklärte sie den Augenblick für ungeeignet.
    Cugel seufzte bitter, wurde aber von der Erinnerung an seine übrigen Privilegien getröstet: die Verfügungsgewalt über das Gemeindemagazin, zum Beispiel. Er beugte sich zum Hetman hinüber. »Da ich jetzt Wächter des öffentlichen Magazins bin, ist es notwendig, daß ich mich näher mit den Schätzen vertraut mache, die unter meiner Obhut stehen. Sei so gut und gib mir den Schlüssel, dann werde ich gehen und Inventur machen.«
    »Ich habe eine noch bessere Idee, Freund«, sagte der Hetman, der bereits zu lallen begann. »Ich werde dir dabei helfen.«
    Sie gingen hinüber zum Magazin, der Hetman sperrte mit einiger Mühe auf und hielt ein Licht. Cugel ging hinein und betrachtete die Wertsachen. »Ich sehe, daß alles in Ordnung ist. Vielleicht ist es ratsam, mit der Inventur zu warten, bis ich nach all diesen Ereignissen wieder einen klaren Kopf habe. Aber in der Zwischenzeit ...« Cugel öffnete den Juwelenkasten, wählte mehrere Stücke aus und steckte sie in seinen Beutel.
    »Augenblick!« sagte der Hetman.

Weitere Kostenlose Bücher