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Das Auge der Ueberwelt

Das Auge der Ueberwelt

Titel: Das Auge der Ueberwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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käme. Jenseits des Sees liegen gewaltige Ruinen, wo Magnatz sein Haus hatte.«
    Cugel besah die verschiedenen Landmarken durch das optische Gerät. Schließlich sagte er: »Auf jeden Fall war Magnatz ein Wesen von ungeheurer Macht.«
    »Das berichten auch die Legenden. Aber nun noch etwas. Sollte Magnatz tatsächlich erscheinen, mußt du diese Stange ziehen, die den großen Gong schlägt. Unsere Gesetze verbieten das Anschlagen des Gongs, es sei denn, der Wachmann sichtet Magnatz. Die Strafe für leichtfertiges Anschlagen des Gongs ist äußerst streng; der vorletzte Wachmann verriet sein hohes Amt, indem er willkürlich den Gong schlug. Unnötig zu sagen, daß er mit Ketten in Stücke gerissen wurde.«
    »Was für ein idiotischer Kerl!« bemerkte Cugel. »Warum soviel Reichtum, gutes Leben und Ehre für einen albernen Streich aufs Spiel setzen?«
    »Das ist auch unsere Meinung«, erklärte der Hetman.
    Cugel wurde plötzlich nachdenklich. »Dieses Verhalten erstaunt mich. War er ein junger Mann, daß er leichtfertig einer flüchtigen Laune folgte?«
    »Nicht einmal dies kann zu seinen Gunsten angeführt werden. Er war ein weiser Mann von achtzig Jahren, von denen er sechzig als Wachmann gedient hatte.«
    »Um so unglaublicher mutet sein Verhalten an«, meinte Cugel.
    »Niemand von uns konnte es verstehen«, sagte der Hetman. Er rieb sich die Hände und sagte in verändertem Ton: »Ich glaube, wir haben alle wesentlichen Punkte besprochen; ich werde jetzt gehen und dich dem Genuß deiner Pflicht überlassen.«
    »Einen Moment«, sagte Cugel. »Ich bestehe auf gewissen Änderungen und Verbesserungen: den Teppich, die Couch, die Schränke, Kissen und so weiter.«
    »Selbstverständlich, mein Freund«, sagte der Hetman. Er beugte sich aus einer Fensteröffnung und rief Anweisungen hinunter. Er bekam nicht gleich Antwort und wurde ärgerlich. »Was für eine Schlamperei!« rief er aus. »Es scheint, ich muß mich selbst um die Angelegenheit kümmern.« Er begann die Strickleiter hinabzuklettern.
    Cugel rief ihm nach: »Sei so gut und schick meine Braut zu mir herauf, da es bestimmte Dinge gibt, die ich mit ihr regeln möchte.«
    »Ich werde sofort mit ihr sprechen«, rief der Hetman zurück.
    Bald darauf knarrte die große Rolle, und die Strickleiter wurde am Ende des Seiles, das sie hielt, hinabgelassen. Dann lief auch das dicke Seil über die Rolle und brachte eine dünne Leine herauf – kaum dicker als eine feste Schnur, und an dieser wurden die Kissen hochgezogen. Cugel besah sie mißbilligend; sie waren alt und staubig und ganz und gar nicht von der Qualität, die er sich vorgestellt hatte. Mit allem Nachdruck würde er auf besseren Einrichtungsgegenständen als diesen bestehen! Vielleicht betrachtete der Hetman sie nur als Notbehelf, bis Kissen von der benötigten Qualität beschafft werden konnten.
    Cugel ließ seinen Blick über den Horizont gehen. Magnatz war nirgendwo zu sehen. Er schwang die Arme, ging auf und ab und trat ans Fenster, um zum Dorfplatz hinunterzuspähen, wo er Handwerker beim Zusammenstellen und Aufladen der angeforderten Möbel zu sehen erwartete. Doch von solcherlei Aktivität war nichts zu entdecken. Cugel zuckte die Schultern und machte sich an eine neuerliche Inspektion des Horizonts. Magnatz blieb unsichtbar wie zuvor.
    Wieder blickte er zum Platz hinunter. Er stutzte, blinzelte: war das seine Frau, die dort in Begleitung eines jungen Mannes ging? Er richtete das optische Gerät auf die geschmeidige Gestalt. Tatsächlich, es war Marlinka, und der junge Mann, der ihren Ellbogen umfaßt hielt, war der Jäger, mit dem sie einmal verlobt gewesen war. Cugel war empört. So konnte es nicht weitergehen! Wenn Marlinka käme, würde er ein ernstes Wort mit ihr reden.
    Die Sonne erreichte den Zenit; die Leine bewegte sich. Cugel blickte hinunter und sah, daß sein Mittagsmahl in einem Korb heraufgezogen wurde. Er klatschte erwartungsvoll in die Hände, doch als er das Tuch vom Korb nahm, erblickte er nur einen halben Laib Brot, ein Stück zähes Fleisch und eine Flasche mit verdünntem Wein. Schockiert starrte er auf die kümmerliche Mahlzeit und beschloß, augenblicklich vom Turm zu steigen, um die Angelegenheit zu regeln. Er rief hinunter. Niemand schien ihn zu hören. Er rief lauter. Ein paar Leute blickten gleichgültig herauf und gingen dann weiter. Cugel riß zornig an der Leine und zog sie über die Rolle, aber kein dickes Seil und keine Strickleiter erschienen. Die dünne Leine war eine

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