Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
Aber diese Passage ist mir unbekannt. Ich bin mir eigentlich sicher, dass sie vorher dort nicht stand.«
»Wie sicher seid Ihr? Wie lange ist es her, dass Ihr diese Rolle das letzte Mal gelesen habt?«, fragte ich.
»Über fünfzehn Jahre.«
»Könntet Ihr einen Gotteseid darauf ablegen?«, fragte Leandra.
Er schüttelte den Kopf. »Dazu bin ich mir nicht sicher genug. Seht ihr, ich bin alt. Ich weiß es nicht. Ich denke mir nur, dass mir diese Passage damals aufgefallen wäre, wie sie mir auch heute auffiel.«
»Hm.« Ich warf wieder einen Blick auf die Rolle, ohne dass er mir mehr Erkenntnisse brachte.
»Ich denke, dass das Haus des Löwen wohl wissen müsste, wie die Prüfungen ablaufen. Warum also die Rollen vertauschen?«, dachte ich laut.
Abdul schüttelte den Kopf. »Diese Prüfungen wurden nur sehr selten abgehalten. Sie sind fast unmöglich zu bestehen, und wenn man auf ihnen beharrt hätte, gäbe es kaum noch jemanden, der ein Haus führen darf. Sie wurden nur dann durchgeführt, wenn es Zweifel an der Erbfolge gab.«
»Gab es solche Zweifel bei Jerbil und Serafine?«, fragte ich.
Er lachte und schüttelte den Kopf. »Nein, nicht im Geringsten. Diese beiden … Sie passten zueinander. Ich habe alte Familienrollen lesen können. Während die beiden heranwuchsen, gab es keinen Baum, der zu hoch war für sie, und kein Pferd, das zu wild war. Sie mochten die Herausforderungen und spornten sich gegenseitig an. Sie sind zusammen aufgewachsen, die Häuser waren schon lange vorher befreundet.«
»Wie konnte es dann geschehen, dass das Haus des Löwen das Haus des Adlers vernichtet hat?«, fragte Leandra dann.
»Kein Haus ist einheitlich. Der erste Kalif aus dem Haus des Löwen stammte aus einer Nebenlinie. Niemand hätte je gedacht, dass er die Krone tragen würde. Er hasste das Haus des Adlers. Ich glaube sogar den Grund zu wissen. Serafine hat ihn einmal lächerlich gemacht, als er um ihre Hand anhielt. Sie waren beide noch Kinder. Es fand in den Aufzeichnungen des Hauses des Löwen Erwähnung, weil Jerbil empört darüber war, dass ihr Vater sie dafür bestrafte.«
Ich nickte. Manche Menschen vergaßen so eine Erniedrigung niemals.
»Warum also haben sie sich dann diesen Prüfungen gestellt, wenn sie es nicht mussten?«, wollte Leandra wissen.
»Ich sagte es schon«, antwortete Abdul. »Sie hatten wohl vor, beide Häuser miteinander zu vereinen. Dies ist der Weg dazu. Beide Erben beweisen so, dass sie imstande sind, das Erbe des jeweils anderen Hauses anzutreten. Oder aber, was ihnen auch zuzutrauen wäre, sie taten es, weil sie es konnten.« Er sah uns an. »Ich glaube euch mittlerweile, dass dies eine Fälschung ist. Aber beweisen oder beschwören könnte ich es nicht. Besorgt mir die andere Rolle. Steht dort eine andere Passage geschrieben, wäre es ein Beweis.«
»Ich frage mich immer noch, worin der Zweck liegt, diese alte Rolle auszutauschen. Früher wurde das Auge lediglich an die Stirn des Erben gehalten, nun soll es aus mehreren Erben den besten auswählen, indem es leuchtet. Was ist der Sinn?«, sagte Leandra.
»Wir werden es noch herausfinden«, antwortete ich ihr. »Ich frage mich hingegen, wer eine solche Rolle überhaupt fälschen kann. Es war gewiss nicht einfach.«
»Nur ein Tempelschreiber könnte das«, sagte Abdul. »Ich kann diese Schrift zwar lesen, aber nicht in dieser Perfektion schreiben.«
»Ist ein Tempelschreiber Astartes in diese Sache verwickelt?« Ich schüttelte den Kopf. »Das vermag ich mir kaum vorzustellen.«
»Oder ein Mitglied des Hauses des Adlers«, sagte Leandra.
Armin? Nein, das glaubte ich nun auch nicht.
Ich fischte einen kleinen gefalteten Zettel aus meinem Beutel, entfaltete ihn und zeigte Abdul Natalyias Kopie der Meistermarke, die sie in der leeren Schmuckschatulle gefunden hatte. »Was könnt Ihr mir über dieses Zeichen sagen?«
Abdul warf einen Blick darauf. »Das ist eine Juweliersmarke. Jeder Meister hat sein Zeichen, normalerweise müsste ich nachsehen, aber dieses kenne ich, ich ließ es erst kürzlich streichen.«
»Streichen?«, fragte Leandra nach.
Abdul nickte. »Dies ist das Zeichen des Juweliers Wasari. Ich ließ es vor drei Tagen streichen, weil man ihn tot aus dem Gazar zog, und stellte seinem Sohn ein neues aus.«
»Jetzt wird es langsam spannend«, sagte ich und erhob mich. »Abdul, ich danke Euch, Ihr habt uns sehr weitergeholfen.«
»Ich würde sagen, dass ich mich darüber freue, wären nicht eure Nachrichten von so
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