Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
Freunde.« In seinen Augen sah ich mehr. Für einen Moment wirkte er wehmütig. Wie alt mochte Abdul sein? Über fünf Dutzend Jahre. In etwa so alt wie die Essera Falah.
»Wenn ich Euch nun sagen würde, dass wir von einer Gefahr für das Haus des Löwen wissen, was wären Eure Worte dazu?«
»Dass Ihr Euer Wissen mit dem Emir teilen solltet!«, sagte er.
»Das ist bereits geschehen. Es blieben allerdings einige Fragen offen. Wir hoffen, dass Ihr uns helfen könnt, sie zu beantworten.«
»Ihr seid hier im Auftrag des Emirs?«, fragte er überrascht.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, aber auch wir möchten nicht, dass dem Haus des Löwen etwas zustößt. Es ist eine längere Geschichte.«
»Dann sollten wir uns in meinen Ruheraum begeben, wo sich eine lange Geschichte bequemer erzählen lässt. Wenn es den Esserin recht ist.«
Wir nickten. Abdul stand auf und verschloss die Tür zum Archiv. »Bitte hier entlang, Esserin.«
Abduls Raum war überraschend groß und unter den Stapeln von Schriftrollen, Büchern und Dokumenten unerwartet elegant eingerichtet. Er verfügte über ein Fenster, durch das ein Spiegel Licht in den Raum lenkte. Auch hier waren überall die Spuren seiner Arbeit zu finden, verschiedene Rollen lagen auf drei großen Tischen herum. An einem Haken an der Wand hing ein Prunkgewand, darunter stand ein Paar neue Schuhe, in einer Schale auf der Anrichte daneben lagen die goldenen Armreifen, die manche Bürger der Stadt zu feierlichen Anlässen anlegten.
Er bot uns zwei der hier üblichen niedrigen Stühle an und schürte das Feuer in einem kleinen schmiedeeisernen Ofen, auf dem er einen Kessel Wasser aufsetzte.
Ich überließ es Leandra, unsere Geschichte zu erzählen, und beobachtete Abdul. Er stellte wenige Fragen, nur das eine oder andere Mal bat er um genauere Erklärungen. So zum Beispiel als unsere Steckbriefe Erwähnung fanden, die wir bei den Kopfgeldjägern gefunden hatten. Über die Erzählung war das Wasser zum Kochen gekommen, und er schenkte uns von dem üblichen starken Tee ein.
»Und wenn ich nun ein Feind des Emirs wäre?«, fragte er dann, als Leandra fertig war.
»Seid Ihr es?«
»Nein. Wie ich sagte, gehört meine Loyalität seiner Mutter und ihrer Familie.« Er sah uns eindringlich an. »Ihr geht ein Risiko ein, dies so offen zu erzählen.«
Ich vollführte eine Geste der Ratlosigkeit. »Was sollen wir tun? Wir kennen wenige Menschen in dieser Stadt. Wir müssen vertrauen.«
Er nickte. »Und ich muss überlegen, ob ich euch, Fremde aus einem fernen Land, vertrauen kann. Eure Geschichte … Sie ist schwer zu glauben.«
»Aber wahr«, bekräftigte Leandra.
Er seufzte. »Dann werden wir wohl darauf hoffen müssen, dass man sich gegenseitig vertrauen kann. Diese Schriftrolle, die ausgetauscht wurde … Ist sie sehr alt?«
»Dies hier ist das Siegel darauf.« Ich nahm den Stein, in dem der Abdruck, den Natalyia gemacht hatte, eingepresst war, und reichte ihn an Abdul weiter.
Er zog die Augenbrauen zusammen, als er den Stein begutachtete. »Ein Siegel in Stein gepresst. Nun, wie das möglich ist, muss ich nicht wissen. Ist es das einzige Siegel auf der Rolle?«
»Meines Wissens, ja.«
»Ich kenne das Siegel«, fuhr Abdul fort. »Ich habe hier drei Dokumente in Verwahrung, die dieses Siegel tragen. Es ist das Siegel der Tochter des Wassers.«
»Serafine?«, fragte Leandra überrascht.
Abdul musterte sie eindringlich. »Für Fremde seid ihr überraschend bewandert in unserer Geschichte. Nur wenige kennen ihren Namen.«
»Was sind das für Dokumente?«
»Das wertvollste der drei betrifft die Eheschließung zwischen ihr und ihrem Gemahl. Aber dieses Dokument trägt mehr als ein Siegel. Das zweite Dokument ist ihr Testament. Auch das trägt ein weiteres Siegel, nämlich das der Zweiten Legion. Das dritte Dokument bestätigt sie als Erbin des Hauses des Adlers. Es ist die einzige Schriftrolle, die nur ihr eigenes Siegel trägt.« Er sah auf. »Und es ist auch das erste Dokument, das jemals so gesiegelt wurde, denn erst als sie als Herrin des Hauses des Adlers anerkannt wurde, erhielt sie das Recht, ein solches Siegel zu führen.«
Wir sahen uns gegenseitig an. Niemand, wirklich niemand außer uns konnte von Serafine wissen. Für Bessarein war sie seit Jahrhunderten tot, was für einen Belang konnte dieses alte Dokument heute noch haben?
»Wäre es möglich, diese Rolle zu sehen?«, fragte Leandra.
Er zögerte kurz und nickte dann. »Bitte wartet hier einen
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