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Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)

Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)

Titel: Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Schwartz
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zusammengepfercht.
    Ein reich gekleideter Beamter mit einem juwelenbesetzten Schwert stand an der Kante der Plattform, das Gesicht der Menge zugewandt, und verlas mit lauter, klarer Stimme die Urteile.
    Leandra und ich hielten inne, meine Vorliebe für Hinrichtungen hielt sich in Grenzen – ich hatte schon genug Blut und Elend gesehen –, aber der Herold verlas nicht nur die Strafen, sondern auch die Verbrechen. Ich wollte etwas über das Wesen des Rechts erfahren, darüber, wie es hier angewandt wurde.
    »Die Magd Jalane. Witwe, zwei Kinder. Sie stahl ein Silberstück aus dem Heim ihrer Herrschaft. Fünf Hiebe mit der schweren Peitsche, ein Tag im Stock. Ihre Familie darf sie versorgen.«
    Eine weinende Frau mittleren Alters wurde aus der Menge der Gefangenen herausgezerrt und auf einen schweren Holzrahmen gebunden. Die Peitsche war die eines Fuhrmanns und für die dicke Haut von Ochsen bestimmt, bei Menschen schnitt sie wie ein Messer. Die Frau verlor nach dem zweiten Schlag die Besinnung. Zwei Wachen schleppten die Blutende durch das Tor der Reue zu den Prangern auf der anderen Seite.
    »Kelbar, Sohn eines Bäckers. Er erschlug eine Sklavin seines Vaters. Zehn Hiebe mit der schweren Peitsche.«
    Ein junger Mann mit einem schmollenden Gesichtsausdruck wurde auf den Stock gebunden, er schrie wie ein Ferkel, bis er beim vierten Schlag das Bewusstsein verlor. Das Gemurmel der Menge verriet, dass sie nicht beeindruckt war.
    »Rekrut Halim. Insubordination. Bastonade, vierzig Schläge auf die Füße mit einem gespaltenen Bambus.«
    Zwei Soldaten brachten einen jungen Mann an das schwere Holzgestell heran. Die Farbe ihrer Mäntel zeigte, dass sie zu einer anderen Einheit gehörten als die, welche die Plattform bewachte. Bevor sie den jungen Mann festbanden, gab einer von ihnen dem Gefangenen eine Flasche, die dieser ansetzte und in einem Zug leerte. Der Henker wählte eine lange Rute aus gespaltenem Bambus, bezog Position und fing mit der Bestrafung an. Der junge Mann begann erst nach dem fünften Schlag zu stöhnen. Ganz zuletzt schrie er, zu diesem Zeitpunkt war der Bambusstab bereits rot von seinem Blut. Er verlor nicht das Bewusstsein. Seine beiden Kameraden banden ihn mit unbewegtem Gesichtsausdruck von dem Gestell ab und trugen ihn zum Priester des Boron. In eine Schale vor den Füßen des Priesters wurde ein Beutel entleert, er enthielt große Mengen Kupfer und das eine oder andere Stück Silber. Offensichtlich hatten die Kameraden des Mannes für seine Heilung gesammelt. Der Priester des Boron nickte und begann ein langes Gebet, beschwor die Gnade seines Herrn und die Gewährung einer Heilung. Schweißtropfen sammelten sich auf den asketischen Zügen des Priesters, er sank auf seine Knie herab, immer noch betend, halb auf sein Schwert gestützt, und hielt dann seine Hand über die geschundenen Füße des Delinquenten. Mit großem Oh und Ah verfolgte die Menge, wie sich die Wunden des Soldaten langsam schlossen. Der Priester zitterte nunmehr am ganzen Leib, seine Augen rollten hin und her, Schaum trat ihm aus dem Mund, die Worte seines Gebets waren kaum mehr zu verstehen … dann fiel er kraftlos zur Seite und lag still. Die Fußsohlen des Soldaten waren zwar noch nicht geheilt, jedoch sahen sie aus, als wäre eine Woche seit der Bestrafung vergangen.
    Die Menge rief Lobpreisungen des Boron, aber niemand schien sich über den Priester zu wundern, der nun still auf den Bohlen der Plattform lag.
    »Verzeiht«, wandte ich mich an einen der Schaulustigen neben mir. »Was ist mit dem Priester geschehen?«
    »Ihr meint den Diener Borons? Es ist Galim, einer der besten Heiler des Tempels«, sagte der Mann neben mir beeindruckt. »Es ist heute seine vierte Heilung. Er steht wirklich hoch in der Gunst seines Gottes.«
    Ich nickte. »Ja. Aber warum ist er zusammengebrochen?«
    Der Mann sah mich erstaunt an. »Ihr habt noch nie eine Heilung gesehen? Der Mensch ist nicht geschaffen für die Kräfte der Götter, und es bedarf wahrer Hingabe und Glauben, um sie durch das schwache menschliche Fleisch zu leiten, wie auch einer großen Anstrengung.«
    »Ich verstehe nicht. Ich habe eine Heilung im Tempel gesehen.«
    »Ja, davon habe ich auch gehört. Im Tempel Soltars war es, nicht wahr? Nun, das war im Haus des Gottes, wo seine Macht am stärksten ist, begleitet von den Gebeten anderer heiliger Männer. Ein Wunder. Das hier ist eine normale Heilung.«
    Ich dankte dem Mann. Nur wenige Priester bei uns, meistens nur der oberste

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