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Das befreite Wort

Das befreite Wort

Titel: Das befreite Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Sprong
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für Aufsehen: Nur 17 Prozent (immerhin ein Plus von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr) aller Deutschen schenken den Managern des Landes Vertrauen. Damit, so die Statistiker, liegen die Wirtschaftsführer nur einen Platz vor den Politikern. Ihnen vertrauten damals nur 14 Prozent der Deutschen – auch im internationalen Vergleich ein bestürzend niedriger Wert! 3
› Hinweis
    Während jedoch die Politiker diese »Kosten« des Vertrauensverlustes bei kommunalen und landesweiten Abstimmungen in Wählerstimmen nachzählen können, scheint es manchmal so, als bliebe die Nachricht vom lack of trust in der Wirtschaft und anderen Teilen der redenden Öffentlichkeit seltsam ungehört. Dabei weiß doch eigentlich jeder: Vertrauen zahlt sich aus! Denn wem Kunden (oder Bürger) nicht ein Mindestmaß an Vertrauen entgegenbringen, der kann »einpacken«. Keine Werbung, kein Argument, kein noch so gutes Produkt lässt sich an den Mann oder die Frau bringen, wenn diese nicht bereit sind, dem Verkäufer und seinen Botschaften prinzipiell Glauben zu schenken. »Glaubwürdig« zu sein und zu bleiben ist der Schlüssel zum Erfolg auf Dauer!
    Wo Glaubwürdigkeit hingegen fehlt, ist zumindest ein Preis fällig: In der Wirtschaft zum Beispiel
der Rabatt, der gewährt werden muss, weil anders die Qualitätsbedenken der Kunden nicht niedergerungen werden können
ein höheres Werbebudget, weil laute und grelle Botschaften das fehlende gute Gefühl ersetzen sollen
oder auch immer neuer Inszenierungsaufwand bei der Hauptversammlung, damit die Anteilseigner dem Unternehmen auch künftig ihr Geld »anvertrauen«
    Wer diese Kosten des mangelnden Vertrauens etwa mit der Hälfte der jeweiligen Werbe- und Kommunikationsbudgets veranschlagt, mag schätzungsweise richtig liegen. Und wer diese Kosten senken will, wird sich aus der Handwerkskiste des modernen Managements vor allem ein Instrument aussuchen: das langfristige Management der Marke.
    Persil, Nivea, Mercedes – Menschen vertrauen starken Marken. Und diese Marken vermitteln sich eben nicht nur durch den medialen Markenauftritt im engeren Sinne, also durch Markenzeichen, Werbung und das kohärente Design der Zeichensprache. Mindestens ebenso wichtig ist der Mensch, der diese Marke repräsentiert. Weder die großen Unternehmen der Wirtschaft noch das Getriebe der großen Parteien, des Regierungsapparates gar, aber auch nicht kulturelle Großinstitutionen wie Museen, Stiftungen oder Orchester sind für den durchschnittlichen Medienkonsumenten in ihrer ganzen Komplexität verstehbar. Er braucht, um sich schnell orientieren zu können, ein Gesicht! Und das ist in erster Linie das Gesicht des Chefs oder – praktisch noch immer eher die Ausnahme – der Chefin.
    Die Deutsche Bahn etwa, das war lange Hartmut Mehdorn – und das war nicht immer gut für die Bahn. Die FDP, das war früher Hans-Dietrich Genscher. Und die SPD, das waren früher Willy Brandt, Herbert Wehner, Helmut Schmidt. Sogar die zeitgenössische Kunst hatte früher in Deutschland ein Gesicht: Es trug einen Filzhut und spaltete die Nation in Freunde und Feinde der Gegenwartskunst. Auch der traditionelle Kulturbetrieb kommt ohne die großen, markanten Persönlichkeiten nicht aus: Herbert von Karajan und Simon Rattle – zwei Namen, zwei Konzepte sinfonischer Musik und ihrer Darbietung. Bis hinunter in die regionalen und lokalen Segmente des Markenmarkts reicht das Konzept der Personalisierung. Die Wiedererweckung des Kölner Schauspiels etwa hatte mit der Intendantin Karin Baier ebenso ein bestimmtes Gesicht wie in Berlin die Deutsche Oper mit Intendantin Kirsten Harms oder die Münchner Philharmoniker mit Generalmusikdirektor Christian Thielemann.
    Obwohl weder die Personalisierung an sich noch ihre weitreichende Bedeutung eines Beweises bedürfen – beide sind schließlich seit langem historisch evident und kulturell in vielfachen Ausprägungen entwickelt –, sind in den letzten Jahren insbesondere im Bereich der Wirtschaft umfängliche empirische Forschungen zu dem Thema angestellt worden. 4
› Hinweis
Deren »Wissenschaftlichkeit« wurde und wird jedoch mit guten Gründen bezweifelt. Wenn beispielsweise die international tätige PR-Agentur Burson-Marsteller mit der Erkenntnis aufwartet, dass der Vorstandsvorsitzende oder CEO (= Chief Executive Officer) »für 95 Prozent der Befragten eine ausschlaggebende Rolle beim Aktienkauf spielt« 5
› Hinweis
, dann mag eine solche Feststellung zwar richtig sein. Sie dient

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