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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und die Erinnerung gewachsen.
    »Suchen wir in Thüringen«, sagte Wachter, nachdem er alle Karten, Aussagen, Berichte und Mutmaßungen durchgelesen hatte. »Merkers … da muß es gewesen sein. Im Bergwerk Kaiseroda II/III. Wenn man nur wüßte, wo dieser Captain Silverman lebt! Er hat's gesehen, sagt er. Er hat den Transport nach Frankfurt zusammengestellt. Und auf diesem Transport sind drei Lastwagen mit zwanzig Kisten angeblich vom deutschen ›Werwolf‹ überfallen und geraubt worden. Zwanzig Kisten … das könnte genau das Bernsteinzimmer sein! Silverman behauptet das auch … Meine Lieben, wir müssen in Merkers anfangen mit der Suche. Noch einmal! Wozu nach Österreich fahren? Nach Grasleben? Das alles sind nur falsche Spuren.«
    Mit dem Zug fuhren sie von Berlin nach Weimar, und hier zeigte sich die Macht des Ausweises von Wassilissa Iwanowna. Sofort bekam sie vom sowjetischen Militärkommandanten einen Wagen, keinen mit Armeenummer und braungrau gestrichen, sondern einen unauffälligen Privatwagen, dessen wahre Identität nur die Tankwarte kennenlernten, denn Benzin bekamen die Wachters und die Jablonskaja kostenlos gegen Vorlage der sowjetischen Bescheinigungen.
    In Merkers hatte sich wenig verändert. Das Salzbergwerk arbeitete nur mit halber Kapazität, Grubendirektor Eberhard Moschik war vor zwei Jahren gestorben, und Grubeninspektor Johannes Platow, der 1945 Eisenhower, Patton und Bradley in die riesige Salzhalle geführt und ihnen die Schätze gezeigt hatte, konnte sich an nichts mehr erinnern. Vor ebenfalls zwei Jahren war er abends nach seinem Stammtisch im ›Grünen Baum‹ von einem unbekannten Auto angefahren und durch die Luft geschleudert worden. Er hatte überlebt, aber der Schädelbruch, den er erlitten hatte, machte ihn zum Invaliden, der sich an nichts mehr erinnern konnte.
    Die neue Grubendirektion zeigte sich sehr hilfsbereit. Mit einem Obersteiger fuhr man die ›Kommission‹, wie die Jablonskaja sie vorstellte, 450 Meter tief in den Berg hinunter und zeigte ihnen die Hallen, in denen 1945 die wertvollsten Schätze der Berliner Museen, fast das gesamte Reichsvermögen in Gold – und das Bernsteinzimmer – versteckt gewesen waren. Eine bedrückende Leere dehnte sich vor ihnen aus, geblieben war nur das Gleis der Schmalspurbahn, das die riesige Haupthalle durchzog.
    »Hier also war es …«, sagte Wachter leise, genau wie damals Eisenhower, der ergriffen vor den Kunstschätzen gestanden hatte.
    »Man nimmt es an.« Der Obersteiger zuckte mit den Schultern. »Ich war damals fünfzehn Jahre alt, mein Vater hat mir erzählt, daß Wehrmacht und SS waggonweise Kisten, Kartons und Säcke in den Schacht gebracht hätten. Aber keiner von uns, das schwöre ich, hat gewußt, was es ist. Die meisten wußten überhaupt nichts. Sie wußten nicht mal, daß hier in der Nähe das neue Hauptquartier von Hitler gebaut wurde und daß bei Saalfeld der Gauleiter Koch unterkriechen wollte. Daß unter der Erde viel gebaut wurde, das haben wir gesehen … aber wozu, danach hat keiner gefragt. Wir hätten ja auch keine Antwort bekommen.«
    »Könnte es sein, daß in den unterirdischen Bunkern und Gängen des geplanten Hitler-Hauptquartiers auch zwanzig Kisten versteckt worden sind?«
    »Warum nicht? Platz war genug da. Eine ganze Bunkerstadt unter der Erde.«
    »Ich habe die Pläne hier.« Die Jablonskaja klopfte auf ihre lederne Umhängetasche. »Ich wollte sowieso in diese Unterwelt steigen.«
    Sie sprach russisch, Nikolaj übersetzte es, aber der junge Obersteiger schüttelte den Kopf. »Das können Sie sich sparen«, sagte er. »Da unten ist alles leer. Wenn was drin gewesen war, dann hat das der Amerikaner mitgenommen.« Er machte eine weite Handbewegung durch die Salzhalle. »Sie haben ja auch hier alles mitgenommen. Zurückgelassen haben sie aufgerissene Kisten, Koffer, Kartons, Schatullen und Säcke.«
    »Es ist und bleibt die einzige wichtige Spur«, sagte Wachter, als sie wieder über Tage waren und mit dem Grubendirektor und dem Obersteiger in der Kantine zusammensaßen und ein Pilsener Bier tranken. »Von hier gingen die zwanzig Kisten aus Königsberg mit einem US-Konvoi nach Westen. Und die drei Lastwagen mit den zwanzig Kisten verschwanden spurlos und wurden erst später leer wiedergefunden.«
    »Mit einem toten Fahrer. Einem Neger«, fügte der Grubendirektor hinzu. »Wenn ich mich daran erinnere, mein Gott, war das damals ein Rummel! Ein Fahrer tot, zwei Fahrer vermißt, die Ladung gestohlen

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