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Das Bernsteinzimmer

Das Bernsteinzimmer

Titel: Das Bernsteinzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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… die Amis müssen eine halbe Armee auf Suche geschickt haben. Es wimmelte nur so von Panzern, Infanterie, Hubschraubern und Geschützen.« Er sah zu Wachter hinüber, der stumm in sein Bierglas starrte. »Glauben Sie, in den zwanzig Kisten könnte das Bernsteinzimmer gewesen sein?«
    »Es war in den Kisten!« Wachter umklammerte sein Bierglas. »Wie kommen wir nur an diesen ehemaligen Captain Silverman heran? Er muß doch zu finden sein.«
    »Nicht in Amerika.« Die Jablonskaja blätterte in ihren Unterlagen. »Wir haben in Moskau alles versucht … ohne Ergebnis. Die US-Botschaft kann überhaupt nichts feststellen, da alle Anfragen in Washington mit No beantwortet werden. Briefe an den Geheimdienst OSS sind völlig sinnlos, man weiß nicht, ob sie ankommen, man erfährt keine Reaktion, man setzt uns vielleicht sogar auf die Liste der Personen, die besonders überwacht werden müssen. Man umgibt diesen Silverman mit einer Mauer des Schweigens.«
    »Ein Beweis, daß er mehr weiß als alle anderen.« Nikolaj blickte hinüber zu seinem Vater. »Wir sollten eine Anzeige aufgeben. In der New York Times – das ist Amerikas größte Zeitung.«
    »Und wenn er in Kalifornien oder Alaska lebt … da liest er vielleicht nicht diese Zeitung. Das müßte schon ein Zufall sein.«
    »Der General Zufall hat schon manche Schlacht gewonnen«, sagte die Jablonskaja. »Nikolajs Rat ist gut. Eine Suchanzeige in der New York Times – versuchen sollten wir's.«
    »Und welche Adresse geben wir an?« Wachter trank sein Glas Pils leer.
    »Puschkin? Da wird nie ein Brief ankommen. Berlin-Ost? Ein ungutes Gefühl habe ich. Nennen wir eine westdeutsche Adresse.«
    »Vielleicht in Frankfurt.« Nikolaj sah, wie sein Vater nachdenklich nickte. »Silverman war in Frankfurt als OSS-Offizier. Liest er die Anzeige mit der Frankfurter Adresse, kann er ahnen, wer ihn sucht.«
    Bevor sie aber diese Anzeige an die New York Times schickten, fuhren sie nach Wassilissas Plänen alle Orte ab, wo man das Bernsteinzimmer, genauer, wo man große Kisten gesehen hatte, transportiert von Wehrmacht, SS und sogar der Luftwaffe.
    Sie besuchten fünfunddreißig Schlösser und Burgen, unterirdische Stollen und Klöster, Bergwerke und Höhlen, krochen durch Kellergewölbe und Felsengänge, sprachen mit Bürgermeistern, Verwaltern, Äbten, Pfarrern und Schloßangestellten … überall wollte man die großen Kisten gesehen haben, die dann Mitte April wieder weggebracht worden waren. Von deutschen Fahrzeugen mit unbekanntem Ziel.
    »Die Daten stimmen«, sagte die Jablonskaja, während sie erneut vor ihrem Aktenstapel saß. Sie hatten in Frankfurt eine Wohnung gemietet und hatten von hier aus auch Grasleben und die Fundorte im Raum Göttingen besucht. Im Gegensatz zu Thüringen und Sachsen zeigten sich die westdeutschen Behörden äußerst abweisend, ja sogar aggressiv, vor allem, wenn Wassilissa Iwanowna ihre sowjetischen Vollmachten vorlegte.
    »Das haben wir gern«, wurde ihr einmal von einer Stadtratssitzung erzählt. »Kommen die Russen hierher und wollen schnüffeln! Nach gestohlenen Kunstwerken! So eine Frechheit! Und was haben die geklaut! Halb Ostpreußen! Königsberg heißt jetzt Kaliningrad! Man sollte ihnen sagen, daß sie uns kreuzweise … Ritze rauf und Ritze runter!«
    Über ein halbes Jahr war jetzt vergangen. Hunderte von Spuren gab es, aber keine war die richtige. »Wenn man das alles zusammennimmt, die Daten und die Beobachtungen«, sagte die Jablonskaja, »dann war das Bernsteinzimmer zu gleicher Zeit an vierzehn verschiedenen Orten. Wo aber war's wirklich?«
    »Das kann nur Silverman wissen.« Michael Wachter schob die vor ihm liegenden Listen von sich. »Die Anzeige in der New York Times ist wirklich die einzige Möglichkeit, ihn zu finden.«
    Kurz vor Weihnachten erschien in Amerikas meistgelesener Tageszeitung die Anzeige:
    Wir bitten Mr. Fred Silverman, ehemaliger Captain der US-Army in Deutschland, 1945 im Raume Merkers stationiert, um ein Lebenszeichen. Es wäre schön, uns wiederzusehen. Fred, melden Sie sich und schreiben Sie an folgende Adresse …
    Sie gaben keinen Namen an, nur die Straße, die Hausnummer und das Stockwerk. Eine teure Anzeige war's, aber die Rechnung bezahlte die sowjetische Botschaft in Rolandseck am Rhein, gegenüber dem Drachenfels und Bad Honnef.
    »Jetzt können wir nur warten«, sagte Nikolaj. Weihnachten war nicht weit. Schweren Herzens dachte er daran, daß er dieses Jahr nicht mit den Kindern unter einem nach

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