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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Gelächter.
    »Du hättest nicht weglaufen sollen, Mädchen!«

Achtes Kapitel
 
    S ämtliche Instinkte rieten mir: Beweg dich, flieh, schifte, irgendetwas; aber die Worte galten nicht mir. Ich hörte ein Klatschen, eine heftige Ohrfeige. Ein Mädchen schrie auf, dann ein atemloser dumpfer Aufschlag, gefolgt von brüllendem Gelächter.
    »Du weißt, dass es schlimmer ist, wenn du wegläufst«, sagte ein Junge. Wahrscheinlich eine Straßenbande. Er klang wie der Anführer. »Du hättest uns nur deinen Beutel geben müssen, aber jetzt müssen wir dir wehtun.«
    Stöhnen, ein Schlag und Wimmern.
    Bleib ganz still. Rühr dich nicht.
    Ich legte die Hände über die Ohren, aber ich hatte so viele Schläge erlitten, dass ich die Bedeutung dieser Geräusche nicht zu verleugnen vermochte. Das Mädchen schrie. Dann schluchzte es aus Angst und vor Schmerzen. Langsam schob ich mich auf dem Boden unter der Bank weiter, bis ich etwas sehen konnte. Es waren drei. Zwei Jungen, ein Mädchen. Alle sahen ungefähr wie sechzehn aus. Ein zweites Mädchen, etwa genauso alt, lag auf der Straße, neben ihr ein Beutel.
    Der Anführer der Bande beugte sich in Richtung Beutel.
    »Bitte nicht! Ich brauche sie«, sagte das Mädchen und griff danach.
    »Wir brauchen sie nötiger.« Er versetzte ihm einen Fußtritt, woraus es sich zu einem Ball zusammenrollte.
    »Sie werden euch nichts nützen!«
    »Man kann alles an irgendwen verkaufen.« Er trat dem Mädchen auf das Bein. Sie schrie, als etwas knackste. »Vielleicht sogar dich.«
    Ich rollte mich unter der Bank hervor und stand auf. Die Bande drehte mir den Rücken zu und trat auf das weinende Mädchen ein. Sie wollten sie töten.
    Sie ist eine Baseeri. Sie würde dir nicht helfen. Wahrscheinlich nicht, aber Unrecht blieb Unrecht in jeder Stadt.
    Ich erwischte den ersten Jungen, ehe er wusste, dass ich da war. Ich trat ihn in die Kniekehle. Er ging zu Boden, hielt sich das Bein und brüllte. Ich hörte ihn kaum, weil so viele Stimmen in meinem Kopf schrien.
    Tali: Hilf dem Mädchen und renn weg!
    Aylin: Halt dich raus und versteck dich!
    Danello: Rolle und greife von hinten an!
    Ich machte einen Satz und rollte, damit riss ich dem Mädchen der Bande die Beine weg. Es landete hart auf den Steinen und schrie.
    Der Anführer bewegte sich bereits, als ich aufsprang. Er ging in Kampfstellung und musterte mich genau. »Freunde mitgebracht, was?«
    »Lass sie in Ruhe!«
    »Oder was? Du wirfst mich um und tust mir weh?«
    »Ich werde dich töten.« Ich lächelte, so wie ich Resik angelächelt hatte. Ich hoffte, das wirkte ebenso entnervend. »Aber du wirst erst in ein paar Tagen sterben.«
    Er lachte. »Ich sehe keine Waffe bei dir.«
    »Vielleicht bin ich eine Waffe.«
    Der andere Junge war wieder auf den Beinen und half seiner Freundin. Sie presste eine Hand auf den Rücken, Tränen rollten über ihr Gesicht. Der Bandenführer würdigte die beiden keines Blickes.
    »Ich glaube, du lügst«, sagte er.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Es ist dein Leben.«
    »Iesta, warte!« Der andere Junge legte ihm die Hand auf den Arm.
    Iesta? Das war dieselbe Bande, zu welcher der nette Junge, der mich gerettet hatte, gehörte? Da schwand die Hoffnung, sie könnten mir helfen, Tali und die anderen zu finden.
    »Was ist, wenn sie eine von denen ist?«
    Iesta zögerte. Dann lachte er wieder, aber es klang nicht so großspurig wie zuvor. »Sie hat keine Rüstung. Sie kann uns nicht verletzen.«
    Ich schob mich näher an das wimmernde Mädchen auf der Straße heran. Sie trug Sandalen. Der Spann war nackt und innerhalb meiner Reichweite. Ich hoffte, Iesta wäre so eingeschüchtert, dass er uns in Ruhe ließ; aber er sah nicht so aus wie ein Kerl, der einen Kampf verließ. Er sah eher aus wie ein Kerl, der sehr leicht in Wut geriet. Und wütende Menschen machen Fehler.
    »Angst vor einem kleinen Mädchen, Iesta?« Wenn ich Iesta nicht dazu bringen konnte wegzugehen, musste ich ihm wehtun. Nein, nicht wehtun. Töten. Keine Straßenbande, die ich je gekannt hatte, konnte Heilung bekommen - nicht einmal der Anführer. Bitte lauf weg!
    Iesta ging nicht mehr hin und her, sondern funkelte mich wütend an. Sein Kumpel schüttelte den Kopf.
    »Siehst du? Siehst du? Sie will, dass du kämpfst. Aber kein Mädchen hat genug Mumm dafür.«
    Iesta räusperte sich. »Oder sie will, dass ich das denke.«
    Dann griff er an. Er sprang so schnell wie eine Raubkatze. Ich packte seinen Arm, drehte ihn, wie Danello es mir gezeigt hatte, und

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