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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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bist diejenige, die essen muss!«
    Was ich wirklich dringend brauchte, war eine Möglichkeit, mich von meiner Schuld zu befreien. Aber ich hatte den Preis für Talis Leben freiwillig bezahlt, und es sollte nicht schwierig sein, diese Schuld über Bord zu werfen.
    An der Vordertür des Stadthauses wurde gerüttelt. Ich sprang hoch und rannte ins Foyer. Tali folgte. Diesmal blieb sie der Tür fern, ohne dass ich es ihr hätte befehlen müssen.
    Aylin trat ein. Ein Junge von vielleicht etwa zwölf Jahren folgte ihr. Er war ziemlich dreckig. Wahrscheinlich hatte er sich eine Zeitlang versteckt. Er war auch zaundürr, und sein Gesicht erhellte sich bei dem Geruch von Fischsuppe. Wahrscheinlich hatte er nichts gegessen, während er sich versteckte. Als letzter kam Danello herein. Er warf noch einen übervorsichtigen Blick auf die Straße, ehe er die Tür schloss.
    Kein gutes Zeichen. »Langsam habe ich mir Sorgen gemacht.«
    »Wir waren auf dem Rückweg besonders vorsichtig«, sagte Aylin. Sie warf Tali einen Blick zu und schaute mich so an, dass ich auf Anhieb wusste, dass etwas nicht stimmte. So viele Dinge konnten nicht stimmen. Ich wagte kaum zu raten, worum es sich diesmal handelte. »Aber wir haben ihn gefunden.« Sie schob den Jungen vorwärts.
    »Winvik!«, stieß Tali hervor und rannte zu ihm. Er schien ebenso froh zu sein, sie zu sehen. »Ich dachte, du hättest Geveg verlassen.«
    »Hab's versucht, aber ich konnte kein Boot zu den Marschhöfen bekommen.«
    »Ihr kennt euch?«, fragte Aylin.
    Tali nickte. »Winvik war in meiner Klasse in der Heilergilde.«
    »Und auch im Turmzimmer?«, fragte ich leise.
    »Ja.« Ein Anflug von Angst lief über ihr Gesicht. Also hatte die Gilde Winvik auch gezwungen zu heilen, bis er so viel Schmerzen aufgenommen hatte, dass er sich nicht mehr bewegen konnte. Kein Wunder, dass er das Risiko zu verhungern auf sich genommen hatte, um frei zu bleiben.
    »Willkommen, Winvik«, sagte ich lächelnd. Weder Aylin noch Danello lächelten.
    Winviks Magen grummelte. »Und jetzt bin ich in Sicherheit?«
    »So sicher, wie wir sind.« Schritte kamen die Treppe herunter und Gesichter lugten übers Geländer auf uns hinunter. »Noch ein Gast«, rief ich.
    Im Augenblick hatten wir vier weitere Löser im Stadthaus, Menschen, die wir davor gerettet hatten, dass der Herzog Experimente an ihnen vornahm, indem er sie mit Schmerzen anfüllte, um zu sehen, ob sie spezielle »Fähigkeiten« entwickelten, die er für seine Zwecke einsetzen konnte. Bis jetzt war es mir noch nicht gelungen, diese Zwecke zu erraten, aber das war Teil unseres Plans.
    Schritt Eins: So viele Löser wie möglich retten und sie vom Herzog fernhalten.
    Schritt Zwei: Herausfinden, was der Herzog mit ihnen bezweckt.
    Schritt Drei: Dem Einhalt gebieten.
    Selbstverständlich waren die Schritte Zwei und Drei viel schwieriger als wir erwartet hatten, aber mit Schritt Eins kamen wir recht ordentlich voran. Und um ehrlich zu sein: Dieser war am wichtigsten.
    Danello räusperte sich.
    Ein Gefühl im Bauch sagte mir, dass das, was er uns erzählen würde, unseren Plan zunichte machen würde.
    »Tali«, sagte ich. »Warum bringst du Winvik nicht in die Küche für ein bisschen Suppe?«
    Einen Herzschlag lang runzelte sie die Stirn. Sie wusste, dass ich sie loswerden wollte. »Klar. Komm, hier entlang.«
    Aylin sah ihnen nach und trat näher. Danello ebenso.
    »Was ist passiert?«, fragte ich.
    »Das.« Danello gab mir ein zusammengefaltetes Blatt Papier.
    Ich breitete es aus, und mir blieb die Luft weg.
    Ein Steckbrief mit meinem Gesicht und darunter eine Belohnung von fünftausend Oppa.
    Fünftausend Oppa!
    Ihr Heiligen! Für das Geld würde ich mich selbst melden.
    SCHIFTERIN MERLAINA OSKOV WEGEN MORDES GESUCHT
    Ich wurde wütend. Es war kein Mord. Es war ein Unfall gewesen ...
    Zertanik hatte sich gierig die Hände gerieben, der Erhabene hatte mit ungläubigen Augen alles beobachtet. Beide hatten mir die Leben von Tali und den anderen angeboten, wenn ich den Pynvium-Block der Gilde blitzte und die Schmerzen darin freisetzte, damit sie ihn stehlen und an die verkaufen konnten, welche seiner bedurften.
    Ich holte tief Luft. Nein, das war eine Lüge.
    Ich hatte keine Wahl gehabt. Geveg brauchte diesen Block, das einzige Pynvium, das in der ganzen Stadt noch vorhanden war. Ohne Pynvium hätten wir niemanden heilen und dann die Schmerzen in dem Metall abladen können, wo es keine Schmerzen mehr verursachte. Zertanik hatte das nie interessiert.

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