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Das blaue Siegel

Das blaue Siegel

Titel: Das blaue Siegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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Burns & Burroughs wird Ihnen die entsprechende Summe auszahlen, Mr. Gowers. Brauchen Sie sonst wirklich nichts? Einen Arzt?« Er sah, dass die Wunde am Handgelenk des Investigators noch immer blutete.
    »Nein, danke«, sagte Gowers und schloss die Augen. »Ich brauche jetzt nur noch ein Schiff nach England!«
     

141.
     
    Wären nicht die kleinen Versorgungsdampfer Phönix und Talbot Ende August in die Erebus Bay eingelaufen, hätten die zweihundertachtundsiebzig Männer tatsächlich auf einem einzigen Schiff zurück nach England fahren müssen. So konnte diese geschlagene Armee ein wenig komfortabler untergebracht werden, und vor allem ihre Befehlshaber waren in der Lage, auf der Phönix vorauszufahren und möglichst schnell ihre Berichte an die Admiralität abzusetzen. Die waren traurig genug: Ihrer Majestät Schiff Investigator  – aufgegeben in der Bay of Mercy. Die Schiffe Resolute und Intrepid  – aufgegeben im Meereis des Melville-Sunds. Die Assistance und die Pioneer  – aufgegeben im nördlichen Teil des Wellington-Kanals.
    Von Collinson wusste man nur, dass er auf den Princess Royal Islands gewesen war und nach Osten fahren wollte. Ansonsten hatte Belcher diese letzte britische Expedition in der Arktis schlicht und einfach im Stich gelassen. 12 Alles in allem ein desaströses Ergebnis, dem noch ein erheblicher Papierkrieg folgen würde. Besser also, man brachte es so schnell wie möglich hinter sich.
    Die Northstar war trotz ihrer kleinen Dampfmaschine deutlich langsamer und musste in der Baffin Bay lange gegen den Südwind kreuzen. Vor einem ebenfalls recht unfreundlichen Sturm hatte man an der grönländischen Küste Schutz gefunden, konnte die Fahrt aber nach vier Tagen, als sich der Himmel allmählich freigeblasen hatte, wieder aufnehmen. Leider hatte der Sturm eine unübersehbare Zahl von zwar dünnen, aber lästigen Eisschollen hinterlassen, die, mit dem Wind treibend, ihren Weg nach Hause noch zusätzlich erschwerten.
    Es gab zu viele Seeleute an Bord, und so kam es, dass John Gowers, eigentlich ohnehin nur noch Passagier an Bord Ihrer Majestät Schiffe, ganze Tage auf dem Achterdeck saß, da das Wetter nun einigermaßen freundlich blieb. Deshalb sah er sie doch noch, an einem strahlenden, frostklaren Morgen, in langer Kette von Norden heranschwimmen, glänzend unter der Sonne und gestochen scharf vor dem blauen Himmel. Sie zogen heran wie riesige weiße Schiffe, sechzig, achtzig, hundert Meter hoch und bis zu fünfhundert Meter lang.
    Kapitän Pullen ließ sie passieren und brachte die Northstar dann mit einem Abstand von weniger als einer halben Meile in ihr Kielwasser, denn die Eisberge trieben aufgrund ihres ungeheuren Tiefgangs von mehreren hundert Metern nicht mit dem Wind, sondern mit der südlichen Strömung und brachen dem kleinen Schiff eine Bahn durch die Eisschollen, die nach Norden geschoben wurden. Das hieß: Im Schutz dieser Riesen kamen sie schneller voran.
    John sah, dass der Eindruck von Leben rings um die Eisberge keine bloße Illusion war. Das Süßwasser, das in manchmal hundert Fuß langen türkisfarbenen Wasserfällen von ihren Gipfeln herabstürzte, das Sediment, das sie mit sich führten und bei ihrem langsamen Wegtauen preisgaben, bildeten nährstoff- und sauerstoffreiche Verwirbelungen im Meerwasser an ihrer Basis und zogen Fischschwärme, Sattelrobben und Scharen von Seevögeln an. An der Wasserlinie schlug die Brandung gegen ihre steilen, oft senkrecht ins Meer abfallenden Wände, bildete Höhlen, Eisbrücken, grünlich schimmernde Grotten, die das Gefühl noch verstärkten, nicht auf Gebilde aus gefrorenem Wasser, sondern auf Küstenklippen zu blicken, die in majestätischer Ruhe nach Süden zogen.
    Wie groß mussten die Gletscher sein, fragte sich der Junge, von denen diese Giganten nur Bruchstücke waren? Wie konnte überhaupt jemand ernsthaft annehmen, dass es ein eisfreies Polarmeer, eine eisfreie Welt im Norden gab, wenn so etwas zuverlässig in jedem Jahr selbst die Davis-Straße versperrte? Schulfüchse! Dumme graue Theorien, aus dumpfen Gelehrtenstuben aufgestiegen wie Miasmen, wie Mückenschwärme über einem Sumpf!
    Alles, was sie getan hatten, das Vorwärtstasten, das Kriechen hierhin und dorthin, das Ziehen der Schlitten, Knirschen seiner eigenen Schritte im frisch gefallenen Schnee, all ihre nächtlichen Feuer, Sprengladungen – alles, was sie getan hatten , verblasste vor diesen letzten Zeugen des großen weißen Schweigens, das ihn vier Jahre

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