Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
Frau gefährlich werden.«
    Â»Was sind denn das für freche Reden?«, fuhr Flora auf und versetzte der Freundin eine leichte Kopfnuss.

    Konstantin hielt Wort: Flora durfte tatsächlich Blumen fürs Casino liefern. Der Auftrag dafür kam von Fürstin NadeshdaStropolski und sie engagierte Flora für den letzten Tag des Spielbankbetriebs.
    Dass ihre Blumen gerade an diesem Tag die eleganten Räume zieren sollten, empfand Flora fast als eine Ironie des Schicksals. Mit schwerem Herzen platzierte sie ein majestätisch wirkendes Blumengesteck aus tiefroten und mit Tinte schwarz eingefärbten Rosen neben dem Roulettetisch. Dann trat sie einen Schritt zurück und beobachtete das Treiben.
    Wie hatte sich ihr eigenes Blatt gewendet seit dem Abend, an dem sie an genau diesem Tisch ihren Notgroschen verspielt hatte!

    Normalerweise war ein Großteil der Kurgäste so spät im Herbst längst abgereist, doch an diesem 31 . Oktober drängten sich um die Roulettetische Trauben von Menschen. Die russische Sprache mischte sich mit der englischen, die gutturalen Klänge des Portugiesischen waren ebenso zu hören wie deutsche Dialekte. Nicht jeder verstand jeden, aber alle verstanden die Sprache der Kugel, die klirrend und frivol über die Zahlen und Farben polterte.
    Welch herrlich aufgekratzte Stimmung herrschte selbst an diesem letzten Tag!
    Nadeshda Stropolski und Konstantin saßen an einem der Tische. Die Fürstin sah nicht gut aus, fand Flora, ihr Gesicht wies eine regelrechte Leichenblässe auf. Mechanisch streichelte sie ihren Schoßhund, ohne sich weiter um dessen Kapriolen zu kümmern.
    Konstantin hingegen schien bester Laune zu sein. Lachend umarmte er seinen Nebenmann und drückte ihm sogar stürmisch einen Kuss auf die Wange. Der Mann revanchierte sich mit einem herzhaften Knuff in Konstantins Seite.
    Flora schmunzelte. Wie Konstantin sich freuen konnte! Und wie selbstvergessen er in sein Spiel vertieft war.
    Wann war ihr eigentlich das letzte Mal so leicht ums Herz gewesen? Vielleicht als sie mit Seraphine am Blumen-ABC gearbeitet hatte? Ja, da hatte es solche Momente gegeben, beim Spiel mit Worten, Blumen und Ideen. Trotzdem hatte über allem der Druck gelegen, rechtzeitig zur Saison fertig werden zu müssen.
    Und wann immer sie hingebungsvoll mit ihrem Blumenschmuck beschäftigt war, begleitete sie gleichzeitig die Sorge, nur ja etwas abzuliefern, was den Wünschen der Auftraggeber entsprach.
    Im Gegensatz dazu schienen die Spieler sorgenfrei zu sein wie kleine Kinder …
    Konstantin schaute auf, winkte Flora zu, formte ein Wort, das sie als »Später!« deutete. Sie nickte freudig.
    Ja. Später. Sie wollte ihn doch fragen, ob ihr Farn ihm tatsächlich Glück im Spiel gebracht hatte und –
    Â»Das letzte Spiel, meine Damen und Herren!«, rief der Chefcroupier laut, woraufhin ein atemloses Raunen durch den Saal ging. Abrupt wandte Konstantin seinen Blick wieder dem Tisch zu.
    Auf Zehenspitzen beobachtete Flora, wie das Rad ein letztes Mal in Bewegung gesetzt wurde. Der letzte Wurf am Roulettetisch erbrachte die Ziffer neun und die Farbe Rot. Flora bekam nicht mit, wer der glückliche Gewinner war.

    Das letzte Rien ne va plus der Croupiers war noch nicht ganz verklungen, als ein halbes Dutzend Bediensteter des Conversationshauses an Flora vorbeischritt und mit vereinten Kräften begann, den riesigen Teppich von der Seite her aufzurollen. Andere Bedienstete schoben Leitern in den Saal und löschten zum letzten Mal die Lichter der Kronleuchter, ohne sich weiter um die Gäste zu kümmern.
    Diese schlichen davon, die Köpfe eingezogen wie geprügelte Hunde.

    Als Flora am Tag darauf von einem Friedhofsbesuch zurückkam – sie hatte Kuno ein paar übriggebliebene Rosen gebracht –,fuhr Droschke um Droschke an ihr vorbei. Reiter mit Handpferden und hochbeladene Wagen aller Art ergänzten den Tross, der stadtauswärts eilte, als gelte es, vor der Pest zu flüchten.
    Wohin zog es sie, nun, da die Tage grau wurden? Was war in Paris, London oder Monte Carlo besser als in Baden-Baden? Wer würde dort ihre Blumensträuße binden?
    Der Kies knirschte laut, als Flora einsam die Promenade entlangschritt. Die Schaufensterauslagen links und rechts von ihr waren leer, die kleinen Tischchen und Stühle der Cafés fortgeräumt, nirgendwo lag mehr Kaffeeduft in der Luft oder war das Plopp! eines

Weitere Kostenlose Bücher