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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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zerknüllte bekümmert ihr Taschentuch.
    Â»Du meine Güte, Friedrich reist doch nicht nach Amerika oder Feuerland! Im deutschen Kaiserreich sind alle der deutschenSprache mächtig, also …« Flora hob die Schultern, als wolle sie sagen: Warum macht ihr solch einen solchen Aufstand?
    Hannah räusperte sich. »Wir Gönninger sind das Reisen gewohnt, aber ich kann mir vorstellen, dass es für andere Menschen sehr aufregend ist«, sagte sie zu Flora. Und an Friedrich gewandt fügte sie hinzu: »Du schaffst das bestimmt. Es wird schon seinen Grund haben, dass ausgerechnet du für eine so wichtige Aufgabe ausgewählt wurdest.« Eigentlich wäre es Floras Aufgabe gewesen, ihrem Mann vor seiner Reise ein wenig Mut zuzusprechen, ging es Hannah durch den Kopf. Immerhin schienen ihre Worte Wirkung zu zeigen. Wesentlich zuversichtlicher sagte Friedrich:
    Â»Vor vielen Jahren wurden unsere Wässer ja schon einmal untersucht, aber die Wissenschaft hat inzwischen einige Fortschritte gemacht, sodass man auf genauere Untersuchungsergebnisse hoffen darf. Und dann ist da auch noch der Badeschlamm! Ich bin der festen Überzeugung, dass er für Kranke von großem Nutzen sein könnte. Im Krieg hat man damit verletzte Soldaten behandelt und es hat ihnen gutgetan. Es fehlen lediglich noch die wissenschaftlichen Beweise …«
    Â»Jetzt siehst du, Mutter, wie es bei uns zugeht: Wasser, Wasser, Wasser, ein anderes Thema gibt es für meinen Mann nicht. Und das, wo mir ein Glas Sekt oder Wein viel lieber ist …« Obwohl Flora lachte, war ihr kritischer Unterton nicht zu überhören.
    Friedrich warf ihr einen Blick zu. »Du und deine flapsigen Bemerkungen – hier geht es um ernste Angelegenheiten! Wenn erst einmal richtige Kurgäste zu uns in die Stadt kommen, profitiert der Laden doch auch davon.« Seine Augen glühten. Er rutschte auf seinem Stuhl nach vorn, bis Hannah seinen Atem spüren konnte.
    Â»Der derzeitige Wandel macht vielen Menschen in der Stadt naturgemäß auch etwas Angst. Es gibt sogar den einen oder anderen Hotelier, der sich mit dem Gedanken trägt zu schließen, was meiner Ansicht nach grundfalsch wäre.«
    Flora gähnte.
    Hannah schaute zwischen Flora, Friedrich und Ernestine hin und her. Die Sonnenscheins waren eine seltsame Familie: Keiner schien sich richtig für den anderen zu interessieren. Friedrich hatte keinen Sinn für Floras Blumenliebe, sie dagegen verstand seine Faszination in Bezug auf das Heilwasser nicht und belächelte ihn ob seiner Reiseängste – und Ernestine mit ihrem sorgenvoll zerknüllten Taschentuch stand irgendwie dazwischen.
    Flora und Friedrich schienen vor lauter Begeisterung für die eigene Arbeit die Sorgen des jeweils anderen aus den Augen verloren zu haben.
    Vor Hannahs innerem Auge tauchte urplötzlich das Bild von zwei Holzstücken auf, die nebeneinander in einem reißenden Strom trieben – genau so kamen ihr Friedrich und Flora vor. Und es gab nicht einmal einen Flößer, der darauf achtete, dass sich die Hölzer nicht zu weit voneinander entfernten …

43 . K APITEL
    I sts an Lichtmess hell und rein, wirds ein langer Winter sein. Wenn es aber stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit.« Im Gehen drehte sich Flora zu ihrer Mutter um. »So lautet die alte Bauernregel doch, oder?«
    Es war der zweite Februar und obwohl es seit dem Vorabend kräftig schneite, hatten Flora und Hannah Kunos Grab am Morgen seines Todestags einen Besuch abgestattet. Ein Gesteck aus Tannengrün hatten sie für ihn vorbereitet. Ernestine wollte erst am Nachmittag gehen – sie hoffte auf besseres Wetter.
    Â»Hoffentlich trifft die Regel auch zu, bei diesem Wetter jagt man keinen Hund vor die Tür! Eins sage ich dir: Wenn Sabine den Ofen im Laden nicht angeworfen hat, geh ich gleich rüber in die Wohnung. Ich kann auch ein anderes Mal zugucken, wie du ein Schaufenster dekorierst«, sagte Hannah leicht mürrisch.
    Flora lachte. »Ich wusste gar nicht, dass du so zimperlich bist, Mutter! Hoppla, jetzt wäre ich fast ausgerutscht!« Erschrocken krallte sie sich an ihrer Mutter fest. Wie gut, dass sie Alexander bei Sabine gelassen hatte. Nicht auszudenken, wenn sie mit ihm auf dem Arm gestürzt wäre! Ihr Alexander, ihr Ein und Alles …

    Im Kanonenofen im Laden brannte tatsächlich ein knisterndes Feuer.

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