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Das Blumenorakel

Das Blumenorakel

Titel: Das Blumenorakel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Dabei – dieser Brief konnte ihr Leben verändern! Nein, das stimmte so nicht – er hatte es schon verändert. Nur wussten die am Tisch das noch nicht …
    Â»Leider hat sich die gesundheitliche Lage meines Vaters im Laufe der letzten Wochen nicht verbessert. Mehrmals am Tage schwinden seine Kräfte und er muss sich ausruhen, was für das Geschäft nicht sehr dienlich ist. Natürlich helfe ich, wo ich kann, aber inzwischen hat die Kursaison begonnen und ich werde anderweitig gebraucht.« Flora schaute in die Runde. »Friedrich arbeitet in der Trinkhalle …« Als niemand etwas sagte, fuhr sie fort:
    Â»Die Zwickmühle, in der ich sitze, ist Ihnen ja bekannt, ich will Sie nicht weiter damit langweilen. Aber eines möchte ich Ihnen versichern: In all den Monaten habe ich unser Gespräch nicht vergessen können. Immer wieder musste ich daran denken, wie der Zufall – oder sollte ich besser sagen, das Schicksal – uns zusammengeführt hat.«
    Floras Brüder stießen sich gegenseitig an und unterdrückten nur mit Mühe ein Prusten.
    Flora verzichtete darauf, sie zu rügen. Wie ärgerlich der Vater guckte! Er dachte doch nicht etwa, Friedrich Sonnenschein habe sich ihr auf eine unziemliche Art genähert? Kuckucksspucke! Es ging um etwas viel Wichtigeres. Ihr Herz pochte viel schneller als sonst, während sie weiterlas.
    Â»Lassen Sie mich nun zum Grund dieses Schreibens kommen, welches ich nach langem Zögern verfasst habe. Sie erwähnten, dass es Ihr sehnlichster Wunsch sei, den Beruf der Blumenbinderin zu erlernen. Vielleicht –«
    Â»Sehnlichster Wunsch Blumenbinderin? Sag mal, worüber hast du mit dem Mann denn noch geredet?« Konsterniert stemmte Hannah die Hände in die Hüften. »Ich verstehe gar nichts mehr.«
    Â»Das kommt mir auch seltsam vor! Wo warst du eigentlich während dieses Gesprächs?«, fuhr Helmut sie an. »Du hast Flora doch nicht etwa mit diesem Kerl allein gelassen?«
    Â»Blödsinn! Aber ich lausche doch nicht Wort für Wort, wenn sich meine Tochter unterhält«, entgegnete Hannah.
    Â»Mutter, Vater! Friedrich Sonnenschein fragt mich, ob ichLust habe, die Sommermonate über nach Baden-Baden zu kommen und seinem Vater ein wenig im Laden zu helfen«, platzte Flora heraus, bevor sich die Eltern in eine ihrer lautstarken Auseinandersetzungen verwickeln konnten. »Der alte Herr Sonnenschein würde mir im Gegenzug das Blumenbinden beibringen. Friedrich schreibt, ich müsste allerdings baldmöglichst kommen, sonst sei er gezwungen, sich anderweitig nach einer Aushilfe umzusehen …«
    Floras Ankündigung ließ alle Anwesenden wie die Figuren in einem Scherenschnitt erstarren.
    Â»Das wäre die Gelegenheit für mich, mehr übers Blumenbinden zu lernen! Kost und Logis bekäme ich umsonst, ich würde mit dem Dienstmädchen im selben Zimmer wohnen. Ihr müsstet kein Lehrgeld zahlen, versteht ihr? Friedrich schreibt, er hege die Hoffnung, dass es mit seinem Vater im Laufe des Sommers wieder bergauf geht, deshalb will er niemanden fest anstellen. Wenn ich die nächsten Monate über aushelfen würde, täte ich der Familie einen großen Gefallen, schreibt er.«
    Flora schaute von einem zum anderen. »Mein sehnlichster Wunsch würde in Erfüllung gehen … Jetzt sagt doch was!«
    Helmut strich sich gedankenverloren über seinen Bart, immer und immer wieder.
    Â»Wenns wirklich nur für diesen Sommer ist …«
    Â»O nein, komm mir bloß nicht so!«, fuhr Hannah dazwischen. »Wer soll mir denn dann bei der Arbeit auf den Feldern helfen? Ihr glaubt doch nicht allen Ernstes, ich rackere mich dieses Jahr abermals allein ab, während Flora fremden Leuten zu Diensten ist!« Die Ironie in Hannahs Stimme war nicht zu überhören. Die Verzweiflung aber auch nicht – sie hörte sich an wie jemand, dem die Felle wegschwammen und der dies wusste.
    Â»Und dann … Eine junge Frau monatelang allein in einer fremden Stadt! Also wirklich, Helmut, das ist doch alles viel zu gefährlich.«
    Â»Aber wenn Flora auf der Reise ist, heißt es auch nicht, dies sei zu gefährlich«, warf Siegfried ein.
    Â»Halt bloß den Mund!«, erwiderte Hannah spitz und versetzte ihrem Sohn eine Kopfnuss.
    Zum ersten Mal seit langer Zeit war Flora dankbar dafür, Brüder zu haben. Sie holte tief

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