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Das Blut der Lilie

Titel: Das Blut der Lilie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Shoppen
und Lunchen, und schon sind sie wieder zu Hause und platzen in deine
Nachmittagsparty hinein. Höchst unangenehm.
    Detoxende Mütter, also solche, die eine Entgiftung machen,
sind dagegen eine sicherere Sache. Entgiften bedeutet nämlich gewöhnlich ein
Flug nach Kalifornien, Darmspülungen, Entspannen in einer Jurte,
Salbei-Räucherungen und tränenreiche Auseinandersetzungen mit dem inneren Kind.
Schmerzhaft, ja, aber tränenreichen Auseinandersetzungen mit dem äußeren Kind
bei Weitem vorzuziehen.
    Â»Cool! Party bei dir zu Hause?«
    Â»Geht nicht. Der Fengshui-Mann ist da. Unser Karma ist
irgendwie total blockiert, weißt du?«
    Wohlstandsbuddhismus. Gibt’s nur in den Heights.
    Â»Aber Nick hat heute Abend ein paar Leute eingeladen«, fügt
Arden gleich hinzu.
    Tillie verabschiedet sich mit erhobenem Daumen und
verschwindet in ein Yogastudio.
    Nick ist Ardens Lover. Er geht auch auf die St. Anselm.
Während ich hinter Arden weitergehe, in ausreichendem Abstand, damit keine
Gefahr besteht, mit ihr reden zu müssen, kommt er aus Mabruk’s Falafel heraus,
packt sie und gibt ihr einen dicken, feuchten Kuss.
    Sein vollständiger Name ist Nick Goode, auch »Nicht Schuldig«
genannt, wegen der viele Male, die die Anwälte seines Vaters vor Gericht so
plädiert haben. Wegen Fahrens unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Wegen
Drogenbesitzes. Wegen Sich-Übergebens bei Starbucks an drei
aufeinanderfolgenden Vormittagen. Wegen öffentlichen Pinkelns am Spielplatz in
der Pierrepont Street. Er ist Engländer. Sein Dad und seine Stiefmutter, Sir
und Lady Goode, halten Papageien.
    Nicks zerzauste Locken glänzen golden in der Wintersonne.
Sein Kinn ist voller Bartstoppeln. Er trägt Stiefel, einen Kilt und ein Shirt.
Keinen Mantel, obwohl wir Dezember haben. Schöne Menschen brauchen keine
Mäntel. Sie haben ihre Aura, die sie wärmt.
    Als er wieder Luft holt, sieht er mich. Er springt herüber,
nimmt meine Hand und singt den ersten Vers aus I Want Candy und ersetzt dabei Candy durch Andi.
    Er hat eine tolle Stimme, einen Reibeisen-Bariton, bei dem
einem die Knie weich werden. Er riecht nach Zigaretten und Wein. Plötzlich hört
er auf zu singen und fragt mich, ob ich zu seiner Party komme.
    Â»Nicky!«, ruft Arden alarmiert von weiter vorn.
    Â»Bleib locker, Ard«, ruft er über die Schulter. »Ard – die
Kurzform für ›anstrengend‹«, flüstert er mir grinsend zu.
    Er nimmt mir meine Tüten aus der Hand und stellt sie auf den
Gehsteig. In einer sind Sandwiches. In der anderen siebzehn verschiedene Tuben
blaue Ölfarbe. Mom kämpft immer noch mit Trumans Augen. Heute Morgen ist sie
deswegen total ausgerastet. Sie hat sich erst beruhigt, als ich ihr sagte, sie
habe die falschen Farben, deswegen kriege sie die Augen nicht hin, und ihr dann
versprach, zu Pearl Paint zu gehen und die richtigen zu kaufen.
    Er nimmt meine Hand und berührt mit seiner Stirn die meine.
»Komm zu meiner Party«, sagt Nick. »Schließlich bin ich von Adel und du bloß
eine Leibeigene, also musst du tun, was ich sage. Spiel Gitarre. Unterhalt
mich. Mein Leben ist so verdammt langweilig, dass ich weinen könnte.«
    Â»Wow, das ist aber mal ein Angebot. Narr am Hof Seiner
Langweiligkeit.«
    Â»Na komm schon, du sexy Biest. Du scharfzüngige, hartherzige
kleine Hexe. Du bist das einzig interessante Mädchen in ganz Brooklyn.«
    Ich verdrehe die Augen. »Wie viel hast du heute geraucht? Ein
Kilo?«
    Â»Bitte komm. Ich will dich«, sagt er, streicht mit den Lippen
über meinen Mund und versucht, mich zu küssen.
    Keine gute Idee. Die schlechteste, tatsächlich. Ich stoße ihn
weg. »Hey, Mann. Ich bin doch kein Radicchio.«
    Â»Was?«
    Â»Radicchio. Den kennst du doch? Den scheußlichen roten Salat?
All die Göttinnen, mit denen du schläfst, Nick, verderben dir den Geschmack. Du
hast dir zu viele Süßigkeiten gegönnt, und jetzt sehnst du dich nach was
Bitterem.«
    Nick lacht sich halb tot. Wenn man Shit geraucht hat, kommt
einem jeder Langweiler komisch vor. Sogar TV -Talker
Letterman.
    Â»Ich muss weiter«, sage ich und mache mich los.
    Â»Andi, warte.«
    Aber ich warte nicht. Ich kann nicht. Hier auf der Henry
Street mit ihm zu stehen, bringt alles wieder zurück. Er erinnert sich kaum.
Zumindest sagt er das. Aber ich glaube, ihm ist alles noch ganz präsent

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