Das Blut der Rhu'u (German Edition)
nicht. Sie sollte erst mit ihrer Mutter sprechen. Falls dieses Gespräch ihr nicht weiterhalf, konnte er immer noch intervenieren.
Kara schlug die Augen auf und sah ihn an. Er lächelte.
»Guten Morgen, Kara.«
Sie fuhr hoch und blickte sich erschrocken um.
»Alles in Ordnung«, beruhigte er sie und unterstrich das mit einem sanften Kuss. Er spürte ihre Verlegenheit.
»Guten Morgen, Jarod.«
Sie errötete, was ihn zum Lachen brachte. Ein Sukkubus, den es verlegen machte, dass er Sex gehabt hatte – das entbehrte nicht einer gewissen Komik. Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht.
»Hey, es gibt keinen Grund, verlegen zu sein. Ich fand es wunderschön mit dir. Und keine Sorge: Ich habe ganz freiwillig mitgemacht und fühle mich garantiert nicht vergewaltigt.«
Das brachte sie zum Lachen. »Das beruhigt mich. Ich hatte befürchtet, dass du dich bei Tageslicht als Trostpflaster gegen meine Einsamkeit missbraucht fühlen könntest.«
Er schüttelte den Kopf. »Absolut nicht. – Ich lasse dir den Vortritt ins Bad. Darf ich in der Zwischenzeit Frühstück machen?«
Sie nickte. »Wenn du willst. Danke.« Sie zögerte nur kurz, ehe sie ihm einen flüchtigen Kuss gab, sich aus dem Bett schwang und – die Bettdecke um sich gewickelt – ins Bad ging.
Jarod ging ins Wohnzimmer, zog sich den Bademantel an und inspizierte den Inhalt des Kühlschranks. Als Kara zwanzig Minuten später aus dem Bad kam, hatte er Kaffee gekocht und den Tisch gedeckt. Während sie sich anzog, ging er ins Bad und setzte sich anschließend zu ihr an den Tisch.
Das Frühstück verlief schweigend. Kara war immer noch verlegen, hauptsächlich aber bedrückt.
»Wann willst du nach Lochinver aufbrechen?«, fragte er sie, als er ihr anschließend half, den Tisch abzuräumen und den Abwasch zu erledigen.
»Sofort. Wenn wir hier fertig sind.«
»Gute Idee«, stimmte er zu. »Ich werde mit meinem Wagen eine Strecke weit hinter dir herfahren, für den Fall, dass die Typen von gestern Abend dir folgen sollten.«
Sie seufzte und blickte ihn verzweifelt an. »Jarod, warum wollen die mich töten? Weil ich ein – ›Wechselbalg‹ bin?« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist doch Wahnsinn!«
Da hatte sie verdammt recht. Aber es gab nun mal Fanatiker, die alles vernichten wollten, was anders war. Er streichelte ihre Wange. »Sprich mit deiner Mutter, Kara. Wenn sie dir keine Antworten geben kann – und ich bin inzwischen zu dem Schluss gekommen, dass sie das vielleicht tatsächlich nicht kann –, dann werde ich sie dir geben.« Er hob die Hand, um ihren Protest abzuwehren. »Es ist in erster Linie eine Familienangelegenheit, und es steht mir nicht zu, dass ich mich da einmische, indem ich den Erklärungen deiner Mutter vorgreife. Sofern sie welche hat. Wie gesagt, wenn sie keine hat, bekommst du alle Antworten, die du brauchst, von mir.«
Sie seufzte. »Ich werde dich beim Wort nehmen.« Sie straffte sich und deutete mit dem Daumen über die Schulter zum Schlafzimmer. »Ich packe dann mal meine Sachen.«
Während sie packte, brachte Jarod die Couch in Ordnung, faltete die Decke zusammen und beseitigte jede Spur seiner Anwesenheit. Die Wahrheit würde Karas gesamtes Weltbild erschüttern, sie vielleicht sogar an ihrem Verstand zweifeln lassen. Aber da musste sie durch. Vor allem musste sie akzeptieren, was sie war, und daran arbeiten, die unerwünschten Nebenwirkungen ihrer Natur zu beherrschen.
Auf der Straße vor dem Haus war von den Angreifern nichts zu sehen, als Jarod Kara eine gute Stunde später half, ihr Gepäck im Auto zu verstauen, nachdem er seinen Wagen geholt hatte. Auch sonst konnte er nichts Ungewöhnliches entdecken. Er folgte ihr in sicherem Abstand und begleitete sie bis Perth, ehe er sich absolut sicher war, dass niemand ihr folgte. Dann kehrte er um und fuhr nach Edinburgh zurück, um herauszufinden, wer die Angreifer waren, die offensichtlich ganz genau wussten, was für ein Geschöpf sie in Kara vor sich hatten.
2
Das Haus in Lochinver sah immer noch genauso aus wie bei Karas letztem Besuch, als sie nach der fast vier Stunden dauernden Fahrt die etwa 220 Meilen von Edinburgh hierher hinter sich gebracht hatte. Fünf der sieben Stellplätze an der rechten Seite des Hauses waren belegt. Drei der parkenden Autos trugen ausländische Kennzeichen. Kara stellte ihren Wagen auf einen der beiden noch freien Plätze neben das Auto ihrer Mutter. Sie fuhr immer noch den dunkelgrünen Nissan, den sie vor acht
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