Das Blut der Rhu'u (German Edition)
bis er eine Spur gefunden hatte, vielmehr herausgefunden hatte, wo sie verschwunden war. Der Ort sagte ihm alles. Gleichzeitig gab er ihm aber auch den Hinweis, wie er sie finden konnte – indem er nicht nach ihr suchte, sondern nach etwas ganz anderem.
Als er fündig wurde, machte er sich auf den Weg.
*
Jarod staunte nicht schlecht, als er auf ein ausgesprochen stürmisches Klingeln spät am Abend seine Tür öffnete und Cameron Wolf davor fand.
»Guten Abend, Mr Wolf. Darf ich fragen, was Sie um diese Zeit zu mir führt? Haben Sie es sich anders überlegt und wollen doch gegen die Gemeinschaft aussagen?« Er bat ihn mit einer Handbewegung herein.
Wolf schüttelte den Kopf und trat ein. »Kara steckt in üblen Schwierigkeiten. Ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen, um sie da rauszuholen.«
Jarod nickte und griff zum Handy. »Sagen Sie mir, wo sie ist, und ich schicke die Kavallerie.«
Wolf schüttelte erneut den Kopf. »Nur Sie und ich. Und ich muss gestehen, ich brauche Sie eigentlich nur als Ablenkungsmanöver.«
Jarod blickte Wolf misstrauisch an. »Der Part gefällt mir nicht. Hat mir noch nie gefallen. In jedem Fall schulden Sie mir eine Erklärung. Woher wissen Sie, wo Kara ist?«
»Das ist völlig irrelevant. Helfen Sie mir – vielmehr Kara – oder nicht?«
Für Jarod gab es in diesem Fall kein »oder nicht«. Nicht nur, weil ihm in diesem Moment bewusst wurde, dass Kara ihm mehr bedeutete als eine flüchtige Bekanntschaft oder der tolle Sex, den er mit ihr gehabt hatte.
»Natürlich helfe ich Ihnen, Mr Wolf. Aber Sie schulden mir trotzdem ein paar Erklärungen. Und kommen Sie mir nicht wieder mit ›Privatangelegenheiten‹. Aber erst mal: Wie sieht Ihr Plan aus?«
»Wir fahren nach Killin. In der Nähe – schön versteckt im Achmore Wood – ist ein Haus, in dem Kara gefangen gehalten wird.«
»Von wem?«
Wolf schnitt eine Grimasse. »Fragen ist wohl tatsächlich eine Berufskrankheit von euch Coppers. Ich erkläre es Ihnen unterwegs. Kommen Sie.«
Jarod nahm seine Jacke und bedauerte, dass er seine Dienstwaffe immer auf dem Revier im Waffenschrank ließ. Er ging mit Wolf zu seinem Wagen und fuhr stadtauswärts auf der A90 Richtung Nordwesten.
»Ich warte auf Ihre Erklärung, Mr Wolf.«
Der Mann seufzte tief, blickte ihn leidgeprüft an und grinste. »Sie geben wohl nie auf.«
»Niemals. Also?«
»Also: Karas Familie besteht aus insgesamt neun Mitgliedern. Die sind in zwei Fraktionen gespalten, die sich schon seit Jahrhunderten nicht grün sind. Was nicht das Schlechteste ist, denn bisher sind sie einander eben deshalb aus dem Weg gegangen. Aber jetzt geht es um ein Erbe, das ihnen allen gemeinsam gehört. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Die Gegenfraktion – sie nennt sich Bashir – will sich das gesamte Erbe unter den Nagel reißen. Sie haben Kara entführt, um die MacLeods zu zwingen, ihren Teil rauszurücken. Das ist im Groben die ganze Geschichte.«
»Mich interessieren die Feinheiten, Mr Wolf. Brennend.«
Wolf schüttelte den Kopf. »Mit denen könnten Sie nichts anfangen. Außerdem gehen die Sie nichts an.«
»Aber Sie? Warum?« Jarod warf ihm einen scharfen Blick zu. »Sie wissen verdammt viel über Karas Familie.«
»Quellenstudium. Ich erwähnte doch schon die formidable Bibliothek der Gemeinschaft des Lichts.«
Jarod schlug mit der flachen Hand aufs Lenkrad. »Hören Sie endlich auf mit dem Scheiß!«
»Dann hören Sie endlich auf zu fragen, Defensor Kane. Das Einzige, was Sie wissen müssen, ist, dass ich Kara aus der Gewalt der Bashirs befreien will. Der Plan dazu sieht denkbar einfach aus und besteht in der klassischen Methode. Sie lenken die Leute vorne ab, während ich mich hinten reinschleiche und Kara raushole. Und mehr werden Sie von mir nicht erfahren.«
Jarod seufzte und musste sich wohl oder übel damit zufriedengeben. Cameron Wolf strahlte etwas aus, das ihm das Gefühl vermittelte, dass der Mann ganz genau wusste, was er tat. Außerdem glaubte Jarod ihm, dass er, zumindest im Moment, Karas Wohl im Sinn hatte. Auch wenn er nicht wusste, welche Motive dahintersteckten. »Und Sie glauben, dieser simple Plan klappt?«
Wolf grinste. »Falls nicht, habe ich noch ein Ass im Ärmel.«
Der Rest der knappen Stunde Fahrt verlief schweigend. Als sie den Achmore Wood erreicht hatten, dirigierte Wolf Jarod in einen schmalen Waldweg.
»Halten Sie bitte hier«, forderte Wolf ihn auf und stieg aus, nachdem der Wagen stand. »Fahren Sie die Straße weiter
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