Das Blut der Rhu'u (German Edition)
gebracht und gut versteckt. Zwei davon habe ich durch die Chroniken ausfindig gemacht.« Er blickte bedeutsam in die Runde. »Darin steht geschrieben, dass sich Anfang des vierzehnten Jahrhunderts drei Sarazenen der Gemeinschaft des Lichts anschlossen. Sie führten zwei seltsame Kristallsplitter mit sich.«
Er nahm eine der Chroniken, blätterte darin, bis er die gesuchte Seite gefunden hatte, und hielt sie ihnen hin. Darauf waren zwei Splitter gezeichnet, von denen einer wie eine Apfelspelze aussah, der andere wie ein Keil.
»Die Dämonendolche der Gemeinschaft reagierten auf diese Kristalle, woran deren Mitglieder erkannten, dass es sich dabei um Teile des Arrod’Sha handelte. Die Gemeinschaft konnte sie nicht zerstören und kam deshalb überein, dass sie die verstecken mussten an einem Ort, an dem sie nicht von unbedarften Menschen gefunden werden könnten. Nach langem Hin und Her schickten sie die Sarazenen und ein paar andere Gemeinschaftsmitglieder ›ans Ende der Welt‹, um sie dort in Sicherheit zu bringen. Gemäß der Chronik führte ihr Weg sie bis in die Wudang-Berge, wo sie einem Bön-Schamanen begegneten. Sie erzählten ihm von ihrem Auftrag, und der Schamane half ihnen, ›den Kristallen einen Schrein zu bauen, den ein unbestechlicher Wächter hütet bis in alle Ewigkeit‹ .«
»Nette Geschichte«, fand Cayelu. »Und du glaubst, du hast diesen Schrein ausfindig gemacht?«
Camiyu nickte und legte die Chronik wieder auf den Tisch. »Nach intensivem Quellenstudium, unter anderem mithilfe des World Wide Web, habe ich anhand der Reisebeschreibung in der Chronik die ungefähre Gegend eingrenzen können. Eine Websuche nach religiösen Schreinen und Klöstern in dem entsprechenden Gebiet ergab, dass auf dem Berg, auf dem die damaligen Pilger die Kristalle in einem Schrein zurückgelassen haben wollen, zu der fraglichen Zeit tatsächlich eine Einsiedelei gegründet worden ist, die sich später zu einem Kloster entwickelt hat. Und das«, er blickte triumphierend in die Runde, »trägt seit damals den Namen ›Kloster der heiligen Steine‹.« Er winkte ab, bevor jemand etwas sagen konnte. »Ich bin bei Nacht und Nebel hinteleportiert. Die Steine befinden sich immer noch dort, und es sind ohne jeden Zweifel Teile des Arrod’Sha. Ich habe gespürt, wie ihr Blut nach meinem gerufen hat.«
Camiyu lieferte einen vollständigen Bericht. Kara hörte ihm ebenso gespannt zu wie die anderen. Sie bemerkte, dass er sie öfter zwischendurch intensiv ansah. Das taten auch Jarod und Camulal. Sie fragte sich warum, denn sie war nicht hungrig und strahlte deshalb momentan nichts Verlockendes aus.
Als Camiyu geendet hatte, schwiegen alle eine Weile.
»Unser nächster Schritt ist also«, resümierte Cal, »dass wir uns nach China in dieses Kloster begeben und die zwei Steine holen. Ich schlage vor, wir erledigen das, nachdem wir uns angemessen gestärkt haben.« Er machte eine scheuchende Handbewegung zur Tür hin. »Ich habe mit Mr Kane noch unter vier Augen zu reden.«
Kara lächelte Jarod zu, der ihr Lächeln erwiderte, und verließ mit den anderen den Raum.
Jarod blieb allein mit Cal MacLeod, der ihn eine Weile intensiv musterte. Jarod fühlte sich unter diesem Blick reichlich unbehaglich. Doch er hielt ihm stand und zuckte mit keiner Wimper.
»Sie sehen Ihrem Vorfahren Joshua ›Slayer‹ Kane ziemlich ähnlich, Mr Kane. Wissen Sie das?«
»Nein, Sir. Da von ihm keinerlei Gemälde oder Zeichnungen existieren, war mir das nicht bewusst. Und auf diese überaus zweifelhafte ›Ehre‹ würde ich gerne verzichten.«
»Ich nehme an, Sie wissen, warum nicht nur wir ihn ›Slayer‹ nannten. Er hat über die Jahre hinweg, in denen er sein Unwesen getrieben hat, acht Dämonen getötet. Fünf davon allein aus meiner Familie, womit er der Gemeinschaft des Lichts buchstäblich die halbe Arbeit abgenommen hat. Dazu zweiunddreißig echte Hexen – er hat fast drei vollständige Zirkel vernichtet – sowie einundneunzig unschuldige Frauen, die er für Hexen hielt. Ich vermute, Ihre Familienchronik feiert ihn als Helden.«
»Im Gegenteil«, widersprach Jarod und schüttelte heftig den Kopf. »Wahrscheinlich wissen Sie von seinem unrühmlichen, wenn auch durchaus verdienten Ende. Er tötete zusammen mit dem letzten Sukkubus, den er ermordete, den Sohn des Lairds der MacDonalds. Der nahm das sehr persönlich und ließ ihn ohne viel Federlesen hinrichten. Aber das geschah vor über dreihundert Jahren. Das hat mit uns heute
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