Das Blut der Rhu'u
Geschichte zu Ende hören.«
Er seufzte tief. »Na gut. Sofort nach ihrer Befreiung begannen die Rhu’u, die Macht des Kristalls gezielt dazu einzusetzen, ihre Feinde und alle, die sie dafür hielten, zu beseitigen. Idiotischerweise legten sie sich dabei auch mit den Zehn Mächtigen Fürsten an – Luzifers Vasallen und nach ihm die mächtigsten Dämonen der Unterwelt. Es kam zu einem der unzähligen Kriege im Dämonenreich, an dessen Ende der Kristall in neun Teile gespalten wurde. Die Feinde der Rhu’u rissen diese Teile an sich, wohl in der Hoffnung, deren Macht gegen sie benutzen zu können. Aber der Arrod’Sha ist an das Blut der Rhu’u gebunden und kann deshalb von niemand anderem und erst recht niemals gegen sie benutzt werden. Also haben die Diebe die neun Teile in allen möglichen Dimensionen versteckt und damit die Macht der Rhu’u gebrochen.«
»Und was hat das mit mir zu tun?«, fragte Kara. »Oder mit dir?«
»Einiges. Inzwischen befinden sich nicht nur alle neun Teile des Kristalls in dieser Dimension, also hier auf der Erde. Deine Familie hat auch schon fünf von ihnen in Besitz. Fünf. « Er blickte sie bedeutsam an. »Um ihre Kraft zu aktivieren, müssen sie auch zu fünft sein. Du verstehst? Bevor du erwacht bist, waren sie nur zu viert. Nur mit dir können sie die Macht der fünf Kristalle nutzen. Allein deshalb sind sie so sehr um dich bemüht.«
Das war eine erschütternde Offenbarung, falls sie der Wahrheit entsprach. Zumindest stimmte wohl, dass ihre Familie fünf Teile des Kristalls besaß, denn Kay hatte in dem Gespräch mit Cal gesagt, das Kara belauscht hatte, dass ihnen nur noch vier Teile fehlten. »Warum sagst du mir das alles?«
»Weil ich denke, dass du es wissen solltest. Du bist eine Rhu’u. Du musst die ganze Wahrheit kennen.«
Karas Intuition riet ihr, ihm nicht zu trauen. Kassim hatte ihr das alles sicher nicht aus reiner Gefälligkeit unter Verwandten erzählt. »Was bezweckst du damit, Kassim?« Sie stand auf und zog sich an. »Du hast Hintergedanken bei der ganzen Sache.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wenn du es als ›Hintergedanken‹ betrachtest, dass ich dich darüber informiere, dass dein Vater dich benutzen will, um meinen Zweig der Familie auszubooten, obwohl wir ebenfalls ein Anrecht auf den Arrod’Sha haben, dann hast du recht.«
Kara hatte keine Ahnung, ob das die Wahrheit war. Dafür sprach, dass ihr Vater ihr nur unter ihrem Druck verraten hatte, dass es um ein Artefakt ging, und Kay daran zu hindern versucht hatte, Kara etwas darüber mitzuteilen.
Kassim machte ein ernstes Gesicht. »Ich hoffe, dass du das, was deine Familie dir erzählt, kritisch betrachtest und dich nicht vor ihren Karren spannen lässt. Du interessierst sie nicht. Sie brauchen dich nur, um die Macht des Arrod’Sha zu aktivieren. Und wenn sie die Kraft des Kristalls zu ihrer Verfügung haben, werden sie sie einsetzen, um die alte Macht der Rhu’u und ihre Vormachtstellung unter den Dämonen wiederherzustellen. Das können sie nur erreichen, wenn du vollkommen auf ihrer Seite stehst. Ohne deine Hilfe und deine Kraft sind sie machtlos.« Er zuckte mit den Schultern. »Aber das musst du ja nicht glauben. Nur: Falls du irgendwann mal genug von den MacLeods hast, kannst du jederzeit zu uns kommen. Wir sind auch ein Teil deiner Familie. Meine Mutter Catunua, mein Bruder Camulal und ich würden uns freuen, dich bei uns zu haben. Schließlich ...«
Kassim kam nicht mehr dazu, den Satz zu vollenden. Die Zimmertür wurde aus den Angeln gesprengt. Kyle stürzte herein, sein Gesicht eine Maske des Zorns.
»Lass meine Schwester in Ruhe!«, brüllte er Kassim an.
Er schleuderte eine Salve von Levin-Pfeilen auf ihn. Kara schrie erschrocken auf. Doch Kassim war verschwunden. Die Pfeile fuhren in das Bett, auf dem er eben noch gelegen hatte, und zerstörten es völlig. Von Kassim blieb nur noch ein verächtliches Lachen im Raum, das geisterhaft verhallte.
Kara starrte Kyle fassungslos an. »Was sollte das denn?« Womit sie sowohl Kyles unverständliches Verhalten wie auch Kassims Verschwinden meinte.
Kyle fluchte, wandte sich ihr zu und packte sie bei den Schultern. »Hat er dir was getan?«
»Nein. Was soll das? Ich denke, er ist ein Verwandter.« Sie befreite sich aus seinem Griff.
»Ja«, knurrte Kyle böse. »Leider! Die Bashirs sind ein verlogenes Pack. Du darfst ihnen kein Wort glauben. Was hat er gewollt?«
»Er hat mir vom Arrod’Sha erzählt. Von unserer Familiengeschichte.
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