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Das Blut Des Daemons

Titel: Das Blut Des Daemons Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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er unter gar keinen Umständen gestört werden kann. – Darf ich ihm etwas von Ihnen bestellen?«
    Beinah hätte ich aufgestöhnt. Eine Sitzung des Rats der Fürsten. Ausgerechnet. Ich unterdrückte den Laut und holte stattdessen tief Luft, um ein Beben aus meinen nächsten Worten zu verbannen. »Wie lange wird diese Sitzung noch dauern? – Und wer sind Sie?«
    »Verzeihung, Princessa, ich hatte noch nicht die Ehre: Ich bin Michail, der Privatsekretär und Majordomus Ihres Großonkels. – Noch zwei oder drei Stunden sicherlich. – Ich kann ihm gerne bestellen, dass er Sie zurückrufen soll, sobald sie beendet ist.«
    Ich sog die Lippe zwischen die Zähne, erinnerte mich aber im letzten Moment, warum es besser war, nicht darauf zu beißen.
    »Nein … nein danke. Das ist nicht nötig. Es war nicht wichtig. Bis dann.« Ehe Michail auch nur auf Wiedersehen sagen konnte, hatte ich schon aufgelegt. Sekundenlang starrte ich auf mein Handy. Die Helligkeit kroch immer weiter die Stufen herauf und auf mich zu. Ich zog die Beine an und legte die Bademantelzipfel über meine Füße. Damit blieb mir tatsächlich nur noch di Uldere. Konnte ich das Risiko eingehen, ihn anzurufen, ohne wirklich zu wissen, ob ich ihm trauen konnte? – Hatte ich eine Wahl? Ich packte mein Handy fester und wählte die Nummer der Auskunft. Er war meine einzige Chance.
    Die junge Frau am anderen Ende konnte mir zwar nicht die Privatnummer von Timoteo Riccardo di Uldere geben, aber die des Ruthvens – und war auch gerne bereit, mich direkt zu verbinden. Wozu sollte ich mir die Nummer aufschreiben – abgesehen davon, dass ich weder Zettel noch Stift in greifbarer Nähe hatte –, wenn ich letztlich nur diesen einen Versuch für einen Anruf hatte.
    Beim zweiten Klingeln ließ ein anderer Laut mich zusammenzucken. Ein Schrei. Qualvoll. Und entsetzt. Julien! Erwar zu sich gekommen! Lieber Himmel, und ausgerechnet jetzt war er allein.
    Ich drückte die Verbindung weg, rappelte mich, so schnell ich konnte, vom Boden auf und rannte die Treppe hinunter, durch den Korridor und die Küche und auch diese Treppe hinunter – immer im Schatten oder zumindest in dem Versuch, die Helligkeit zu meiden, wo ich konnte.
    In der Tür zum Kellerraum kam ich stolpernd zum Stehen. Julien war auf den Beinen, wankend, vornübergekrümmt, stützte sich mit einer Hand an der Wand ab, als könne er sich ohne sie gar nicht aufrecht halten. Er zitterte am ganzen Körper; beinah schlimmer als zuvor. Sein Anblick zog mir die Kehle zusammen.
    »Julien …«
    Er schnellte mit dem Kopf in die Höhe und herum, starrte mich an, die Augen weit aufgerissen, seltsam … wild. Und vollkommen schwarz. »Qu’est-ce que … qu’est-ce que tu as …?« Seine Stimme klang so erstickt, dass ich ihn kaum verstehen konnte. Die Fassungslosigkeit, das Entsetzen darin, lähmte mich für einen Moment.
    »Julien, bitte, ich … es tut mir so leid … ich …« Hilflos streckte ich die Hand nach ihm aus, ging auf ihn zu.
    Er starrte mich immer noch an.
    »Julien …« Ich machte noch einen Schritt.
    Mit einem Laut, den ich nicht deuten konnte, schob er sich weiter von mir fort, taumelte, wäre beinah gefallen. Eine Hand und die Schulter an der Wand fing er sich im letzten Moment. Die andere hob er abwehrend hinter sich, mir entgegen. Sie bebte.
    »Non! Ne ... ne me touche ... ne me touche pas!«
    Ich blieb stehen, als hätte er mich geschlagen. Auch wenn ich nicht verstand, was er sagte, war die Aussage doch nur zu deutlich. Was hab ich getan?
    Im nächsten Moment sank er mit einem würgenden Keuchen auf die Knie, krümmte sich erneut, den Arm, der mich eben noch zurückgehalten hatte, jetzt auf den Bauch gepresst.
    »Julien!« Hastig machte ich einen weiteren Schritt auf ihn zu. Ich wollte etwas für ihn tun, irgendetwas … Er hob abermals den Kopf, die Züge vor Schmerz verzerrt, und scheuchte mich mit einem gezischten »N’approche pas!« wieder zurück.
    Ich stand da – und sah ohnmächtig dabei zu, wie Julien sich noch weiter zusammenkrümmte, nach Luft rang, die Stirn auf den rissigen alten Boden drückte, stöhnend – bis ich es nicht mehr ertrug.
    »Julien! Bitte … sprich mit mir! Sag mir … sag … kann ich etwas tun? Kann man … kann man es irgendwie … irgendwie rückgängig machen?« Ich kniete mich hin, wo ich stand, beugte mich vor, versuchte ihm ins Gesicht zu sehen. »Oder wenigstens aufhalten? – Kann … kann man?« Keine Antwort. »Bitte, Julien, sprich mit mir!« Ich

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