Das Blut Des Daemons
viel, dumm aber sicher nicht! Dann könnte ich ihm direkt alles erzählen. Aber nachdem ich mir nicht absolut sicher war, dass ich ihm auch jetzt noch wirklich vertrauen konnte … Nein. Das Risiko war zu groß. Letztlich spielte ich mit nichts Geringerem als Juliens Leben.
Also blieb mir nur Vlad. Er war zumindest Familie . Und ich hegte immer noch die Hoffnung, dass er mich – und Julien – genug mochte, um uns zu helfen. Immerhin deckte er auch Juliens Anwesenheit bei mir. – Also Vlad. Ich stieß ein bitteres Schnauben aus. Vlad, der glaubte, ich sei gerade wegen eines gewissen monatlichen Frauenleidens unpässlich . Was würde er dazu sagen, wenn ich ihm erzählte, dass ich – nachdem wir, also Julien und ich, angenommen hatten, dass ich sterben würde – offenbar doch wider Erwarten meinen Wechsel hinter mich gebracht hatte? – Und ich ganz nebenbei meinen Freund und Leibwächter dabei wohl zum Vampirgemacht hatte? – Zum Glück war Paris weit weg. So hätte ich ein paar Stunden Zeit, ehe er hier vor der Tür stehen und mir persönlich und nicht nur via Telefon sagen konnte, was er davon hielt, von uns getäuscht worden zu sein. Aber egal welche Konsequenzen es für mich haben mochte: Julien war es wert.
Den Bademantel eng um mich geschlungen und die Kapuze über den Kopf gezogen schob ich mich – immer in den Schatten oder zumindest möglichst dort, wo keine Sonne hinfiel – die Treppe hinauf und den Flur im ersten Stock entlang zu meinem Zimmer. Als könne ich mich an ihr verbrennen, stieß ich die Tür mit spitzen Fingern auf – und drückte mich sofort wieder an die Wand und in den nächsten Schatten. Die Helligkeit, die in den Flur strömte, ließ meine Augen tränen. Für eine Sekunde zögerte ich noch, dann biss ich die Zähne zusammen und spähte vorsichtig um die Ecke, während ich zugleich gegen die Tränen anblinzelte. Es war, als würde ich direkt in die Sonne blicken: grell und schmerzhaft. Mein Gesicht fühlte sich an, als hätte ich schlagartig einen Stunden-in-der-Sonne-geschlafen-Sonnenbrand. Dass ich die Hand gegen das Licht hob, um zumindest meine Augen davor zu schützen, nutzte nicht viel – außer dass mir auch die Hand wehtat. Doch zumindest einmal innerhalb der letzten zwölf Stunden war mir das Glück hold: Mein Handy lag auf dem Boden, am Fußende meines Bettes. Im Schatten des Bettgestells! Einen, vielleicht auch anderthalb Meter von der Tür entfernt.
Ich dachte nicht lange nach, machte drei hastige Schritte in mein Zimmer hinein, hob es auf, floh wieder auf den Gang hinaus und schlug dabei die Tür hinter mir zu. Draußen musste ich mich an der Wand abstützen. Ich war völlig außer Atem. Lieber Himmel, dabei waren es nur ein paar Schritte gewesen! Mein Gesicht und meine Hände schienen endgültig in Flammen zu stehen. Hatten wir irgendwoBrandsalbe? Ich hatte keine Ahnung. Und ich würde mich sicher nicht auf gut Glück auf die Suche danach begeben – auch wenn die Erinnerung an Juliens Arm mich zweimal darüber nachdenken ließ. Aber ich würde ihn nicht länger allein lassen, als ich unbedingt musste. Allerdings hatten wir im Keller so gut wie gar keinen Empfang – wenn überhaupt. Ich musste also mit Vlad telefonieren, ehe ich wieder zu Julien zurückkehrte. Und der beste Platz dafür war die Ecke auf dem Treppenabsatz.
Den Weg dorthin bewältigte ich ebenso, wie ich den zu meinem Zimmer bewältigt hatte: vorsichtig darauf bedacht, nicht in die Sonne zu geraten. Wie zuvor kauerte ich mich in die relativ dunklen Schatten. Das Brennen auf meinem Gesicht und den Händen wollte nur allmählich nachlassen. Dafür war das Ziehen wieder in meinem Oberkiefer und die Bestie in meinem Inneren regte sich erneut in meinen Eingeweiden – schmerzhaft, ja, aber bei Weitem nicht so qualvoll wie früher.
Rasch klickte ich mich in meine Telefonbuch – es gab ein paar Nummern, die ich auswendig kannte, Vlads gehörte nicht dazu –, rief sie auf und drückte auf die Wahltaste. Ein Dreiklang verkündete, dass die Verbindung aufgebaut wurde, dann hörte ich das Freizeichen, einmal, zweimal, dreimal, beim vierten Mal meldete sich eine mir fremde Stimme. Ich erkannte zwar die Sprache der Lamia und Vampire, verstand aber kein Wort. Unbehaglich räusperte ich mich.
»Ist mein Onkel, Fürst Vlad, zu sprechen?« Meine Hand zitterte.
Sofort wechselte die Stimme ins Amerikanische. »Ich bitte um Vergebung, Princessa, aber Seine Gnaden befindet sich derzeit in einer Ratssitzung, in der
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