Das Blut des Skorpions
gestreckt worden.
Natürlich schränkte ihn dieses Problem bei seiner künstlerischen Tätigkeit stark ein, besonders in einer Zeit, in der vor allem großformatige Gemälde und Fresken verlangt wurden.
Pater Kircher hatte sich an Sacchis Fall interessiert gezeigt und ihm angeboten, ein Paar Augengläser zu entwickeln und von seinen Gehilfen schleifen zu lassen, mit denen er wieder richtig sehen können würde. Er hatte ihm erklärt, dass mehrere Anproben nötig sein würden, um die Konvexität der Gläser Schritt für Schritt anzupassen, bis sie das gewünschte Ergebnis erzielen würden.
Seit einigen Wochen suchte der Maler den Gelehrten daher regelmäßig zu diesen Anproben auf, bei denen Kircher Instrumente verwendete, von deren Existenz Sacchi bislang nicht einmal etwas geahnt hatte. Obwohl er von den optischen Phänomenen, die ihn persönlich betrafen, praktisch nichts verstand, glaubte er, dass die Behebung seines Problems zum Greifen nahe war. Die letzten Gläser, die Kircher ihm zum Probieren gegeben hatte, schienen seinen Sehfehler schon fast vollständig zu korrigieren, und er war zuversichtlich, dass sie bald ein optimales Resultat erzielen würden.
Während der Maler diesen Gedanken nachhing, klopfte der Diener an Kirchers Tür, trat ein und legte seinem Herrn dar, warum er sich erlaubte, ihn in diesem unpassenden Moment zu stören.
»Ach Gott«, sagte der Jesuit, »die Verabredung mit diesem Sacchi hatte ich ganz vergessen. Ich bin jetzt nicht in der Stimmung, ihn zu sehen. Sag ihm, er soll morgen wiederkommen. Ich bin zu erschüttert, ich muss allein sein.«
»Ich fürchte, er wird darauf bestehen, empfangen zu werden, Pater.«
»Das ist mir egal. Denk dir etwas aus. Sag ihm, ich sei krank, ich hätte Fieber. Schick ihn weg.«
Wenig erfreut darüber, dem Maler diese Nachricht überbringen zu müssen, schlich Fernando hinaus und suchte nach einer Erklärung, mit der er nicht den zu erwartenden Zorn auf sich ziehen würde.
Am Ende beschloss er, Sacchi einfach die Wahrheit zu sagen und zu hoffen, dass er die Bestürzung seines Herrn verstehen und sich damit abfinden würde, morgen wiederzukommen.
»Erschüttert?«, platzte der Maler heraus, kaum dass er die Worte des Dieners vernommen hatte. »Von was ist er erschüttert, von der Gnade Gottes?«
»Habt Ihr es nicht gehört?«
»Was gehört, zum Donnerwetter? Red schon, ich bin nicht in der Stimmung zum Rätselraten.«
»Von dem Verbrechen in Santa Maria Maggiore, Signore. Ein Mönch ist ermordet worden, ein deutscher Jesuit. Ich glaube, er war ein Freund von Pater Kircher, auch wenn ich ehrlich gesagt bis heute noch nie von ihm gehört hatte. Es heißt, er sei enthauptet worden.«
»Beim Barte des Teufels, enthauptet? Diese Stadt wird immer gefährlicher. Ich habe ja schon viel gehört, von Dieben, Huren, Betrügern, Teufelsanbetern. Auch von dieser Bande von Straßenräubern auf der Via Appia Antica, direkt vor den Toren Roms. Aber ein enthaupteter Priester in einer Kirche, das ist ein starkes Stück. Er war ein Freund von Kircher, sagst du?«
»Ja, so schien es mir, auch wenn mein Herr es nicht ausdrücklich gesagt hat. Aber er hat zugegeben, ihn gekannt zu haben. Im Vertrauen gesagt habe ich ihn noch nie so verstört gesehen.«
»Das glaube ich gern!«, rief der Maler. »Ein geköpfter Mönch in einer unserer Kirchen. Es ist nicht zu fassen! Ich verstehe seine Bestürzung und kann mir gut vorstellen, dass er jetzt lieber allein sein möchte. Richte ihm meine Ehrerbietung aus und versichere ihm, dass ich ihn nicht mehr stören werde, bis er sich von dem Schrecken erholt hat. Ich werde morgen wiederkommen, um mich nach seinem Befinden zu erkundigen.«
Damit machte der Künstler auf dem Absatz kehrt, wobei sein geflickter Mantel um ihn herumschwang, und entfernte sich mit energischen Schritten durch den Flur.
»Ein geköpfter Mönch in einer Kirche«, murmelte er vor sich hin, während er das Collegium Romanum verließ, »es ist nicht zu glauben!«
In der Tat handelte es sich um einen außergewöhnlichen Vorfall, selbst für eine so verdorbene und unsichere Stadt wie Rom. Hier durfte man mit allem Schindluder treiben, musste aber den Klerus unbehelligt lassen, wenn man nicht in Schwierigkeiten so groß wie die Kuppel von Sankt Peter geraten wollte.
Fulminacci beschloss, sich den Ort des Geschehens mit eigenen Augen anzusehen.
In einer Zeit, in der es wenig Zerstreuung für das einfache Volk gab, war eine derartige Sensation durchaus
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