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Das Blut des Skorpions

Das Blut des Skorpions

Titel: Das Blut des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Marcotullio
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des Buches zu erinnern.
    Im Laufe der Zeit und mit der wachsenden Anzahl von Büchern hatte es sich als notwendig erwiesen, die Bände nach einem bestimmten logischen System zu ordnen, das einen leichteren Zugriff auf sie ermöglichte. Er selbst hatte eine sehr nützliche Archivierungsmethode erfunden, die allerdings etwas unkonventionell war und sich von den Systemen der wichtigsten Bibliotheken der Zeit unterschied. Leider war der junge Seminarist, dem die Ordnung seiner Bibliothek anvertraut worden war, vor wenigen Monaten von einem bösartigen Fieber dahingerafft worden, noch ehe er die Arbeit hatte abschließen können, und sein Nachfolger hatte sich der Aufgabe nicht gewachsen gezeigt. Somit musste Kircher jedes Mal, wenn er einen Band brauchte, den er nur selten zurate zog, sich auf sein – zum Glück ausgezeichnetes – Gedächtnis verlassen statt auf das System, das er entwickelt hatte.
    Die hebräischen Texte befanden sich im Bereich AB, aber er war nicht sicher, ob das gesuchte Buch dort auch stand, da der Verfasser ein chaldäischer Christ war. Wahrscheinlich hatte der Nachfolger des verstorbenen Bibliothekars es in seiner ärgerlichen Beschränktheit zwischen die zoroastrischen Texte gestellt, von denen viele in hebräischer Sprache abgefasst waren. Und diese standen im Sektor AG.
    Konzentriert ließ der Pater seinen Blick über die Rücken der Bände schweifen, als er einen kleinen, sich bewegenden Punkt am Rande des Regals bemerkte.
    Sofort wurden seine Hände schweißnass, und sein Atem ging keuchend, während die kleine Spinne über das glatte Holz auf ihr unbekanntes Ziel zuhuschte.
    Wie immer versuchte Kircher seine Phobie unter Kontrolle zu bringen, musste dazu jedoch seine gesamte Selbstbeherrschung aufbieten.
    Seine Abscheu vor Insekten war ein Geheimnis, das er eifersüchtig hütete und das seinen Ursprung in der fernen Vergangenheit hatte. Er selbst vermied es sorgfältig, den Grund in sein Bewusstsein dringen zu lassen.
    Reglos wartete er darauf, dass die Spinne sich entfernte, und beobachtete sie nur aus dem Augenwinkel. Als sie endlich aus seinem Gesichtsfeld verschwunden war, fasste er Mut und konnte die gesuchte Schrift aus dem Regal ziehen.
    Er trug sie zum Schreibtisch und blätterte mit immer noch zitternden Fingern darin. Seite für Seite überflog er die eckigen hebräischen Schriftzeichen auf der Suche nach der gewünschten Stelle.
    Schließlich fand er die Beschreibung des von ihm vermuteten Phänomens am Beginn eines Kapitels über ungewöhnliche Sternenkonstellationen, einer Art Auflistung von Besonderheiten im Tierkreis, die mit großer Sachkenntnis zusammengestellt worden war.
    In dem Kapitel wurde auch erwähnt, dass die chaldäischen Priester der Antike eine Zeit großer Unsicherheit vorausgesagt hatten, wenn Orion und Kassiopeia in dieser speziellen Konjunktion mit dem Mond und dem Mars standen.
    Erst wenige Male seit der Erschaffung der Welt hatten Sterne und Planeten sich in dieser eigentümlichen Konstellation befunden, und jedes Mal waren unheilvolle und zerstörerische Ereignisse darauf gefolgt: die Herrschaft Sennacheribs des Zerstörers, die Machtergreifung Kyros’ des Großen und der Feldzug Alexanders in Asien.
    Der gelehrte Verfasser des Bandes schrieb, dass die chaldäischen Priester eine solche Konstellation als »Zeitalter des Skorpions« bezeichneten, weil die beiden Hörner der Figur, welche die Himmelskörper am Nachthimmel bildeten, ganz klar den Umriss des giftigen Insekts zeigten, wie man auch der beigefügten Zeichnung entnehmen konnte.
    Die Lektüre des Textes und das Betrachten der Zeichnung wirkten wie ein Messerstich in die Brust von Pater Kircher. Auch mit größter Willensanstrengung konnte er seine Gefühle nicht länger beherrschen, und seine Gedanken richteten sich auf längst vergangene Ereignisse, die er für immer tief in sich begraben zu haben gehofft hatte.
    Wie zur Bestätigung seiner Ängste, während die Kräfte der Vernunft noch gegen die finstere Macht der Furcht ankämpften, schickte eine Totenglocke ihre Klage in den heiteren Himmel der Hauptstadt der Christenheit.
    Halb aus seinen Grübeleien gerissen lauschte Kircher einen Moment lang dem traurigen Geläut. Dann blickte er auf seine Tischuhr und dachte, wie ungewöhnlich ein solcher Klang doch zu dieser frühen Stunde war.
    Er stand vom Tisch auf, rannte fast zur Tür und rief mit lauter Stimme nach seinem Diener Fernando, der atemlos herbeigelaufen kam.
    »Fernando, hast du diese

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