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Das Blutgericht

Das Blutgericht

Titel: Das Blutgericht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Hilton
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von Geistern heimgesuchte Sümpfe und die magischen Zeremonien der Voodoo-Hohepriesterinnen. Lousianas Voodoo, Haitis Vodou oder der westafrikanische Vodun, sie alle hatten die rege Fantasie eines Jungen angesprochen, der zu viel Freizeit hatte. Von früher Kindheit an hatte er sich auf die Geschichten von Zaubersprüchen, lebenden Toten und Opferritualen gestürzt. Aber in seinen Teenagerjahren ließ er den ganzen Nonsens hinter sich. Er begann andere Legenden zu studieren, im Besonderen eine Geschichte, die jeder kennt, auch wenn die Auffassung der meisten Menschen vom Sündenfall geprägt war von dem Dogma, das die Kirche predigte.
    Wie konnte dieser leicht zu beeindruckende Junge nicht an Engel glauben, wo doch seine Alabasterhaut und seine eisblauen Augen ihn aus der Masse all der menschlichen Herdentiere heraushoben? Er erinnerte sich noch daran, wie seine Mutter ihm ins Ohr säuselte, dass er ihr kleiner Engel war. Das waren schöne Erinnerungen. Dann kamen die Schläger in der Schule, die ihn auszogen, um nachzusehen, ob seine Flügel zu Stümpfen abgeschnitten worden waren, und die ihm dann die Scheiße aus dem Leib prügelten, als sich ihre Annahme als falsch herausstellte. Aber auch das war eine schöne Erinnerung, denn es hatte ihn davon überzeugt, dass er besser war als sie. Hatte ihn dazu ermutigt, sich mit der Realität abzufinden. Gefallene Engel hatten keine Flügel. Sie wurden ihnen vom Rücken gesengt, als Gott sie in die Flammen der Hölle verbannte.
    Im gedämpften Licht seines Hotels im SoBe-Distrikt von Miami Beach grämte sich Dantalion nicht weiter über die Blicke, die er Tag für Tag aushalten musste. Zwar respektierten die Menschen in diesen aufgeklärten Zeiten eher die Gefühle anderer. Dennoch konnten sich die Leute, die auf der Straße an ihm vorbeigingen, eines unfreiwilligen Hinschauens nicht erwehren. Sie versuchten ihn mit Blicken zu durchdringen, herauszufinden, was zur Hölle das denn für einer war.
    Seine Krankheit interessierte sie nicht. Die meisten nahmen an, er sei ein Albino, aber das war nicht der Fall. Vitiligo ist eine chronische Hauterkrankung, die sich in pigmentfreien Flecken zeigt. In der Regel fehlt Menschen mit Vitiligo der Farbstoff Melanin in der Epidermis, was zur Ausbildung von milchig weißen oder kreideweißen Flecken führt. In Extremfällen – wie bei Dantalion – sind auch das Haar und die Netzhaut der Augen betroffen. Es gibt verschiedene Behandlungsmethoden, aber in den Fällen, bei denen mehr als die Hälfte des Körpers von der Pigmentstörung befallen ist, trägt man ein Bleichmittel namens Monobenzon auf die gesunden Stellen auf, um sie den befallenen Hautpartien anzugleichen. Das beeinträchtigt zwar in der Regel nicht die Gesundheit, die Haut kann allerdings empfindlicher gegenüber Sonneneinstrahlung werden. Gelegentlich tritt als Nebenwirkung eine Dermatitis auf. Solange er seine Haut bedeckte, bestand keine Gefahr, und zum Glück waren es nur Flecken auf seinen Händen und im Gesicht, auf die er Hydrocortison-Salbe auftragen musste. Die Einnahme von Immunsuppressiva war eine notwendige Vorsichtsmaßnahme, jedoch wäre er gerne ohne die möglichen gefährlichen Auswirkungen, die sie auf seine Knochendichte hatten, ausgekommen.
    Aber in seinem Zimmer, mit dem Dimmer auf der niedrigsten Stufe, kam er zur Ruhe. Er hatte den Oberkörper freigemacht, der im Dunklen fast zu fluoreszieren schien. Seine Sonnenbrille hatte er zur Seite gelegt, damit er sehen konnte, was er in sein Buch schrieb.
    Er musste Menschen töten.
    Er vertraute auf seine Fähigkeiten.
    Wenn er sich dafür entschied zu töten, dann gab es nur ein Ergebnis.
    Er war so zuversichtlich, dass er bereits die Nummern vergeben hatte. Zwei neue Zahlen schrieb er auf. Natürlich war das erst der Anfang. Wenn ihm danach war, konnte er jederzeit weitere Nummern hinzufügen.

6
    Als ich beobachtete, wie die Boote in den Yachthafen einliefen, wurde mir umso mehr bewusst, dass wir nicht weiterkamen. Der Adrenalinrausch von vorhin hatte nachgelassen, und mir wurde langsam etwas flau. Bier auf nüchternen Magen zu trinken war mit Sicherheit auch nicht gerade die beste Idee, die ich jemals hatte. Soweit ich wusste, gab es kein öffentliches Restaurant auf der Insel, und ich hatte richtigen Kohldampf.
    Rink musste bald auftauchen, also schickte ich ihm eine SMS, dass er einen Abstecher zum nächsten Fast-Food-Schuppen machen und mir was Ordentliches mitbringen solle. Er schrieb zurück: »DU

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