Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
geschadet hat, wenn dieses Gefäß Risse erhielt. Was auch immer es ist, es verändert die Dinge um ihn herum, die er damit berührt. Den Boden, auf dem er steht. Uns. Es war mühsam genug, dieses Gefäß wieder zu erstellen, doch es wäre in hohem Maße unvernünftig, mit etwas, das wir nicht verstehen, Versuche anzustellen.«
»Müsste man nicht genau das tun, um es zu verstehen?«, fragte Wiesel und rieb sich die Nase. »Das ist es doch, was du so gerne tust? Forschen und den Dingen auf den Grund gehen.«
»Nicht hierbei. Nicht mit dem, was in ihm ist«, entschied Desina.
»Dann erkläre mir noch mal, was es ist«, bohrte Wiesel weiter. »Was ist es? Versuch es mir so zu beschreiben, damit ich es verstehe.«
Eine feine Falte erschien auf ihrer Stirn. »Wenn es stimmt, was wir vermuten, nimmt sein Schwert seinen Opfern etwas und gibt es ihm. Was es ihm gibt, ist verwandt mit Magie oder Blutmagie, aber es ist mehr als das. Es ist … schau, Wiesel, in jedem von uns steckt ein Rest der Schöpfung. Das, was es brauchte, um uns zu schaffen und zu beseelen. Ich habe das Gefühl, als wäre es das, was sich in ihm sammelt.«
»Und das ist schlimm?«, fragte Wiesel verwirrt.
»Ich kann es dir anders erklären«, sagte Asela kühl. »Schöpfung ist letztlich nichts anderes als Veränderung. Sie versucht sich an den verschiedensten Dingen, wie ein Kind, das eine Vase umwirft, um zu sehen, was passiert. Aus Titanen wurden so Elfen und Zwerge; aus den Elfen entstanden wir Menschen. Aus solchen Veränderungen entsteht die Ordnung der Welt, wie wir sie kennen. Aber bevor es so weit ist, ist die rohe Form dessen, was später dann zur Ordnung führt, vorerst nichts als Chaos.« Ihre Augen bohrten sich in mich. »Das ist es, was Ihr in Euch tragt. Deshalb zieht es an Euch, wenn jemand in Eurer Nähe Magie wirkt. Wirken wir Magie, wollen wir Veränderung erzwingen. Tun wir es in Eurer Nähe, versuchen wir, den Teil von Euch zu stehlen, der die Veränderung bewirkt.«
»Aber wie kann das sein?«, fragte Wiesel ungläubig. »Wie kann ein Mensch so etwas in sich tragen?«
»Fragt Soltar«, meinte Asela knapp. »Er hat ihn schließlich zu seinem Engel bestellt. Mittlerweile fange auch ich fast an, daran zu glauben. Also, frag den Gott, er hat sich bestimmt etwas dabei gedacht.«
»Was bedeutet dies für mich?«, meldete ich mich endlich auch zu Wort. Ich stand auf, sah noch einmal enttäuscht auf dieses faszinierende Siegel herab, doch dort tat sich nichts für mich. »Ist es gefährlich? Kann es mir und anderen schaden?«
»Sehe ich aus, als wüsste ich die Antwort auf alle Fragen?«, gab Asela etwas unwirsch zurück. »Gerade heute erst habe ich lernen müssen, wie wenig ich weiß. Beantwortet Euch die Frage selbst. Ist Veränderung gefährlich?« Sie schien etwas entnervt. »Denn das ist genau das, was Ihr tut, Lanzengeneral. Ihr verändert die Dinge um Euch herum. In gewissem Maße tun wir das alle, nur bei Euch geht es darüber weit hinaus.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem grimmigen Lächeln. »Ich brauche nur daran zu denken, wie Ihr mich verändert habt.«
»Havald hatte doch recht wenig mit dir zu tun«, meinte Serafine überrascht. »Ich hätte eher gedacht, dass es Kolaron gewesen wäre, der dich am meisten verändert hat.«
»Ich glaube, Finna«, sagte die Eule langsam, ohne den Blick von mir zu nehmen, »dass der General sehr genau weiß, was ich meine.«
»Also kommen wir hier nicht weiter«, fasste Ser Wiesel enttäuscht zusammen. »Schade … dieses Siegel verfolgt mich schon seit Jahren.« Er schenkte uns ein schnelles Lächeln. »Nun gut, dann sollte ich Euch besser allein lassen, Hochinquisitor Pertok hat sowieso schon zweimal nach mir verlangt, vielleicht sollte ich ihm den Wunsch erfüllen und ihn aufsuchen.« Er verbeugte sich mit einer galanten Bewegung. »Machst du mir die Türen auf?«, fragte er seine Schwester. »Ta ta!«, meinte er noch heiter winkend, als sie nickte. »Man sieht sich bestimmt wieder.«
Und damit ging er fröhlich pfeifend durch die Türen, die sich wie von Geisterhand für ihn öffneten, um sich dann sogleich wieder zu schließen. Zugleich hörten wir gedämpft in der Ferne die Tempelglocken, die die Gläubigen zum Mittagsgebet ermahnten.
»Nun gut«, meinte die junge Kaiserin mit einem leisen Seufzer. »Wenden wir uns den Amtsgeschäften zu.« Ihr Blick fiel auf das verbrannte Holzstück, das Wiesel hatte fallen lassen, eine Geste später flog es in hohem Bogen zielgenau
Weitere Kostenlose Bücher