Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
darin als ein Meister sieht, besitzt nicht das Talent wie du dafür. Ich war nicht imstande zu sehen, was du eben an ihm vollbracht hast.«
»Was ist es?«, fragte ich und räusperte mich erneut. Ich hörte mich noch immer wie ein alter Vogel an.
»Blutmagie«, sagte Asela widerstrebend. »Die älteste Form der Magie. Allein aus dem Willen und dem Leben geboren. Doch auch Blut ist nur ein Symbol, es steht für die Schöpfung und den Ursprung, aber Symbole haben Macht. Weshalb sich vor allem Nekromanten in dieser Art der Magie üben.«
»Ich verstehe immer noch nicht …«, begann ich und setzte mich gerade auf den Thron. Ich hatte recht gehabt, er war so unbequem, wie ich erwartet hatte.
»Es ist Leben, Asela«, erklärte Serafine ihrer alten Freundin. »Ungelebtes Leben, das er in sich aufgenommen hat. Leben, das sein Schwert für ihn von seinen Opfern stahl.« Sie schluckte heftig. »Ich glaube, Zokora hat sich dieses Mal getäuscht. Es ist alles in dir gelandet, Havald, alles, was Seelenreißer seinen Opfern nahm.«
»Ja«, sagte die Eule schwer. »Es ist die einzige Erklärung.«
Ich sah mich suchend um und fand Seelenreißer neben dem Thron stehend.
»Nicht um alles in der Welt würde ich dieses Schwert führen wollen«, meinte Asela voller Abscheu. »Wie könnt Ihr es ertragen?«
»Ich wusste es bis eben nicht«, antwortete ich ihr. »Ich habe ja auch keine Wahl.«
»Geht es Euch besser, Ser General?«, hörte ich nun Wiesel fragen. Ich sah auf zu ihm und nickte.
»Gut«, meinte er. »Könnt Ihr mir jetzt sagen, was Ihr in diesem Siegel gesehen habt?«
Ganz offensichtlich gehörte Wiesel nicht zu denen, die leicht ihr Ziel aus den Augen verloren.
»Ihr habt das Gefäß wieder geschlossen?«, fragte ich die Kaiserin.
»Nicht direkt«, sagte sie. »Denn ich habe Euch ein neues gebaut. Es sollte besser halten.«
»Was ist mit dem Siegel?«, brach es ungeduldig aus Wiesel hervor. »Nun sagt schon, was Ihr gesehen habt!«
»Es ist kein Siegel. Und auch kein Schloss.«
»Was ist es dann?«
Zuerst wusste ich nicht, was ich ihm sagen sollte, doch schließlich fielen mir die Worte ein.
»Es ist ein Buch. Eine Chronik. Die sich schreibt, während wir noch hier stehen.«
Ich stand auf, froh, diesen Thron endlich zu verlassen. Es fühlte sich falsch an, darauf zu sitzen. Doch wenigstens quälte mich der Kopfschmerz nicht mehr.
Doch als ich jetzt vor dem Siegel kniete, war es nur ein außergewöhnliches Kunstwerk. Die Tiefe, die ich zuvor wahrgenommen hatte, fehlte, und es war mir nicht mehr möglich, das zu erkennen, was mich vorhin derart in seinen Bann gezogen hatte. Ich berührte das Siegel sachte mit meinen Fingern, fühlte … etwas … aber es blieb mir verschlossen.
»Es ist verschwunden«, gestand ich enttäuscht. »Jetzt zeigt es sich mir nicht mehr.«
Asela, die an meiner Seite stand, nickte nachdenklich. »Und doch ergäbe es einen Sinn«, meinte sie dann. »Die Magie, die ich in diesem Siegel spüre, könnte dazu passen. Sie enthält Elemente der Beobachtung und der Niederschrift, jetzt, da Ihr es sagt, kann ich es erkennen. Und doch ist es um so vieles mehr.« Sie schüttelte staunend den Kopf. »Ich habe einst gedacht, ich hätte das Wesen der Magie verstanden und wäre ihm darin an Meisterschaft fast gleichgekommen! Die Torheit der Jugend«, ergänzte sie dann rau. »Man meint, all das zu wissen, was ein anderer in seinem ganzen Leben lernte … Was hätte ich nicht noch alles von ihm lernen können!«
»Ich verstehe das nicht«, meinte Wiesel und kratzte sich am Hinterkopf. »Wie kann dieses Siegel nur ein Buch sein? Ich hätte schwören können, es wäre ein Schloss.«
»In gewisser Hinsicht«, sagte Asela bedächtig, »ist es das auch. Es ist wie das Schloss an einem Tagebuch, das Eure innersten Geheimnisse hütet. Nur habt Ihr nicht den Schlüssel dazu.« Sie schaute mich fragend an. »Wieso hat es sich für Euch geöffnet und jetzt nicht mehr?«
Ich hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Ich weiß es nicht. Vielleicht hat es damit zu tun, was ich, wie Ihre Majestät so schön sagte, über das Siegel geblutet habe.«
»Hhm«, meinte Ser Wiesel und sah mich spekulierend an. »Könnten wir das vielleicht wiederholen?«
»Nein«, sagten Serafine, Desina und ich gleichzeitig, und auch Asela schüttelte den Kopf.
»Es gehört zu den Dingen, die wir nicht verstehen«, fuhr Desina fort, während ihr Blick nachdenklich auf mir ruhte. »Wir wissen nur, dass es Ser Roderik
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