Das blutige Land: Die Götterkriege 3 (German Edition)
Zudem konnte sie sich überall befinden, hier in Askir, in den Südlanden oder sonst irgendwo im Reich.
Also versuchte ich es gar nicht erst. Ich zog mein Schwert, was Kaiserin Elsine dazu veranlasste, eine elegant geschwungene Augenbraue anzuheben, und dachte angestrengt an die Eule mit den kalten blauen Augen.
Ein Windstoß wehte durch den kleinen Pavillon im Kaisergarten, und Asela stand vor mir, die Hände in den weiten Ärmeln ihres feinen Kettenmantels verborgen, aber mit offener Kapuze und … wie nicht anders zu erwarten, einer hochgezogenen, elegant geschwungenen Augenbraue.
Ich hatte noch nie einen Mann gesehen, der dies so vollendet konnte, es musste etwas sein, das die Seras vor dem Spiegel übten. Zusammen mit diesem teils geduldigen, teils entnervten Blick, der einem so wunderbar vermittelte, dass man ihre sonst so endlose Geduld wie üblich über Gebühr in Anspruch nahm.
Doch dann sah die Eule die Sera, die auf einer Bank nahe dem kleinen Tisch saß, an dem Asela und ich nun schon mehrfach Shah gespielt hatten.
Im Allgemeinen vermittelte die Eule leicht den Eindruck, dass es unter Soltars weitem Himmel nichts gäbe, das sie noch erschüttern könnte. Doch diesmal nicht. Freude, Verzweiflung, Trauer und vielleicht auch Entsetzen zeigten sich in ihren Zügen, während sie scharf die Luft einzog.
»Asela«, begrüßte Askannons Kaiserin die Eule höflich und neigte leicht den Kopf. »Ich bin froh zu sehen, dass es dir gelungen ist, dich aus seinen Klauen zu befreien.«
»Zumindest ist es Euch gelungen«, stellte Asela leise fest. »Ein Zeichen dafür, dass die Götter doch auf Gebete hören.«
»Als ob du froh darüber wärst«, gab die Kaiserin überraschend kühl zurück.
»Es war Asela, die mir den Weg zum Tor wies, das zu Eurem Tempel führte«, verteidigte ich die Eule gegenüber der alten Kaiserin.
»Tatsächlich?«, meinte diese wenig überzeugt.
Offenbar war es für die beiden Seras kein Grund, sich gegenseitig freudig in die Arme zu fallen, nur weil man sich siebenhundert Jahre nicht gesehen hatte.
»Zumindest das war ich Euch schuldig«, sagte die Eule betreten.
Die Kaiserin stand auf und trat ans Geländer, um über den Garten zu schauen, den der Kaiser vor so vielen Jahren für sie angelegt hatte, dann schwenkte ihr Blick zu dem Mausoleum, das im hinteren Teil des Gartens stand.
Sie krallte die Finger so fest in das Geländer, dass die Knöchel weiß hervortraten, schließlich stieß sie sich ab und bedachte die Eule mit einem Blick, der mich hätte flüchten lassen.
»Ich weiß, dass du, Balthasar und Feltor unter dem Einfluss des dunklen Kaisers gestanden habt«, sagte sie dann mit rauer Stimme. »Ich weiß auch, dass er es war, der euch gezwungen hat, mir so nahe zu kommen, dass ich euch hätte angreifen können … aber wenn jemand einem mit Feuer und Eis ein Bein verbrennt, ist es schwer, an dem Gedanken festzuhalten, dass Kennard es mir nie verzeihen könnte, wenn ich seinen Sohn oder seine Enkelin dafür erschlüge … und dennoch, du weißt nicht, wie nahe es daran war … Von denen gepeinigt zu werden, die man lieben sollte, die das Einzige waren, was von Kennard überdauerte … wie oft ich nahe daran war, euch zu vernichten, nur damit die Pein ein Ende hat.«
»Wir alle wussten es«, hauchte Asela. »Wir konnten nur nichts dagegen tun.«
»Ja«, entgegnete Askannons verlorene Kaiserin. »Balthasar, der seinem Vater kaum in etwas nachstand, und du … und Feltor, die mächtigsten Eulen, die das Kaiserreich je gesehen hatte … und ihr wart zu schwach, euch von seinem Joch zu befreien? Nun«, sagte sie mit einem harten Lächeln, »dir ist es anscheinend doch gelungen.«
»Für einen hohen Preis«, antwortete Asela gepresst. »Für einen hohen Preis.« Sie schluckte und strich ihre Robe glatt, nicht, dass dies bei dem schweren Material nötig gewesen wäre, und wandte sich dann mir zu.
»Ihr habt mich sicherlich nicht gerufen, um alte Bekanntschaften aufleben zu lassen. Dennoch bin ich froh, dass Ihr wieder bei Sinnen zu sein scheint.«
»Danke«, erwiderte ich und neigte den Kopf in Richtung der Kaiserin. »Sie half mir zurück.«
»Dann mag es sein, dass wir alle Euch verpflichtet sind«, sagte Asela leise zu ihr.
»Bei Gelegenheit kannst du mir vielleicht erklären, was so besonders an dem Lanzengeneral ist«, meinte die Kaiserin kühl, um sich mit einem Blick zu entschuldigen. »Nichts gegen Euch, Ser Roderik«, fügte sie hinzu. »Aber ich verstehe es
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