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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Mrs Redfern. «Ich gestehe, Madame, das tue ich.»
    «Sie sehen eine Menge», meinte sie nachdenklich.
     
    Es entstand eine lange Pause. Schließlich räusperte sich Pfarrer Stephen Lane und sagte mit einer Spur von Verlegenheit:
    «Was Sie vorhin äußerten, Monsieur Poirot, fand ich sehr interessant. Sie meinten, dass die Sonne auf die Guten und die Schlechten scheine. Das klingt fast nach einem Bibelzitat.» Er schwieg einen Augenblick und zitierte dann: «Ja, auch in den Herzen der Menschen ist das Böse, und der Wahnsinn wird in ihren Herzen sein, solange sie leben.» Über sein Gesicht glitt ein beinahe fanatisches Leuchten. «Ich war froh, dass Sie das gesagt haben. Heute glaubt niemand mehr an das Schlechte im Menschen. Bestenfalls betrachtet man es als die Verneinung des Guten. Der Glaube ist weit verbreitet, dass nur die Leute Böses tun, die es nicht besser wissen, die nicht aufgeklärt sind. Sie seien eher zu bemitleiden. Man könne sie nicht dafür verantwortlich machen. Aber, Monsieur Poirot, das Böse existiert! Es ist eine Tatsache! Ich glaube an das Böse, wie ich an Gott glaube. Es existiert! Es ist mächtig!»
    Heftig atmend wischte sich Lane mit dem Taschentuch über die Stirn. Dann sagte er entschuldigend: «Tut mir Leid. Da ist wohl der Gaul mit mir durchgegangen.»
    «Ich kann Sie sehr gut verstehen», erwiderte Poirot gelassen. «Bis zu einem gewissen Grad bin ich ganz Ihrer Meinung. Das Böse existiert und ist auch als solches zu erkennen.»
    Major Barry räusperte sich. «Da wir gerade von so etwas reden – in Indien habe ich mal einen Fakir gesehen…»
    Major Barry wohnte schon so lange im «Jolly Roger», dass alle Gäste seine fatale Neigung kannten, endlose Geschichten über Indien zu erzählen, und auf der Hut waren. Deshalb unterbrachen ihn Miss Brewster und Mrs Redfern fast gleichzeitig. «Ist das nicht Ihr Mann, der da draußen schwimmt, Mrs Redfern? Wie gut er kraulen kann. Ein hervorragender Schwimmer.»
    Im selben Augenblick rief Mrs Redfern: «Nein, sehen Sie mal, was für ein hübsches kleines Boot dort, mit den roten Segeln. Es gehört Mr Blatt, nicht wahr?»
    Das Boot passierte eben das Ende der Bucht.
    «Rote Segel, so was Verrücktes», brummte Major Barry, aber die Gefahr, dass er die Geschichte mit dem Fakir erzählte, war gebannt.
    Hercule Poirot betrachtete wohl wollend den jungen Mann, der inzwischen an Land geschwommen war. Patrick Redfern war das Musterexemplar von einem Mann – schlank, braun gebrannt, mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Er strahlte Lebensfreude aus, Fröhlichkeit und eine gewisse angeborene Natürlichkeit, die besonders den Frauen gefiel. Er stand da, schüttelte das Wasser ab und winkte grüßend zu seiner Frau hinauf.
    Sie winkte zurück und rief: «Komm rauf, Pat!»
    «Sofort.»
    Er ging ein Stück den Strand entlang, um das Handtuch zu holen, das er auf dem Sand liegen gelassen hatte. In diesem Augenblick kam eine Frau vom Hotel zum Strand herunter. Ihre Ankunft erinnerte an einen Bühnenauftritt. Und sie ging auch so, als wüsste sie das sehr genau. Dabei wirkte sie völlig unbefangen. Offensichtlich war sie an die verschiedenen Reaktionen, die ihr Erscheinen auslöste, gewöhnt.
    Sie war groß und schlank und trug einen einfachen, tief ausgeschnittenen weißen Badeanzug. Jedes Stückchen Haut, das zu sehen war, schimmerte in einem ebenmäßigen Bronzeton. Sie war vollkommen wie eine Statue. Das dichte rotbraune Haar fiel ihr in sanften Wellen bis über die Schultern. Auf ihrem Gesicht lag eine leichte Herbheit, wie man sie häufig bei Frauen über dreißig beobachten kann. Trotzdem wirkte sie wie die Jugend selbst – ein Sinnbild strahlender Vitalität. Ihre dunkelblauen Augen standen leicht schräg. Auf dem Kopf trug sie einen verrückten chinesischen Hut aus jadegrüner Pappe.
    Im Vergleich zu ihr wirkten alle anderen Frauen am Strand farblos und unbedeutend. Genauso unvermeidlich war es, dass sie die Blicke aller anwesenden Männer auf sich zog.
    Poirots Augen wurden größer, sein Schnurrbart zitterte anerkennend. Major Barry setzte sich auf. Seine vorstehenden Augen schienen vor Begeisterung noch weiter hervorzuquellen. Links von Poirot atmete Pfarrer Stephen Lane mit einem leisen Zischlaut hörbar ein, seine Miene wurde eisig.
    «Das ist Arlena Stuart», flüsterte Major Barry rau. «So hieß sie jedenfalls, ehe sie Marshall heiratete. Ich habe sie noch in ‹Kommen und Gehen› gesehen, kurz bevor sie die Schauspielerei

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