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Das Böse unter der Sonne

Das Böse unter der Sonne

Titel: Das Böse unter der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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verständlich», murmelte Poirot. «Sie ist sehr schön.»
    «Ja, zweifellos. Es gab dann noch einen Skandal, vor etwa drei Jahren. Der alte Erskine hinterließ ihr sein ganzes Vermögen, bis auf den letzten Penny. Man hätte annehmen sollen, dass diese Sache Ken endlich die Augen öffnen würde.»
    «Das war nicht der Fall?»
    Rosamund Darnley zuckte mit den Schultern.
    «Ich sagte Ihnen doch, dass ich ihn jahrelang nicht gesehen habe. Offenbar nahm er es sehr gelassen auf. Wieso eigentlich? Das wüsste ich zu gern. Vertraut er ihr einfach blind?»
    «Vielleicht gibt es noch andere Gründe.»
    «Ja, Stolz. Sich nichts anmerken lassen! Ich weiß nicht, was er für sie fühlt. Keiner weiß es.»
    «Und sie selbst? Wie steht Arlena zu ihm?»
    Rosamund starrte ihn wütend an. «Arlena? Sie ist die geldgierigste Person, die ich kenne. Und hinter den Männern her wie der Teufel hinter der armen Seele. Wenn ihr ein Mann auch nur auf hundert Meter nahe kommt, macht sie Jagd auf ihn.»
    Poirot nickte langsam. «Ja», sagte er. «Es stimmt, was Sie erzählen… Sie hat nur Augen für eine einzige Sache – Männer.»
    «Und jetzt ist sie auf Patrick Redfern scharf. Er sieht glänzend aus, ein unkomplizierter Typ. Sie wissen schon, er liebt seine Frau und ist kein Schürzenjäger. Der ist für Arlena ein gefundenes Fressen. Mir gefällt die kleine Mrs Redfern. Sie sieht auf eine blasse, schüchterne Art hübsch aus. Aber ich glaube nicht, dass sie gegenüber dieser männerfressenden Tigerin die geringste Chance hat.»
    «Sie haben sicher Recht.» Poirot wirkte besorgt.
    «Christine Redfern war Lehrerin, glaube ich. Sie gehört zu denen, die den Geist für wichtiger halten als den Körper. Das wird für sie ein böses Erwachen geben.» Rosamund erhob sich. «Es ist eine Schande», bemerkte sie und fügte dann etwas vage hinzu: «Jemand sollte etwas dagegen tun.»
     
    Linda betrachtete sachlich ihr Gesicht im Schlafzimmerspiegel. Sie mochte es nicht. Im Augenblick schien es ihr nur aus Knochen und Sommersprossen zu bestehen. Voll Abscheu betrachtete sie ihr dichtes hellbraunes Haar, das sie zu farblos fand, die graugrünen Augen, die hohen Wangenknochen und das lange energische Kinn. Der Mund und die Zähne waren nicht so übel, aber wen interessierten schon die Zähne? War da am Nasenflügel etwa ein Pickel?
    Nein, sie hatte sich getäuscht. Schrecklich, wenn man erst sechzehn war, dachte sie, wirklich schrecklich!
    Linda war so störrisch wie ein kleines Fohlen, so stachelig wie ein Igel. Sie wusste einfach nicht, wohin sie gehörte. In der Schule hatte sie es nicht so empfunden. Aber sie ging nicht mehr zur Schule. Kein Mensch schien zu wissen, was sie jetzt tun sollte. Ihr Vater hatte davon gesprochen, sie im nächsten Winter nach Paris zu schicken. Aber Linda wollte nicht nach Paris, nur – zu Hause bleiben wollte sie auch nicht. Bis jetzt hatte sie sich nie richtig klargemacht, wie sehr sie Arlena hasste.
    Stiefmütter! Es war schlimm, wenn man eine Stiefmutter hatte. Das sagten alle. Und es stimmte. Nicht, dass Arlena unfreundlich zu ihr war. Meistens bemerkte sie sie nicht einmal. Und wenn, dann behandelte sie sie mit Herablassung und Amüsiertheit. Sie spürte es an ihrem Blick, an ihren Worten. Die vollkommene Anmut von Arlenas Bewegungen betonte Lindas eigenes linkisches Benehmen noch. Wenn Arlena da war, wurde einem ganz besonders bewusst, wie unreif und hässlich man war, dachte Linda.
    Aber das war es nicht allein.
    Linda grübelte darüber nach. Es lag ihr nicht besonders, ihre Gefühle zu analysieren. Es hing damit zusammen, was Arlena mit den Leuten tat – mit dem Haus…
    Sie ist einfach schlecht, dachte Linda. Sie ist von Grund auf schlecht.
    Aber dabei konnte man es nicht einfach belassen. Man konnte nicht einfach die Nase rümpfen und sich erhaben über sie fühlen und nicht mehr an sie denken.
    Es hing damit zusammen, wie sie die Leute behandelte. Ihr Vater, also, ihr Vater war ganz anders…
    Linda dachte daran, wie ihr Vater gekommen war und sie von der Schule genommen hatte. Wie sie mit ihm einmal eine Schiffsreise gemacht hatte. Und dann ihr Vater zu Hause – mit Arlena. So – so verschlossen, als wäre er in Wirklichkeit gar nicht da.
    Und so geht’s jetzt weiter, überlegte Linda. Tag für Tag, Monat für Monat. Das halte ich nicht aus!
    Das Leben schien sich endlos vor ihr auszudehnen, eine endlose Kette von Tagen, die durch Arlenas Gegenwart verdunkelt wurden. Linda war noch sehr kindlich, sie

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