Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Bourne Imperium

Das Bourne Imperium

Titel: Das Bourne Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
Vom Netzwerk:
Konflikt zwischen Ost und West zu betonen, brach die Musik immer wieder überraschend ab, und dann drangen aus einem einzigen Instrument die klagenden Töne einer einfachen chinesischen Melodie, während die Gestalten auf der Bühne wie erstarrt in den Scheinwerferbündeln innehielten.
    Der Priester blieb einen Augenblick stehen und sah sich in dem riesigen, überfüllten Raum um. Ein paar Gäste in verschiedenen Stadien der Trunkenheit blickten von ihren Tischen zu ihm auf. Einige ließen Münzen auf ihn zurollen, während sie sich abwandten, und ein paar andere erhoben sich von ihren Stühlen, ließen Hongkong-Dollars neben ihre Gläser fallen und strebten der Tür zu. Der Heshang erzeugte Wirkung, aber nicht die Wirkung, die der fettleibige Mann im Smoking sich wünschte, der jetzt auf ihn zuging.
    »Kann ich Ihnen behilflich sein, Heiliger?«, fragte der Manager des Lokals mit lauter Stimme, um sich über der lärmenden Musik Gehör zu verschaffen.
    Der Priester beugte sich vor und sagte dem Mann etwas ins Ohr. Die Augen des Managers weiteten sich, dann verbeugte er sich und wies auf einen kleinen Tisch an der
Wand. Der Priester nickte seinen Dank und ging hinter dem Mann auf seinen Stuhl zu, während die Gäste in der Umgebung ihn mit Unbehagen zur Kenntnis nahmen.
    Der Manager beugte sich zu ihm hinunter und sprach mit einer Ehrfurcht, die er nicht empfand: »Wünschen Sie eine Erfrischung, Heiliger?«
    »Ziegenmilch, falls Sie zufällig welche haben sollten. Wenn nicht, ist mir gewöhnliches Wasser recht. Und ich danke Ihnen.«
    »Es ist meinem Lokal eine Ehre«, sagte der Mann im Smoking und verbeugte sich. Im Weggehen versuchte er, den Dialekt des anderen einzuordnen; aber das war nicht wichtig. Dieser große Priester im weißen Umhang hatte Geschäfte mit dem Laoban, und das war alles, worauf es ankam. Er hatte tatsächlich den Namen des Laoban ausgesprochen, einen Namen, der auf der Goldenen Meile nur selten fiel. Und an diesem ganz besonderen Abend war der mächtige Taipan anwesend – in einem Raum, zu dessen Existenz er sich niemals öffentlich bekennen würde. Aber es war nicht Aufgabe des Managers, dem Laoban zu sagen, dass der Priester eingetroffen war; der Mann im weißen Gewand hatte daran keinen Zweifel gelassen. Alles sollte an diesem Abend in aller Stille geschehen, darauf hatte er bestanden. Wenn der erhabene Taipan ihn zu sehen wünschte, würde ein Mann herauskommen und ihn finden. So möge es sein; so pflegte es der geheimnisvolle Laoban zu halten, einer der wohlhabendsten, berühmtesten Taipans in Hongkong.
    »Lass einen Küchenjungen Ziegenmilch holen«, sagte der Manager unfreundlich zu einem herumstehenden Boy. »Und sag ihm, er soll sich beeilen. Die Existenz seiner stinkenden Nachkommen hängt davon ab.«
    Der heilige Mann saß ausdruckslos am Tisch und seine glühenden Augen wirkten jetzt sanfter, beobachteten das närrische Geschehen um ihn, allem Anschein nach ohne es zu verurteilen oder zu akzeptieren; einfach mit dem Mitgefühl eines Vaters, der seine vom Wege abgekommenen und doch ihm lieben Kinder betrachtet.
    Plötzlich stach etwas durch die kreisenden Lichter. Ein
paar Tische entfernt wurde ein Streichholz angerissen und schnell wieder ausgelöscht. Dann ein zweites und schließlich ein drittes; Letzteres diente dazu, eine lange, schwarze Zigarette anzuzünden. Die dicht aufeinander folgenden Lichtblitze zogen die Aufmerksamkeit des Priesters auf sich. Sein verhüllter Kopf drehte sich langsam der Flamme und dem unrasierten, schlecht gekleideten Chinesen zu, der jetzt den Rauch in sich hineinsog. Ihre Augen begegneten sich. Das Nicken des heiligen Mannes war kaum wahrnehmbar, kaum eine Bewegung, und eine ebenso unauffällige Bewegung antwortete ihm, als das Streichholz verlosch.
    Sekunden später stand der Tisch des schäbigen Rauchers in Flammen. Feuer sprang von der Tischfläche hoch und breitete sich blitzschnell über alle Papiergegenstände auf der Tischplatte aus – Servietten, Speisekarten, Dim-Sum- Körbe. Der Chinese schrie und warf den Tisch um, während die Kellner kreischend auf das Feuer zurannten. Die Gäste ringsum sprangen auf, als die schmalen blauen Flammenzungen wie Bäche über den Boden huschten, um die erregten, stampfenden Füße herum. Alles ging drunter und drüber, als die Leute mit Tischtüchern und Schürzen die Flammen ausschlugen. Der Manager und seine Bediensteten gestikulierten wild, schrien, alles sei unter Kontrolle, es bestehe keine

Weitere Kostenlose Bücher