Das Bourne Imperium
eine Anzahl Feinde verschafft hat. Ich habe mir Feinde gemacht, Mr. Webb. Das war mein Beruf. Wir waren bemüht, unseren Einfluss in diesem Teil der Welt
auszuweiten, und jedes Mal, wenn Amerikaner in irgendwelche kriminellen Aktivitäten verwickelt waren, habe ich mir redlich Mühe gegeben, den Behörden dabei behilflich zu sein, sie dingfest zu machen, oder zumindest dafür zu sorgen, dass sie Asien verließen. Wie hätten wir besser unsere guten Absichten zeigen können, als indem wir unseren eigenen Leuten das Handwerk legten? Das war auch der Grund, weshalb man mich nach Washington zurückbeordert hat. Und indem wir meinen Namen benutzen, verschaffen wir der Geschichte eine gewisse Authentizität, die Sheng Chou Yang nicht entgehen wird. Sehen Sie, wir kennen einander. Er wird über ein Dutzend Möglichkeiten nachdenken; hoffentlich auch die richtige, aber keine, die auch nur entfernt mit einem britischen Major in Beziehung steht.«
»Wobei die richtige Spekulation die wäre«, unterbrach Conklin leise, »dass hier seit etlichen Jahren niemand mehr etwas von dem ersten Jason Bourne gehört hat.«
»Genau.«
»Also bin ich die Leiche unter Gewahrsam«, sagte Webb, »an die man keinen heranlässt.«
»Ja, die könnten Sie sein«, sagte McAllister. »Sehen Sie, wir wissen nicht, was Sheng weiß, wie viel er in Erfahrung gebracht hat. Jedenfalls muss für ihn zweifelsfrei feststehen, dass der Tote nicht sein Killer ist.«
»Womit einem weiteren Mann in seiner Maske der Weg offen gehalten wird, dorthin zurückzukehren und Sheng in die Falle zu locken«, fügte Conklin voll Respekt hinzu. »Ich muss den Hut vor Ihnen ziehen, Mr. McAllister. Sie sind zwar ein Schweinehund, aber Sie verstehen sich auf Ihr Handwerk.«
»Sie würden in die Schusslinie geraten, Edward«, sagte Havilland und sah dabei den Staatssekretär aufmerksam an. »Das habe ich nie von Ihnen verlangt. Sie haben wirklich Feinde.«
»Ich möchte es aber so machen, Herr Botschafter. Sie beschäftigen mich, damit ich Sie, so gut ich kann, berate, und nach meiner festen Überzeugung ist das die sicherste Methode.
Wir brauchen eine dichte Nebelwand. Und die kann mein Name liefern – für Sheng. Der Rest lässt sich irgendwie mit mehrdeutigen Formulierungen kaschieren, Formulierungen, die jeder, den wir erreichen wollen, verstehen wird.«
»Also gut«, sagte Webb und schloss plötzlich die Augen.
»David …« Marie berührte sein Gesicht.
»Tut mir Leid.« Webb griff nach dem Aktendeckel, der vor ihm lag und schlug ihn dann auf. Auf dem ersten Blatt war eine Fotografie zu sehen, darunter in Druckbuchstaben ein Name. Der Name lautete Sheng Chou Yang, aber das war keine Überraschung. Es war das Gesicht. Es war das Gesicht des Schlächters ! Des Wahnsinnigen, der Frauen und Männer mit seinem juwelenbesetzten Zeremonienschwert zerhackte, der Brüder dazu zwang, mit rasiermesserscharf geschliffenen Messern gegeneinander zu kämpfen, bis einer den anderen tötete, der das Leben des tapferen, gemarterten Echo mit einem Schwertstreich nahm. Bourne hörte zu atmen auf, und die unvorstellbare Grausamkeit brachte sein Blut in Wallung, als diese schrecklichen Bilder ihm wieder vor Augen traten. Während er die Fotografie anstarrte, drängte sich ihm der Anblick Echos auf, d’Anjous, der sein Leben wegwarf, um Delta zu retten. Delta wusste, dass es Echos Tod zuzuschreiben war, dass er den Killer hatte fangen können. Echo war mutig gestorben, trotzig, hatte seinen schrecklichen Tod hingenommen, auf dass ein anderer Mann von Medusa nicht nur fliehen konnte, sondern auch, um mit dieser letzten Geste auszudrücken, dass der Wahnsinnige mit dem Schwert getötet werden musste!
»Das «, flüsterte Jason Bourne, »ist der Sohn Ihres unbekannten Taipan?«
»Ja«, sagte Havilland.
»Ihr verehrter Philosophenfürst? Der chinesische Heilige …?«
»Ja, der ist es.«
»Dann haben Sie sich geirrt ! Er hat sich gezeigt! Herrgott, und wie er sich gezeigt hat!«
Der Botschafter war völlig perplex. »Sind Sie sicher?«
»Und ob.«
»Dann müssen das außergewöhnliche Umstände gewesen sein«, sagte McAllister verblüfft. »Und das bestätigt auch, dass der falsche Bourne nie lebend aus China herausgekommen wäre. Trotzdem, der Grund dafür muss ja ein wahres Erdbeben gewesen sein!«
»Das war es auch. Niemand außerhalb Chinas wird je davon erfahren. Maos Mausoleum wurde zu einer Schießbude. Das war ein Teil der Falle, und sie haben verloren. Echo hat auch
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