Das Bourne Imperium
Alex. »Panov hat sie dir geliefert.«
»Mo?«
»Ja. Die Akten im Außenministerium, die offiziellen Aufzeichnungen.«
»Die Akten … ?« Webb hatte das einen Augenblick lang vergessen gehabt, nicht aber Conklin. »In welcher Hinsicht ?«
»Dort haben sie angefangen, diese neue Akte über dich aufzubauen. Ich mache mich inzwischen an die Sicherheitsabteilung heran und tische denen eine andere Version auf, zumindest eine Version, die erfordert, dass irgendjemand Antworten liefert – wenn ich Recht habe, wenn das mit dem Versuchsballon klappt. Diese Akten sind nur ein Mittel zum Zweck; die Sicherheitsbeamten, die dafür zuständig sind, werden Raketen hochgehen lassen, wenn sie meinen, dass sich jemand daran zu schaffen gemacht hat. Die werden unsere Arbeit für uns tun … Aber erst brauchen wir die Lüge.«
»Alex«, sagte David und beugte sich im Sessel weit nach
vorne, »vor ein paar Augenblicken hast du etwas von absetzen gesagt …«
»Ich habe nur gemeint, dass wir ihnen das Handwerk legen müssen.«
»Das weiß ich, aber wie wäre es, wenn wir es hier in einem anderen Sinn verwenden würden? Die sagen doch immer, ich sei pathologisch schizophren – das bedeutet doch, dass ich fantasiere, manchmal die Wahrheit sage und manchmal nicht, und dass ich das eine nicht vom anderen unterscheiden kann.«
»Ja, das sagen die«, räumte Conklin ein. »Einige von denen glauben es vielleicht sogar. Und?«
»Warum machen wir uns diese Ansicht dann nicht zunutze? Wir sagen denen, dass Marie sich abgesetzt hat. Sie hat mit mir Verbindung aufgenommen, und ich bin zu ihr unterwegs.«
Alex runzelte die Stirn, dann machte er große Augen, und die Runzeln auf seiner Stirn glätteten sich. »Das ist perfekt«, sagte er leise. »Mein Gott, wirklich perfekt ! Die Verwirrung wird sich ausbreiten wie ein Buschfeuer. Bei einer Operation wie dieser kennen nur zwei oder drei Männer sämtliche Einzelheiten. Die anderen sind nicht in alles eingeweiht. Herrgott, kannst du dir das vorstellen? Eine amtlich sanktionierte Entführung! Ein paar Leute im innersten Zirkel könnten tatsächlich in Panik geraten und übereinander herfallen, weil sie an nichts anderes denken, als ihre Ärsche zu retten. Sehr gut, Mr. Bourne.«
Eigenartigerweise störte Webb die Anrede überhaupt nicht, er akzeptierte sie einfach, ohne nachzudenken. »Hör zu«, sagte er und stand auf, »wir sind beide erschöpft. Wir wissen jetzt, was wir wollen, also sollten wir ein paar Stunden schlafen und am Morgen noch einmal alles durchgehen. Wir beide haben schließlich schon vor Jahren gelernt, wie wichtig wenigstens ein paar Stunden Schlaf sind.«
»Gehst du ins Hotel zurück?«, fragte Conklin.
»Auf keinen Fall«, erwiderte David und sah den müde wirkenden CIA-Mann an. »Bring mir einfach eine Decke. Ich schlafe hier, vor der Bar.«
»Du hättest auch lernen sollen, wann man sich um manche Dinge keine Sorgen zu machen braucht«, sagte Alex. Er stand auf und humpelte zu einem Schrank in der Nähe der kleinen Diele. »Wenn das meine letzte Schlacht sein soll – so oder so –, dann werde ich sie mit ganzer Kraft durchfechten. Vielleicht bringt das sogar etwas Ordnung in mein Leben.« Conklin drehte sich um. Er hatte jetzt eine Decke und ein Kopfkissen in der Hand, die er aus dem Schrank geholt hatte. »Man könnte das vielleicht eine Art Vorahnung nennen. Aber weißt du, was ich gestern Abend nach der Arbeit gemacht habe?«
»Natürlich. Schließlich gibt es neben einigen anderen Hinweisen ein zerbrochenes Glas auf dem Boden.«
»Nein, ich meine vorher.«
»Was?«
»Ich war im Supermarkt und hab tonnenweise Lebensmittel gekauft. Steaks, Eier, Milch – sogar den Pamps, den die Hafermehl nennen. Ich meine, das tu ich sonst nie.«
»Du hast eben tonnenweise Lebensmittel gebraucht. Das kommt manchmal vor.«
»Dann gehe ich in ein Restaurant.«
»Worauf willst du hinaus?«
»Leg du dich schlafen; die Couch ist groß genug. Ich mache mir etwas zu essen. Ich möchte noch nachdenken. Ich brate mir ein Steak und vielleicht ein paar Eier.«
»Du brauchst Schlaf.«
»Zwei, zweieinhalb Stunden reichen. Und dann esse ich etwas von dem verdammten Hafermehl.«
Alexander Conklin ging durch den Korridor im dritten Stock des Außenministeriums. Er war bemüht, sein Humpeln zu unterdrücken, was es nur umso schmerzhafter machte. Er wusste, was mit ihm vorging: Da war eine Aufgabe, die ihm gestellt war und die er gut erledigen wollte – sogar
Weitere Kostenlose Bücher