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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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Repräsentativversammlung, die nach dem Vorbild der Teilhaberversammlungen der Londoner Gesellschaft einzurichten war; am 30. Juli 1619 versammelten sich zweiundzwanzig Abgeordnete – in elf Siedlungsdistrikten von allen Männern über siebzehn gewählt – in der Kirche von Jamestown, um fortan einmal im Jahr mit dem Gouverneur und dessen engerem Rat über Gesetzesvorschläge zu beraten. Es war dies das erste parlamentarische Gremium in der Geschichte Nordamerikas.
    Wenn auch der Tabakanbau und die Boden- und Verwaltungsreformen die Grundlagen für den künftigen Aufschwung der Kolonie bildeten, so konnte die Londoner Virginia Company gleichwohl davon nicht profitieren. Vielmehr führten gerade die Erfolge des Tabakanbaus in die nächste große Krise. Mit ihren Forderungen nach immer mehr Land für ihre Plantagen provozierten die englischen Siedler einen großangelegten Versuch der Indianer, die europäischen Eindringlinge ein für alle Mal zu vertreiben. Am Karfreitag des Jahres 1622 griffen sie in einer sorgfältig geplanten, gut organisierten Aktion die englischen Niederlassungen an und töteten 347 Siedler. Am Ende war damit das Schicksal der einheimischen Stämme besiegelt, denn von nun an sahen sich die Engländer jederzeit gerechtfertigt, rücksichtslos gegen die savages, ‹die Wilden›, wie sie in der Regel genannt wurden, vorzugehen und sie bedenkenlos ihres Landes zu berauben. Der erste Racheakt bestand darin, 200 Indianer mit vergiftetem Wein umzubringen, 1623 wurden weitere 50 in einen Hinterhalt gelockt und niedergemetzelt, und einem regelrechten Rachefeldzug fielen 1624 weitere 800 zum Opfer. Im Moment jedoch bedeutete das Massaker das Ende für die Virginia Company, die sich nicht mehr in der Lage sah, dessen unmittelbare Auswirkungen auf die Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung der Kolonie auszugleichen. Obwohl man in den Jahren zwischen 1606 und 1624 ca. 200.000 Pfund in das Unternehmen investiert und immer wieder mit Erfolg um neue Siedler geworben hatte, schrieb die Gesellschaft doch bis zu ihrem Ende rote Zahlen. Am 24. Mai 1624 erwirkte König Jakob I. mit einem Gerichtsbeschluß ihre Auflösung; die Kolonie wurde fortan direkt der Krone unterstellt, die auch ab sofort deren Gouverneur ernannte.
    Von nun an war ein stetiger Aufschwung zu verzeichnen, der in einem ungebrochenen Bevölkerungswachstum seinen Niederschlag fand. Dies war allerdings in erster Linie auf steigende Einwandererzahlen zurückzuführen – jährlich zwischen 500 und 1000 Personen, nach 1650 dann doppelt so viele –, denn die hohe Sterblichkeit und die Bevölkerungsstruktur der Anfangszeit standen zunächst einem natürlichen Wachstum der Kolonie entgegen. So zählte man z.B. in den Jahren zwischen 1618 und 1624 etwa 4000 Einwanderer, aber die Zahl der weißen Siedler wuchs dabei nur von etwa 700 auf 1253 im Jahre 1624. Von denen waren 78,2 % männlich, davon mehr als die Hälfte unter 25 Jahren, nur 18 % weiblich und lediglich 3,6 % Kinder. 1640 zählte die Kolonie bereits mehr als 8000 Einwohner und 1660 schon rund 25.000.
    Die meisten Einwanderer kamen infolge des wachsenden Bedarfs an billigen Arbeitskräften für den immer stärker expandierenden Tabakanbau. Etwa drei Viertel der Immigranten waren indentured servants, die sich vertraglich verpflichtet hatten, fünf bis sieben Jahre als Entgelt für die Überfahrt ihrem Vertragspartner ihre Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen (indenture, wörtlich: ‹Einkerbung›, meint die Praxis, die Echtheit der Kopie eines Kontraktes durch mit dem Original übereinstimmende Markierungen am Rande zu gewährleisten). Nach Ablauf der Dienstzeit erhielt der einzelne das Anrecht auf die kostenlose Zuweisung von 50 acres Land (ca. 20 Hektar) sowie eine bescheidene Arbeitsausstattung. In der Regel waren es junge Männer zwischen 15 und 24 aus den Londoner Slums oder vom Lande, die in England keine Zukunft für sich sahen. In Virginia erwarteten sie allerdings oft Arbeitsverhältnisse, in denen sie nahezu rechtlos dem Plantagenbesitzer ausgeliefert waren, nicht unähnlich den Sklaven, die allerdings erst gegen Ende des Jahrhunderts in größerer Zahl aus Afrika herübergebracht wurden, um an die Stelle der indentured servants zu treten.
    Allmählich gingen die oftmals chaotischen Zustände der ersten Jahrzehnte Virginias in geordnete Verhältnisse über, die in vielem die Zustände in der englischen Heimat widerspiegelten. Die meisten Siedler waren englischer

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