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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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Herkunft. Auch die koloniale Gesellschaft war hierarchisch gegliedert, wobei die Elite der großen Plantagenbesitzer mit der Zeit eine ähnliche soziale und politische Führungsposition einnahm wie der englische Landadel. In der Kolonie galt das englische Recht, in ihren Verwaltungsinstitutionen kopierte sie die des Mutterlandes, zu dem durchweg enge kommerzielle und soziale Verbindungen bestanden. Virginia war für viele vielleicht ein besseres, aber kein anderes England; ein neues England, das jedoch kein Gegenentwurf zum alten England war. Und darin unterschied sich Virginia grundsätzlich von den ‹Neuengland-Kolonien› im Norden.
    Die Neuengland-Kolonien
    Die englische Kolonie Virginia verdankte ihre Existenz in erster Linie dem Gewinnstreben wagemutiger Unternehmer sowie der Hoffnung auf eine bessere Zukunft jener, die als künftige Siedler die gefährliche Überfahrt wagten, um der Ausweglosigkeit sozialen Elends in der Heimat zu entrinnen. Hinzu kamen, vor allem während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, schon bald religiöse Motive, die zahlreiche Engländer veranlaßten, jenseits des Atlantiks eine neue Heimat zu suchen.
    Dieser Exodus war eine Spätfolge des besonderen Charakters der englischen Reformation, die zunächst einmal ein Akt der Staatsraison gewesen war. Aus politischen Gründen, d.h. um durch erneute Heirat die Thronfolge zu sichern, hatte Heinrich VIII. die Trennung von Rom und die Gründung einer anglikanischen Staatskirche mit dem König als deren Oberhaupt betrieben. Damit aber war nach dem Urteil entschiedener Protestanten die Reformation auf halbem Wege stehengeblieben, denn trotz gewisser Annäherungen an kontinentaleuropäisches reformatorisches Gedankengut und trotz der radikalen Säkularisierung der Klöster blieben in Liturgie und klerikaler Organisation manche Elemente der katholischen Tradition erhalten. Hinzu kam, daß die staatliche Kirchenpolitik nach dem Tode Elisabehts I. und besonders seit der Thronbesteigung Karls I. 1625 eine Wiederannäherung an den römischen Katholizismus anzustreben schien. Zumindest die überzeugten Anhänger einer radikalen Reformation sahen England zunehmend dem Sog der europäischen Gegenreformation ausgesetzt. Diese ‹Puritaner›, die die ‹reine› (pure) Lehre durch eine gereinigte Kirche gewahrt sehen wollten, gerieten mit ihren Zielen und Forderungen als innerkirchliche Oppositionsbewegung nicht nur in immer stärkeren Gegensatz zur offiziellen Staatskirche, sondern sahen sich schon bald staatlicher Verfolgung ausgesetzt, da nach Auffassung der Zeit die Einheit des Staates notwendig die Einheit der Konfession seiner Untertanen voraussetze.
    So war bereits 1608 eine kleine freikirchliche Gemeinde aus der Gegend der Stadt York nach Holland ausgewandert, befürchtete dort aber, ihre englische Identität einzubüßen. Da man zugleich Kunde von den ersten Siedlungsversuchen an der amerikanischen Küste erhielt, beschloß man schließlich, dorthin auszuwandern. Zunächst nach England zurückgekehrt, gelang es, bei einem Londoner Finanzkonsortium den nötigen Kredit aufzunehmen und die Konzession zu erlangen, sich in Virginia als selbständige Gemeinde niederzulassen. Am 6. September 1620 verließen dann 102 Auswanderer an Bord des Schiffes Mayflower den Hafen von Plymouth. Nach beschwerlicher Überfahrt verfehlten sie allerdings das angestrebte Ziel und landeten statt dessen am 11. November 200 Meilen weiter nördlich in der Bucht von Cape Cod, wo sie die Siedlung ‹New Plymouth› gründeten. Da die Konzession nur für Virginia galt und die Auswanderer nicht im Besitz einer königlichen Charter waren, unterzeichneten sämtliche männlichen Auswanderer – die ‹Pilgerväter›, wie sie später genannt wurden – noch am Tage ihrer Landung eine gemeinsame Übereinkunft – den sog. Mayflower Compact –, in der sie ihren Willen bekundeten, sich zu einem «civil body politic» zusammenzuschließen, d.h. zu einer Gemeinschaft, die gemeinsame Ziele nach bestimmten, von allen anerkannten Regeln verwirklicht. Und obwohl dieser ganz handfeste Gesellschaftsvertrag in Ermangelung einer offiziellen Charter lediglich als Provisorium gedacht war, wurde er in späteren Zeiten in den Rang eines ersten Zeugnisses amerikanischer demokratischer politischer Kultur erhoben.
    Auch hier im Norden waren die Anfänge beschwerlich, auch hier überlebte lediglich die Hälfte der Ankömmlinge den ersten Winter, und obgleich das folgende Jahr eine gute

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