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Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition)

Titel: Das Britische Empire: Geschichte eines Weltreichs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wende
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Rechte der katholischen Kirche, u.a. auf den Zehnten sowie die Ernennung von Bischöfen, ausdrücklich anerkannt – und dies zu einer Zeit, in der in England Katholiken noch keineswegs gleichberechtigte Staatsbürger waren. Es mag z.T. an diesen Konzessionen gelegen haben, daß während des Unabhängigkeitskrieges nicht nur die maritimen Kolonien Neuschottland und Neufundland, sondern auch Québec nicht den Verlockungen der amerikanischen Revolutionäre erlagen und treu zum Empire standen.
    Paradoxerweise war es dann die Niederlage des Empire, die für dessen verbliebenen Teil in Nordamerika eine Phase beträchtlichen Aufschwungs einleitete. Der Großteil der sog. ‹Loyalisten›, die während der Kämpfe für England Partei ergriffen hatten, sowie jene, die sich vom Sieg der Revolution nichts erhofften, d.h. schwarze Sklaven, in britischen Diensten stehende entlassene Söldner oder auch Indianer, zogen nun nach Norden. Insgesamt waren es zwischen 60.000 und 100.000, von denen der Großteil in Neuschottland eine neue Heimat suchte, so daß aus diesem Anlaß 1784 hier die Kolonie Neubraunschweig gegründet wurde. Und als zur gleichen Zeit in der Provinz Québec der Anteil der Engländer sprunghaft anstieg, wurde die Kolonie 1791 geteilt. Lower Canada hieß fortan das alte französische Siedlungsgebiet am Unterlauf des St. Lorenz-Stroms, in Upper Canada siedelten die amerikanischen Loyalisten. Beide Provinzen erhielten nun eine Verfassung nach britischem Muster mit einer aus zwei Kammern bestehenden Volksvertretung, wobei das Wahlrecht zum Unterhaus bereits recht weit gefaßt war. Dies bedeutete, daß erstmals nichtbritischen Untertanen das Recht auf Selbstverwaltung zugestanden wurde. Angesichts der Tatsache, daß gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Britisch-Nordamerika immer noch die Franzosen die zahlenmäßig stärkste ethnische Gruppierung bildeten, war dies ein bedeutsamer Schritt, der allerdings zunächst nicht zum Abbau der Spannungen zwischen den Volksgruppen beitrug. Und noch 1822 stellten die vorwiegend auf Lower Canada konzentrierten französischen Kanadier dank ihrer hohen Geburtenrate mit ca. 350.000 die Mehrheit einer Gesamtbevölkerung der vier Provinzen von ca. 6 – 700.000.
    Trotz ihrer bis in die Jahrhundertmitte reichenden zahlenmäßigen Überlegenheit empfanden sich viele der Franko-Kanadier als britische Untertanen zweiter Klasse, denn die britischen Siedler saßen an den Schaltzentren der Kolonialverwaltung. Nicht nur, daß die Gouverneure aus London entsandt wurden, auch die von ihnen ernannten Ratsversammlungen waren mit Vertretern der britischen Oligarchie besetzt, und selbst in der Provinz Lower Canada mit ihrer überwältigenden französischen Mehrheit stellten die Briten zu Anfang des Jahrhunderts 16 von 51 Abgeordneten. Die aus solchen Mißverhältnissen resultierenden Spannungen führten dazu, daß nun auch die Franzosen entgegen ihrer Tradition aber zur Wahrung ihrer nationalen Interessen und Identität die Forderung nach demokratisch fundierter politischer Selbstbestimmung erhoben. Aber auch im englisch dominierten Upper Canada kam es zu ähnlichen Konflikten. Hier opponierten Neuzuwanderer gegen die Cliquenwirtschaft der alteingesessenen Oligarchie und verlangten ebenfalls eine von parlamentarischer Kontrolle abhängige Regierung. So kam es 1837 schließlich in beiden Provinzen zu bewaffneten Aufständen. In Lower Canada riefen unter der Führung des Anwalts Papineau französische ‹Söhne der Freiheit› die Republik aus und in Upper Canada marschierte der schottische Journalist William Mackenzie an der Spitze aufgebrachter Siedler auf die Hauptstadt Toronto, um dort die Regierung zu übernehmen.
    Beide Revolten scheiterten kläglich, die Anführer flohen über die Grenze in die Vereinigten Staaten. Doch zugleich war deutlich geworden, daß hier der gleiche Konflikt drohte, der schließlich zum Abfall der amerikanischen Kolonien geführt hatte, als sich die Forderungen nach Selbstverwaltung und Reichseinheit unversöhnlich gegenüberstanden. Hinzu kam, daß in der zentralen Provinz Lower Canada die Spannungen zwischen Engländern und Franzosen die Situation noch zusätzlich verschärften. In London war man sich dieser Probleme bewußt, entsandte diesmal jedoch kein Heer nach Amerika, sondern ernannte den Earl of Durham zum Generalgouverneur von Britisch-Nordamerika und erteilte ihm zugleich den speziellen Auftrag, die gegenwärtige Krise der Kolonie zu analysieren und

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