Das Buch Der 1000 Wunder
Folge zur Entdeckung von Elementen führte, die sich bis dahin in den Schlupfwinkeln anderer Verbindungen verborgen hatten.
So zeigten sich beim Verbrennen winziger Rückstände von Mineralwasser eine bis dahin unbekannte rote und eine feine blaue Linie. Kirchhoff und Bunsen wußten beim ersten Aufflammen dieser Verräterlinien: hier muß ein noch unentdeckter Urstoff vorhanden sein. Die bekannten Stoffe wurden ausgesondert, der Findling blieb zurück: es war ein neues Metall, das Cäsium. Fast gleichzeitig wurde das Rubidium (1860) gefunden, und durch andere Forscher auf dem gleichen spektralanalytischen Weg nach einander: das Thallium, Indium, Gallium, Argon, Helium, Neon, Krypton und Xenon.
214 Und aus jenen Linien erfloß zudem eine neue Erkenntnis der Beschaffenheiten in fernen Welten. Die Sonne hatte es in ihrer Schrift auf ihr Spektrum aufgeschrieben, was sie enthielt. Nun gewannen die dunkeln Runen eine lebendige Sprache, die der Menschheit verkündete: in der Sonnenatmosphäre gibt es Eisen, Natrium, Calcium, Aluminium, Nickel, Chrom, Kupfer, Zink, Kohlenstoff, Wasserstoff. Ein neuer Ausblick in die elementare Einheitlichkeit des Weltgebäudes tat sich auf.
Aber ein Skeptiker könnte einwenden: das sind doch nur Schlüsse, die ebensogut das Richtige treffen, wie fehlgehen können; alles beruht doch hier auf der Deutung jener Spektrallinien, ohne daß ein Mittel vorhanden ist, das Deutungsergebnis direkt an Ort und Stelle, auf der Sonne oder auf einem anderen Stern, zu prüfen?!
Nun, die Skeptiker – falls noch solche vorhanden sein sollten – können sich beruhigen. Es geht eben hier alles nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit zu, wie auch sonst in Dingen der Erkenntnis, und die obwaltenden Methoden stellen zum mindesten den Wahrscheinlichkeitsgrad jener Aussagen mathematisch fest. Wenn also behauptet wird, die Spektralanalyse ergibt für die Sonne das Vorhandensein von Natrium oder von Wasserstoff, so heißt dies beispielsweise nach dem Wahrscheinlichkeitsgrad und ganz populär ausgedrückt: man kann vernünftigerweise eine Trillion gegen eins wetten, daß dies in Wirklichkeit den Tatsachen entspricht.
158. Der Zeeman-Effekt
Quellen: Professor Dr. Wilhelm Ostwald: »Große Männer«. Akademische Verlagsgesellschaft m.b.H., Leipzig, 1909. – E. Gehrke: »Struktur der Spektrallinien« in der Sammlung »Kultur der Gegenwart«, Band »Physik« unter der Redaktion von E. Warburg. Verlag B. G. Teubner, Leipzig, 1915.
Zu den ersten Verkündern der Einheit von Licht und Elektrizität gehörte unser großer Heinrich Hertz , der diese Lehrmeinung auf der deutschen Naturforscherversammlung zu Heidelberg 1889 mit den wunderverkündenden Worten vertrat: »Das Licht ist eine elektrische Erscheinung, das Licht an sich, alles Licht, das Licht der Sonne, das der Kerze, das eines Glühwurms. Nehmt aus der Welt die Elektrizität, und das Licht verschwindet; nehmt aus der Welt den lichttragenden Äther, und die elektrischen und magnetischen Kräfte können nicht mehr den Raum überschreiten.«
Zu den experimentellen Bestätigungen, die Hertz selbst zu liefern vermochte, trat eine Erscheinung, um deren Auffindung sich schon Faraday mit versagenden Kräften bemüht hatte. Er benutzte im Jahre 1862 ein eben erhaltenes Steinheilsches Spektroskop, um einen Einfluß des Magnetismus auf die 215 Spektrallinien zu finden. Faradays Versuche schlugen fehl, um erst unter den Händen des holländischen Physikers Pieter Zeemann zu vollem Gelingen aufzuleben.
Die im vorigen Abschnitt bereits erwähnte gelbe Natrium-Linie bildete den Ausgang der Zeemannschen Forschung. Der Holländer stellte die das Gelb aussendende Kochsalzflamme zwischen die Pole eines starken Elektromagneten und beobachtete eine Spaltung der Spektrallinien in Gruppen von je zweien oder dreien, je nach der Stellung des Gesichtsfelds. Bewiesen wurde durch das Zeemannsche Phänomen, daß sich das Licht in seiner Grundeigenschaft – Farbe, Schwingungsart – unter dem Einfluß eines magnetischen Felds verändert, gedeutet: daß dieser Zusammenhang auf dem Verhalten allerkleinster Teilchen beruhen müsse. Nicht nur bis zum Atom, sondern tief in das Innere des Atoms führt diese Deutung. Als die Grundursache des Leuchtens gilt danach ein schwingendes, negativ geladenes Teilchen, das Elektron, dessen Masse man sich kleiner als ein Tausendstel des Atoms vorzustellen hat.
159. Bausteine des Universums
Quelle: Artur Fürst , Vortrag: »Der Aufbau des
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