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Das Buch der Schatten 2

Das Buch der Schatten 2

Titel: Das Buch der Schatten 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiernan Cate
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verschränkte die Arme und sah sie an. »Bin ich etwa adoptiert? «
    Schweigen. Ein ewiglanger Augenblick, in dem nur das Ticken der Uhr zu hören war, das leise Kratzen, mit dem die Äste der Ulme über meine Fensterscheiben fuhren. Mein Herzschlag schien in Zeitlupe zu schlagen. Mom tastete nach meinem Schreibtischstuhl und ließ sich schwer darauf sinken. Mein Vater trat von einem Fuß auf den anderen und blickte über meine linke Schulter ins Nichts. Mary K. starrte uns an.

    »Was?« Ich versuchte zu lächeln. »Was? Was soll das heißen? Bin ich etwa tatsächlich adoptiert? «
    »Natürlich bist du nicht adoptiert! «, sagte Mary K. und sah Mom und Dad Zustimmung heischend an.
    Schweigen.
    In meinem Innern kam eine Mauer zum Einsturz, und ich sah, was dahinter lag: eine ganze Welt, die ich nie im Traum vermutet hätte, eine Welt, in der ich adoptiert und biologisch nicht mit meiner Familie verwandt war. Es schnürte mir die Kehle zu, und mein Magen verkrampfte sich, und ich hatte Angst, ich müsste mich übergeben. Aber ich musste es wissen.
    Ich schob mich an Mary K. vorbei in den Flur und polterte, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinunter. Als ich um die Ecke schoss, hörte ich schon meine Eltern hinter mir. Im Familienbüro riss ich den Aktenschrank meines Vaters auf, in dem er Sachen aufbewahrte wie Versicherungspolicen, unsere Reisepässe, Heiratsurkunde … Geburtsurkunden.
    Keuchend kramte ich in den Akten über die Autoversicherung, die Klimaanlage vom Haus, den neuen Boiler. Auf meiner Akte stand »Morgan«. Ich zog sie in dem Augenblick heraus, da meine Eltern ins Büro kamen.
    »Morgan! Nicht!«, rief Dad.
    Ohne auf ihn zu achten, blätterte ich durch Impfpass, Schulzeugnisse, meine Sozialversicherungskarte.

    Da war sie. Meine Geburtsurkunde. Ich holte sie heraus und überflog sie. Geboren am 23. November. Korrekt. Gewicht: 3900 Gramm.
    Meine Mutter griff um mich herum und riss mir die Geburtsurkunde aus der Hand. Wie in einer Slapstickkomödie schnappte ich sie mir wieder. Sie hielt das Dokument mit beiden Händen fest und das Blatt riss mitten entzwei.
    Ich ließ mich auf die Knie fallen und beugte mich abwehrend über meine Hälfte, die auf dem Boden lag, schützte sie, bis ich sie lesen konnte. Alter der Mutter: dreiundzwanzig. Nein. Das war falsch, denn Mom war schon dreißig gewesen, als sie mich bekommen hatte.
    Dann blieb mein Blick an fünf Worten hängen, und die Ränder des Blatts verschwammen: Name der Mutter: Maeve Riordan.
    Ich blinzelte, las es noch einmal und dann noch einmal mit Lichtgeschwindigkeit. Maeve Riordan. Name der Mutter: Maeve Riordan.
    Mechanisch las ich bis zum unteren Ende meiner zerrissenen Seite, denn ich erwartete, den richtigen Namen meiner Mutter irgendwo zu sehen, Mary Grace Rowlands. Irgendwo.
    Schockiert blickte ich zu meiner Mutter auf. Sie war in den letzten zwanzig Minuten um zehn Jahre gealtert. Mein Vater, hinter ihr, schwieg mit zusammengekniffenen Lippen.

    Ich hielt das Blatt hoch, mein Hirn funktionierte nicht mehr. »Was bedeutet das?«, fragte ich wie belämmert.
    Meine Eltern antworteten nicht und ich starrte sie an. Meine Ängste krachten in harten Wellen über mir zusammen. Plötzlich ertrug ich es nicht mehr, in ihrer Nähe zu sein. Ich musste fort. Ich stand auf, eilte aus dem Zimmer, stieß draußen mit Mary K. zusammen und warf sie beinahe um. Die zerrissene Geburtsurkunde schwebte zu Boden, während ich mich schon durch die Küchentür schob und mir meinen Autoschlüssel schnappte. Ich stürzte aus dem Haus, als wäre der Teufel leibhaftig hinter mir her.

3
FIND MICH
    14. Mai 1977
    Zur Schule zu gehen ist mir im Augenblick ganz schön lästig. Es ist Frühling, alles blüht. Ich gehe raus und sammele luibh – Pflanzen – für meine magischen Sprüche, und dann muss ich in die Schule gehen und Englisch lernen. Wozu? Ich lebe in Irland. Und überhaupt, ich bin jetzt fünfzehn, alt genug, um mit der Schule aufzuhören. Heute Abend ist Vollmond, und ich will einen magischen Wahrsagespruch anwenden, um in die Zukunft zu sehen. Ich hoffe, er sagt mir, ob ich in der Schule bleiben soll oder nicht. Aber Wahrsagen ist schwer zu kontrollieren.
    Es gibt noch etwas, das ich wahrsagen will: Angus. Ist er mein mùirn beatha dàn? An Beltane hat er mich hinter den Strohmann gezogen und mich geküsst und gesagt, er liebt mich. Ich weiß nicht, was ich für ihn empfinde. Ich dachte, ich mag David O’Hearn. Aber er ist keiner von uns – keine

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